BattleTech 44: Falke im Aufwind
Hengst?« Sogar die Rangbezeichnung klang aus seinem
Mund wie eine Beleidigung.
»Laß uns erst diese Schlacht austragen, Sinclair.
Ich werde meine Kameraden nicht im Stich lassen,
nur...«
»Bring ihn um, Hengst«, unterbrach Joanna. »Du
mußt mit ihm kämpfen. Geh.«
»Das finde ich auch, Hengst«, erklärte Diana.
»Geh.«
»Na schön, Sinclair. Geh voraus.«
»Ich erwarte, daß du die Clanehre respektierst und
mir nicht in den Rücken schießt, Sterncaptain.« Als Hengst das Schlachtfeld verließ, sah er mit
Entsetzen, wie viele Vipern aus dem Strandtor strömten und auf die Falken zumarschierten, die sich an
der tosenden Brandung aufgestellt hatten.
Ein sanfter Hang führte hinauf zu der schmalen
Felszunge, die sich bis weit über das Meer erstreckte.
Es war ein ausgezeichneter Ort für einen Entscheidungskampf, dachte Hengst. Keiner der beiden
Mechs konnte sich hier weit nach links oder rechts
bewegen, und ein Sprungdüseneinsatz, um in den
Rücken des Gegners zu gelangen, konnte fatal sein,
besonders, da sich der Felsausläufer hinter Sinclairs
Sturmkrähe noch verjüngte.
»Ich weiß nicht, was du an Feuerkraft noch zur
Verfügung hast, Hengst«, stellte Sinclair ruhig fest.
»Ich schlage einen offenen Schlagabtausch bis zum
Ende vor. Ich plane, dich ins Meer zu stürzen.« »Fang an, Ivan Sinclair. Gib mir deinen besten
Schuß.«
Sinclair war bereit und feuerte seinen Laser. Er
schnitt Panzerfetzen von Torso und Beinen der Nemesis. Hengst antwortete ebenso, und minutenlang
war der nebelartige Regen, der die beiden Kontrahenten einhüllte, von zuckenden roten Lichtspeeren
durchzogen. Der Regen ließ die Farben verschwimmen, und für einen Zuschauer hätte das Geschehen
den Eindruck eines abstrakten Gemäldes eines
Mechkampfs erwecken können, mit irrealen Lichtblitzen, die sich zwischen kurios verformten Mechs
entluden.
Der Kampf war ausgewogen. Für jeden Treffer,
den Sinclair erzielte, landete Hengst einen eigenen.
Das ging so, bis Sinclairs Laserfeuer den rechten
Arm der Nemesis ausschaltete. Hengst versuchte verzweifelt, die Armlaser abzufeuern, leicht und mittelschwer, aber nichts geschah.
Auf Grund irgendeiner undurchsichtigen Stahlviper-Sitte brach Sinclair den Angriff ab, wohl, um
seinen Sieg zu genießen.
»Ich gestatte dir, dich zurückzuziehen, Sterncaptain«, erklärte Sinclair ölig über die Funkverbindung. »Du hast einen Kampf bis zum Tod verlangt.« »Ich gebe es nur ungern zu, aber du bist ein zäher
Gegner, Hengst, und ich bin bereit...«
»Stravag! Ich bin nicht bereit, deine Gnade anzunehmen, Ivan Sinclair.«
»Bitte sehr.«
Die einzige Waffe, die Hengst noch blieb, war die
Autokanone im linken Arm der Nemesis, und bei einer
Überprüfung vor dem Duell hatte er Munitionsprobleme festgestellt, die bei dieser Konfiguration nichts Ungewöhnliches waren, daher hatte er bis jetzt auf deren
Einsatz verzichtet. Aber nun blieb ihm keine andere Wahl mehr. Da Hengst die Autokanone schon eine Weile nicht benutzt hatte, war er sicher, daß Sinclair sie für leergeschossen hielt, als er seine Geschütze für die letzte Breitseite in Stellung brachte, mit der er
Hengst in ein feuchtes Grab schleudern wollte. Hengst richtete beinahe heimlich den linken Mecharm aus. Für mehr war keine Zeit. Er feuerte die
letzte Granatenladung ab.
In seiner Wahrnehmung verlangsamte sich die Zeit
dermaßen, daß er zunächst glaubte, danebengeschossen zu haben. Dann bewies die Explosion auf Sinclairs Kanzel, daß Hengsts Rettungsmanöver doch
Erfolg gehabt hatte. Einen Augenblick später kroch
Sinclair zur Überraschung des Jadefalken aus den
Trümmern seiner Kanzel. Daran, wie er sich an den
Klettergriffen des Mechrumpfs nach unten hangelte,
war deutlich zu erkennen, daß er keine ernsten Verletzungen erlitten hatte.
Hengst seufzte. Ein Systemcheck ergab, daß die
Nemesis von einem letzten Treffer, den er nicht bemerkt hatte, ebenfalls außer Gefecht gesetzt worden
war Er fuhr alle übrigen Systeme herunter, dann verließ er ebenfalls das Cockpit und machte sich auf den
Weg zur Planetenoberfläche. Die Krieger trafen sich
auf halbem Weg zwischen beiden Mechs. Sinclair
starrte Hengst mit Abscheu an. Hengst antwortete
mit einem schrägen Lächeln, das er so sardonisch
gestaltete, wie er nur konnte.
»Du bist heimtückisch, Sterncaptain, das gestehe
ich ein.«
»Auch ich ehre deine Fähigkeiten, Sterncolonel
Ivan Sinclair.«
»Ich hatte nicht vor, dich zu ehren, du Hundesohn!« Sinclair landete einen Schwinger in
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