BattleTech 40: Die Jaeger
aufgeschossene Gestalt des Mannes erkannte, der vorsichtig durch den Salon näherkam, machte Ryans Verlegenheit Überraschung und Ehrfurcht Platz.
»Konnichi-wa, Kurita Theodore-sama.« Ryan vollführte angesichts der Schwierigkeit, sich in Schwerelosigkeit flüssig zu bewegen, eine bemerkenswert tiefe und elegante Verbeugung. »Ich wollte gerade gehen.«
»Warten Sie, Ryan-san. Bitte, bleiben Sie. Machen Sie es sich bequem.« Theodore Kurita erwiderte die Verbeugung, auch wenn seine Geste verglichen mit der Ryans nur ein Kopfnicken war. Danach bewegte sich der Koordinator des Draconis-Kombinats mühelos an den Sichtschirm.
»Vielen Dank, Tono«, antwortete Ryan und begab sich zu einem der in der Nähe des riesigen Schirms am Boden verankerten Kunstledersessel.
Lange Sekunden saß er nur da, von leicht gepolsterten Gurten gehalten, die verhinderten, daß die Benutzer des Mobiliars unter ganz oder annähernd schwerelosen Bedingungen davonschwebten. Bemüht, ihn nicht offen anzustarren, betrachtete Ryan das Gesicht des Mannes, der die Verkörperung des Drachens war, des Herzens, der Seele und des Herrschers des Draconis-Kombinats.
Theodore-sama war kein junger Mann mehr, aber seine einundsechzig Jahre hatten kaum Spuren hinterlassen. Natürlich war sein Gesicht schärfer und faltiger als in jüngeren Jahren. Und sein dichtes schwarzes Haar wurde von weit mehr Silber durchzogen als an dem Tag, an dem er auf den Thron des Kombinats gestiegen war. Aber sein Gang federte noch immer, und seine Augen glänzten hell und scharf. Ryan schien es, als strahle der Koordinator mit der Kraft und zeitlosen Eleganz eines Masamune-Katanas. Dies war der Mann, dessen Schutz er und zahllose andere ihr Leben geweiht hatten.
Eine dünne, fast unsichtbare Narbe zog sich über die linke Wange des Koordinators, die Hinterlassenschaft eines fehlgeschlagenen Attentats vor weniger als sechs Monaten. Die Erinnerung an den Anschlag auf Theodore Kurita ließ noch immer ein Feuer aus Wut und Scham in Ryan auflodern. Während der alljährlichen Feiern zu seinem Geburtstag hatten Dissidenten, die den Koordinator seiner jüngsten militärischen und politischen Initiativen wegen haßten, auf dramatische Weise versucht, Theodore-samas Leben ein Ende zu bereiten. Die Tatsache, daß viele der Attentäter DEST-Mitglieder gewesen waren, fachten Ryans Scham und Wut noch weiter an. Der Gedanke, daß Männer, die heilige Eide geschworen hatten, den Drachen und seine Verkörperung, den Koordinator, zu verteidigen, sich gegen ihn kehren und ihn verraten konnten, erfüllte ihn mit dem Verlangen nach Rache.
Ryan war unter den Millionen gewesen, die sich an jenem schändlichen Nachmittag in den Straßen Imperial Citys gedrängt hatten. Wie froh er gewesen war, einen Platz so dicht an der Tribüne des Koordinators ergattert zu haben! Er hatte den riesigen weißen Spalter-OmniMech seine Waffen auf den Koordinator richten sehen. Er hatte Tai-sa Kiguris hochverräterische Worte gehört. Er hatte sogar das Handgemenge zwischen dem Koordinator, seinen wenigen loyalen Leibwächtern und den Männern gesehen, die Ryan einst seine Kameraden genannt hatte. Und die ganze Zeit über hatte er nur in ohnmächtiger Wut zusehen können. Ryan wäre Theodore-sama mit bloßen Händen zu Hilfe gekommen, aber Tai-sho Yoshida hatte einen dicken Transpex-Schild um die Tribüne hochgefahren und den Koordinator gegen Hilfe von außen abgeschottet.
Seit jenem Tag war die gesamte Interne Sicherheitsagentur von illoyalen Agenten gesäubert worden. Einige von ihnen waren ›ins nächste Leben eingeladen‹ worden, eine höfliche Umschreibung für den Befehl zum rituellen Selbstmord, zum Seppuku. Auch unter den DEST-Einheiten war es zur Säuberung gekommen. Die meisten dieser Agenten waren einfach verschwunden. Ryan selbst war nicht weniger als fünfmal von überlebenden loyalen ISAAgenten verhört worden, um festzustellen, wo seine Loyalitäten lagen. Als alles vorüber war, verfügten die DEST über die geringste Zahl aktiver Mitglieder seit ihrer Gründung. Nur acht Teams waren noch einsatzbereit. Ryan, ein einfacher Tai-i, gehörte jetzt zu ihren dienstältesten Agenten. Aber was den verbliebenen DESTlern an Mannstärke abging, machten sie durch ihre absolute Hingabe an Theodore-sama, an den Drachen, mehr als wett. Diese frisch bestätigte Loyalität hatte Ryan den Auftrag eingebracht, den Koordinator als Teil seiner Leibwache nach Tharkad zu begleiten.
»Ryan-san …« Theodore
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