BattleTech 44: Falke im Aufwind
übernommen, fand Familien oder zumindest das Konzept der Familie jedoch dessen ungeachtet beruhigend. Trotzdem zog er es entschieden vor, Kriegern zu dienen statt unter Freien zu leben. Marthe hatte Rhonell an dem Tag frei gegeben. Er mochte freie Tage nicht sonderlich, ebensowenig wie er Freude daran hatte, hier im Dorf zu sitzen und zu trinken. Er trank nicht viel und mochte das Zeug nicht sonderlich. Aber es behagte ihm, ruhig dazusitzen und die Dorfbewohner zu beobachten.
Er saß zwar bei ihnen, redete aber kaum mit ihnen. Das lag zum Teil an seiner Vorliebe für die Gesellschaft von Kriegern, aber auch daran, daß er ohnehin nicht sonderlich viel sprach, und sich, wenn er es tat, kaum verständlich ausdrückte. Da er nur selten ins Dorf kam, kannten dessen Bewohner den großen, imposanten Tech mit dem emotionslosen Blick nicht. Sein Mangel an Persönlichkeit war in dieser Umgebung eine Hilfe, da er es anderen leicht machte, seine Anwesenheit zu ignorieren. Das wiederum machte ihn nützlich für Marthe, die ihn häufig über die Ansichten der anderen Kasten ausfragte.
Er nippte an seinem Fusionnaire und hörte den Techs am Nebentisch zu. Die meisten Gespräche heute drehten sich um Marthe Prydes Entscheidung, ihren Clan gegen einen wahrgeborenen StahlviperHelden von einem freigeborenen Krieger repräsentieren zu lassen, besonders, weil der Kampf auf einer nur wenige Kilometer entfernten Ebene stattfinden sollte. Rhonell, der es vorzog, offene Meinungen zu hören, verzichtete darauf, seine Verbindung zu den Ereignissen zu erwähnen. Er hätte ihnen sagen können, daß die Prydes gewohnheitsmäßig Risiken eingingen, und daß er genau das an Aidan und Marthe bewunderte. Andererseits war ihm klar, daß die Jadefalken, immerhin sein Clan, sich eben durch diesen Wagemut, der ihm so gefiel, zu häufig in Gefahr begaben, zu viele Leben im Kampf verloren und unnötig litten.
Einer der Dorfbewohner, ein GletscherteufelLabor-Tech namens Flute, unterhielt sich mit Susanna, deren exakte Funktion als Feuermandrill-Tech Rhonell nicht kannte. Susanna schien Marthes Schachzug für mutig zu halten, während Flute ihn dumm nannte.
»Soviel auf die Leistung eines Freigeborenen zu setzen, ist zu riskant.«
»Entschuldigung, ich dachte, du wärst einer von uns«, erwiderte Susanna. »Ein Freigeborener.«
»Das bin ich auch. Glaubst du etwa nicht, daß dieser Hengst verlieren und die Jadefalken-Khanin möglicherweise gezwungen sein wird, als Folge dieser Niederlage abzutreten?«
»Marthe Pryde scheint mir nicht der Typ, der freiwillig zurücktritt.«
Die Diskussion entwickelte sich spürbar zu einem Streit, möglicherweise sogar zu einer Schlägerei, als plötzlich ein paar Dorfbewohner mit lautem Geschrei auf den Marktplatz gerannt kamen, um die Anwesenden zu informieren, daß das Vipern-FalkenEhrenduell sich in die Nähe der Ortschaft verlagert hatte. Der Biergarten leerte sich rasch, als die Dörfler, über alles hocherfreut, was versprach, die Eintönigkeit ihres Alltags zu brechen, zum Ortsrand strömten. Rhonell blieb eine Weile allein sitzen und leerte den Drink, der ihm nicht sonderlich schmeckte. Dann folgte er den Dörflern, um sich ebenfalls das Schauspiel der zwei kämpfenden Metallgiganten anzusehen.
Die Gewalt der Stromschnellen, die um die Beine der in der Narbe stehenden Nemesis Hengsts tosten, war bis ins Cockpit zu spüren. Er hatte sich entschlossen, in den Fluß zu springen, weil die Innentemperatur seines OmniMechs in bedrohliche Höhen geklettert war. Er hatte die schnelle Abkühlung durch das eiskalte Flußwasser dringend benötigt.
Dieser Kampf zog sich bereits so lange hin, daß Hengst ernsthaft müde wurde. Die Beine des Mechs waren seine Beine, und in der tobenden Strömung konnte er sie kaum bewegen. Wenn seine Konzentration nachließ und er sich einen Augenblick der Entspannung gönnte, um sich zu sammeln, konnte kein Zweifel daran bestehen, daß die Nemesis vornüber in die Fluten stürzen würde, und das wäre sein Ende gewesen. Die Stahlvipern hätten die Richtigkeit ihrer Anschuldigungen bewiesen, und Hengst hätte den Jadefalken bewiesen, daß er schließlich auch nicht besser war als irgendein anderer Freigeborener.
Ein Stück voraus schien die Sturmkrähe des hartnäckigen Stahlviper-Sterncolonels Ivan Sinclair die kochenden Stromschnellen ohne größere Schwierigkeiten zu überwinden. Trotzdem konnte Hengst erkennen, daß seine Attacken mehr Schaden angerichtet hatten, als er zunächst
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