BattleTech 36: Blindpartie
Cäsar hat häufig so etwas wie O-Beine«, erklärte Marcus durch zusammengebissene Zähne, während er mit dem Haltering kämpfte. »Yuri hat mir gezeigt, wie man die Drehung anbringt, damit das Myomerbündel,
wenn es sich verkürzt ...«
»Die Beine nach innen zieht und das Problem beseitigt«, beendete Jericho den Satz für ihn. »Sauber.« Ein weiterer Blick den Mech entlang. »Das sind auch keine Standardwaffen«, stellte sie fest und fischte ohne jede Verlegenheit nach Informationen.
»Clantechnologie«, gab Marcus zu. »Sowohl das Gaussgeschütz im rechten Torso wie die PPK im rechten Arm. Dadurch habe ich vier Tonnen mehr Spielraum. Wenn ich mit ihm fertig bin, wird dieser Mech eine Tonne zusätzliche Munition haben, einen zusätzlichen Doppelten Wärmetauscher, und statt vier mittelschweren Impulslasern fünf. Und die drei nach vorne feuernden sind ebenfalls Clanwaffen, wegen der höheren Reichweite.«
»Haben Sie viele dieser Clanwaffen?«
»Nicht so viele, wie Sie jetzt vielleicht glauben. Ingesamt ein Gaussgeschütz, vier PPKs, zwei schwere Laser und vielleicht acht mittelschwere. Der Cäsar erhält so viele davon, weil es verteufelt lange dauert, sie an Konstruktionen der Freien Inneren Sphäre anzupassen. Der Cäsar ist unser einziger Mech mit genügend Ausfallzeit für die nötigen Experimente.«
Sie nickte. »Ich kann mich an keinen Cäsar auf der Aufstellungsliste erinnern, die Victor Torgensson mit mir durchgegangen ist.«
»Glaube ich gern. Dieser Mech ist nicht einsatzbereit.« Marcus hangelte sich ein Stück zurück und sah an der riesigen Maschine empor. »Ihr fehlt ein General Motors 280 Extraleicht-Reaktor. Wir haben bis jetzt noch keinen gefunden.«
In Jerichos Stimme lag leichte Verwunderung. »Torgensson hat die Schwierigkeiten. erwähnt, die Sie auf Arboris hatten. Wenn die Angeli solche Finanzschwierigkeiten haben, warum verkaufen Sie ihn nicht? Selbst dreiviertelkomplett muß dieser Mech ein hübsches Sümmchen wert sein.«
Marcus drehte sich um und musterte sie kalt. »Weil ich seit diesem Fiasko zwei Krieger ohne Mech habe, Commander. Und Gli Angeli kümmern sich zuallererst um ihre Entrechteten.«
»Ich verstehe«, nickte die Canopierin. Ihr Schaudern bei dem Wort Entrechtete machte Marcus klar, daß sie es ernst meinte. Für einen MechKrieger war der Gedanke, keinen BattleMech mehr zu haben, furchtbarer als die Vorstellung, im Kampf zu fallen. »Für eine kleine Kompanie wäre schon der Verlust einer einzigen Maschine schrecklich.«
»Das ist es nur teilweise«, erklärte er mit etwas freundlicherer Stimme. »Sie müßten unsere Einheitsgeschichte gesehen haben.« Auf ihr Nicken hin sprach er weiter. »Die Angeli nehmen häufig Verwaiste der Schlachten auf, in denen wir gekämpft haben. Wenn ein Krieger neu zu uns stößt, ist er häufig entrechtet, oder sein Kampfkoloß ist so zerschossen, daß er kaum mehr
6 6 als Schrottwert hat. Irgendwann in unserem Leben waren wir alle schon einmal in dieser Lage, deshalb versuchen wir, ihnen so schnell wie möglich zu helfen.« Er wandte sich wieder seiner Arbeit zu. »Gli Angeli kümmern sich um ihre Leute.«
Er zog an dem Faserbündel und versuchte, einen ungünstig plazierten Haltedraht zu fassen, aber Reste der Packschmiere ließen seine Hände abrutschen. Er hoffte, nicht so scharf reagiert zu haben, daß er die Mission gleich dazu angeregt hatte, die Repräsentantin ihres Arbeitgebers gegen sich einzunehmen. Wahrscheinlich hielt sie ihn jetzt entweder für aufgeblasen oder einfach nur für rüde.
Ein leises Scharren, als sich ein Fuß hinter ihm in das Gerüst hakte, war die einzige Vorwarnung, die Marcus erhielt, bevor ein zweites Paar Hände in das Bein des Cäsar griff. Es war Jericho Ryan, die das Myomerbündel mit den schweren Arbeitshandschuhen faßte, die Marcus zuvor ausgezogen hatte. Sie drehte das Faserbündel gekonnt herum und brachte den Draht in Griffweite. »Manchmal«, stieß sie durch zusammengebissene Zähne hervor, »lohnt es sich, um Hilfe zu bitten.«
Marcus entfernte den Draht und stieß sich ab, während sie das Myomerbündel freigab. »Danke. Und es tut mir leid, wenn ich den Eindruck erweckt habe, Sie belehren zu wollen.«
»Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen.« Jericho zog die Handschuhe aus und reichte sie zurück. »Ich verstehe schon. Sie müssen sich um Ihre Leute kümmern, weil niemand sonst es tut. Und das schließt meine Regierung ein.«
Er nickte. »Darauf läuft es hinaus«, bestätigte er
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