BAUhERrNOPFER
kürzen, damit man sie transportieren kann. Zu diesem Zweck erhält man kostenlos und unbürokratisch einen Bolzenschneider des Typs 'Panzerknacker' .
Dieses Angebot nehme ich natürlich gerne an, wofür wäre ich denn sonst jahrelang ins Fitness-Center zum Krafttraining gegangen. Da wir rund hundertfünfzig Meter Stahl benötigen, entscheide ich mich für zwanzig lange Eisen die ich kürzen müsste, und fünfundzwanzig Stücke mit je einem Meter Länge für die Ecken und ein bisschen Reserve.
Den Anfang mache ich damit, die zwanzig Eisen aus einem riesigen Bund herauszuziehen. Da diese geriffelt sind, verheddern und verhaken sie sich andauernd und wehren sich vehement gegen die Entbindung aus der Eisengemeinschaft. Zudem sind die unbehandelten Eisen aufgrund der Lagerung im Freien komplett rostig und verdreckt. Meine Kleidung büßt bereits merklich an Frische ein. In der Zwischenzeit steht die Sonne wolken- und gnadenlos am Himmel und heizt auf das Baustoffe-Drive-In herunter. Mit dem Bolzenschneider und einer Holzleiste als Abstandhalter beginne ich die Eisen etwa alle zweieinhalb Meter abzuschneiden. Dadurch würde ich am Schluss sechzig etwa gleich lange Baustahlstäbe zur Bewehrung des Pools haben.
Die ersten zehn Schnitte gehen noch relativ einfach von der Hand, allerdings steht mir bereits der Schweiß auf der Stirn. Die nächsten drei Eisen fordern merklichen Tribut, denn danach ist mein rostig verdrecktes T-Shirt nun auch schon durchgeschwitzt.
Erst sechs von zwanzig Stahlstäben sind gekürzt und ich brauche eine Pause. In der Zwischenzeit kommt ein junger Bursche, der sich meinen Bolzenschneider ausborgt um sechzehn Millimeter Baustahl auf Maß zu bringen. Gerne überreiche ich ihm das Werkzeug mit einem übertrieben freundlichen Grinsen im Gesicht - muss wohl an der Sonne liegen. Er versucht zuerst einen Schnitt und geht wegen des Nichtgelingens zur Information um sich dort einen elektrischen Bolzenschneider zu leihen. Dieses Anliegen wurde von einem Hornbach-Mitarbeiter mit einem »Des schaffns scho!« abgetan, woraufhin er es nochmals mit dem Handwerkzeug versucht. Leicht belustigt, aber mit einem mitfühlenden Blick sehe ich zu, wie bei der darauf folgenden Anstrengung an seinem hochroten Kopf die Adern anschwellen. Kurz bevor er umkippt, schließt sich der Bolzenschneider und der erste Schnitt ist erledigt. Die Euphorie nach dem geglückten Schnitt dürfte in etwa mit einem Orgasmus vergleichbar sein, den er so lange wie möglich auskostet. Bei dem zweiten Schnitt kommt ihm seine verbesserte Technik zugute, wodurch ihm allerdings auch das Glücksgefühl ein wenig gemindert wird. Nach dem darauf folgenden dritten Schnitt, bei dem ich kurz die Sorge habe, er würde sich an Ort und Stelle in die Hose machen, ist er sichtlich gezeichnet, wirkt aber zufrieden ob seiner 'übermenschlichen' Leistung. Dass sich nach derartigen Anstrengungen oft Thrombosen im 'Gesäß Bereich' bilden hat ihm sicher noch keiner verraten. (Diese Information gab mir damals die Chirurgin, die sich meiner Problemzone annahm.) Er wird es merken, wenn ihm die Rosette anschwillt.
Mir kam die Pause allerdings sehr gelegen, da ich dadurch meine Kräfte ein wenig sammeln konnte. Die Sonne legte in der Zwischenzeit noch einen Zahn zu, sodass ich die Stahlstäbe wegen der Hitze nur noch mit Arbeitshandschuhen angreifen kann. Mit jedem Eisen wirke ich fertiger und dem Wahnsinn um einen Schritt (Schnitt) näher. Das letzte Eisen kann ich nur noch mit Mühe abzwicken. Bis zum Einladen der Eisenstäbe in unseren Golf bin ich dann komplett zum, aus der Fernsehwerbung bekannten, Hornbachkunden mutiert. Verdreckte und durchgeschwitzte Kleidung, schmutziges Gesicht, rostig gelbe Hände und wahrscheinlich wegen der Anstrengung in der prallen Sonne, einen komplett wirren Gesichtsausdruck. Die Werbung hat also nicht gelogen.
Erstaunlicher Weise finden die hundertfünfundsechzig Meter Baustahl problemlos im Kofferraum meines Kombis Platz und sind bereits eine halbe Stunde später auf unserem Grund entladen. Dort beginnt nun der lustige Teil des Poolbauens. Das Aufschichten der Schalsteine. Dies funktioniert wirklich ein bisschen wie mit Lego-Steinen.
Bis Babsi um halb drei am Nachmittag, mit einer Jause im Gepäck, von der Arbeit zur Baustelle kommt, ist der größte Teil der Schalsteine
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