Battletech 45: Gefaehrlicher Ehrgeiz
die Fahrt über das weite Landefeld des Raumhafens von Xin Singapur fand Cassandra interessant. Rubinskys Leichte Reiter, ihrer Mutter zufolge das weniger unsichere Regiment von Chorsachows Kosaken, hatten den alten Kontrollturm und die dazugehörigen Verwaltungsgebäude als Stützpunkt requiriert. Mit ihrer Lage am äußersten Südrand des Landefelds, während die neuen Gebäude auf der Westseite lagen, blieben die Söldner in direktem Kontakt mit dem planetaren Verteidigungsnetz und in der Nähe ihrer Landungsschiffe, zwei strategische Gesichtspunkte, deren Beachtung Cassandra beindruckte. Außerdem hatte Colonel Rubinsky eine kleine Begrüßungszeremonie organisiert, um die Fahrt aufregender zu machen.
An der Rampe des Overlord, der ihr Bataillon vom Sprungschiff auf den Planeten gebracht hatte, war sie von Rubinskys erster Eskorte erwartet worden. Es war ein brandneuer Kosak, in einem matten Rostrot lackiert, mit dem Einheitsabzeichen der Söldnereinheit, einem russischen Kosaken hoch zu Roß, der einen brennenden Säbel schwenkend aus einem goldenen Vollkreis hervorpreschte, auf dem rechten Torso. Der Kosak war ein neuer leichter Mechtyp, der erst seit diesem Jahr von den Bändern der Ceres-MetallFabriken auf Warlock lief. Als Auszeichnung für die Integrität von Chorsachows Kosaken und ihrem Einsatz für die Freiheit des St. Ives-Pakts hatte ihre Mutter das neue Modell Kosak getauft und Rubinskys Leichten Reitern eine Lanze zukommen lassen. Cassandra war überzeugt davon, daß die Leichten Reiter diese Gelegenheit dazu benutzten, dem Pakt für diese erstaunliche Auszeichnung zu danken.
Der Kosak begleitete ihre kugelsichere Avanti - Luxuslimousine fünfhundert Meter weit, bevor er mit Paradeplatzpräzision abschwenkte, als ein alter, aber immer noch kampfbereiter Feuerfalke die Eskorte für den nächsten halben Klick übernahm. Mit der zweiten Übergabe fand sie sich in der Gesellschaft eines neuen Clint, komplett mit 3U-Ausstattung, bei der die alte Autokanone und die mittelschweren Laser von einer Partikelprojektorkanone und Impulslasern ersetzt wurden.
Der BattleMech lief voraus, als sie sich dem Hauptgebäude näherten, und nahm neben dem Eingang des Verwaltungsgebäudes Aufstellung. Zwei MechKrieger in Kosakenuniform öffneten den Wagenschlag und begleiteten Cassandra ins Innere des Bauwerks. Das Schauspiel vermittelte Cassandra ein Gefühl völliger Sicherheit, zugleich aber auch eine leichte Ahnung, nicht mehr ganz Teil des einunddreißigsten Jahrhunderts zu sein.
Colonel Marko Rubinsky empfing sie an der Tür seiner Kommandozentrale, der ehemaligen Crewlounge für Landungsschiffsbesatzungen.
»Majorin Allard-Liao«, begrüßte er sie förmlich mit steifer Verbeugung, die Hände im Rücken verschränkt. Der Colonel hatte stahlgraues Haar und einen kurzen, sauber gestutzten Bart. Seine blauen Augen blickten scharf und aufmerksam, und sein Körperbau wirkte für einen Mann von Ende Fünfzig bemerkenswert athletisch.
»Colonel«, erwiderte sie. »Ein interessantes
Schauspiel.«
»Alte Kosakensitte.« Rubinsky lächelte dünn. Sein
slawischer Akzent war schwer, aber herzlich. »Besucher wurden grundsätzlich von einer Stafette von Geleitreitern ins Lager gebracht.«
Der Söldneroffizier bat sie herein. Im Innern der
Zentrale herrschte eine entspannte Atmosphäre. Die
taktischen Konsolen und Computerschirme waren
dunkel. An einer Seite standen mehrere Sofas und
Sessel um einen breiten, niedrigen Tisch, an dem
zwei andere Männer saßen. »Mein Stellvertreter«,
stellte Rubinsky den älteren der beiden, einen Mann
mit glänzend schwarzem Haar und Mandelaugen vor.
»Lieutenant Colonel Raymond Li Tran.«
Er wartete, bis beide sich erhoben hatten und
Tran Cassandra die Hand reichte, bevor er dem Jüngeren zunickte, der Rubinskys verwitterte, aber angenehme Züge teilte. »Mein Sohn Tamas, ein Captain in der 2. Kompanie.« Tamas verbeugte sich, einen Arm auf dem Rücken, den anderen vor dem
Bauch.
Cassandra lächelte, dann nahm sie lachend Platz.
»Tut mir leid, aber Sie überraschen mich. Eigentlich
hatte ich erwartet...« Sie verstummte. Plötzlich fühlte
sie sich fehl am Platz. Sie hatte erwartet, augenblicklich das Kommando über eine kritische Lage übernehmen zu müssen. Statt dessen erlebte sie einen
charmanten Empfang durch diesen höflichen Offizier
und dessen Begleiter.
»Was vorzufinden?« fragte Rubinsky, die linke
Augenbraue ironisch hochgezogen. »Einen tollwütigen Mob, wild darauf, einen
Weitere Kostenlose Bücher