Bd. 1 - Die dunkle Schwinge
gegenüber Platz und schwieg für einige Augenblicke, um seine Untergebene nervös zu machen.
»Ich nehme an, Sie wissen, warum ich Sie hergebeten habe, Captain.«
»Ich kann es mir vorstellen, Sir.«
»Ich hielt es für unangebracht, das über eine Kommunikationsverbindung zu Ihrem Schiff zu besprechen, bei der jeder mithören kann. Unter anderem habe ich es hier mit einem Admiral zu tun, und da das Ganze der erste große Einsatz unter meinem Kommando ist … Verstehen Sie mich, Captain?«
»Klar und deutlich, Sir.«
»Gut.« Er beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf die Knie. »Ich möchte offen zu Ihnen sein, Tina. Ich kenne Sie nur Ihrem Ruf nach, und ich bin mir sicher, Sie haben auch einiges über mich gehört. Ich habe großen Respekt vor Ihrem Schiff und Ihrer Crew – und ebenso vor Ihnen als Skipper. Ich bin davon überzeugt, dass Ihr Geschick verantwortlich dafür ist, dass Sie immer noch leben und die Sevastopol nach wie vor einsatztauglich ist. Aber das hier ist kein Patrouillenflug, bei dem jeder für sich arbeitet. Der Gefechtsplan hat nicht das vorgesehen, was Sie getan haben, und das Schiff, das Sie ausgeschaltet haben, wäre gar nicht dort gewesen, hätte ich Bert Halvorsen nicht den Befehl gegeben, Ihren Arsch zu retten. Es war ein schillernder Auftritt, und die Sevastopol kann einen weiteren Abschuss für sich in Anspruch nehmen. Aber Ihr Schiff hätte dabei auch draufgehen können.«
»Der Krieg ist immer mit Risiken verbunden, Sir.«
»Verdammt, Tina! Kommen Sie mir nicht mit solchen Sprüchen. Ihr Job besteht nicht darin, einfach Risiken einzugehen, sondern zu wissen, welche Risiken Sie eingehen können. L’alChan verfügte über drei Verteidigungsschiffe und eine Orbitalbasis. Wir waren den Schiffen und der Basis in allen Punkten überlegen, es gab keine Rechtfertigung für Ihr Risiko, den Sprung zu verzögern. Bei Mustapha sind ein halbes Dutzend Schiffe fast einsatzbereit, und jedes kann Ihren Platz einnehmen. Und es gibt mindestens hundert Gefechtsoffiziere, denen ich das Kommando über die Sevastopol geben könnte.«
»Diese Entscheidung steht Ihnen frei.« Tina sah ihn wütend an, ihre Fäuste hatte sie geballt. Sergei konnte fast ihre Gedanken lesen: Ich habe auch Freunde am Hof.
»Ich möchte diese Entscheidung aber lieber nicht treffen. Ich will Ihr Schiff, ich will Sie als Commander. Aber ich will auch, dass Sie meine Befehle befolgen.«
Sie wirkte ein wenig erleichtert. »Was werden Sie machen, Sir?«
»Mit Ihnen? Gar nichts. Die Sevastopol hatte einen kurzzeitigen Ausfall der Navigation, dem Sie ganz sicher auf den Grund gehen werden. Ich werde für dieses Blutbad niemandem einen Orden verleihen. Vielleicht macht das ja der Admiral. Aber ich erwarte, dass meine Befehle in Zukunft ausgeführt werden. Darüber werde ich auch nicht mit Ihnen diskutieren. Das ist mein Job, und wenn Sie mich meinen Job machen lassen, Tina, bekommen Sie von mir großen Spielraum, wie Sie den Ihren erledigen.« Er stand auf, ging zum Wandschrank und holte eine große Karaffe und zwei Gläser heraus. Nachdem er ein wenig aus der Karaffe eingeschenkt hatte, reichte er Tina ein Glas.
»Auf gute Zusammenarbeit«, sagte er und stieß mit ihr an.
Marais hielt eine Ansprache an das Geschwader, als die meisten Schiffe noch immer um die verwüstete Welt L’alChan kreisten. Das Echo dieser Ansprache würde Sergei bis zurück nach Mustapha verfolgen, dessen war er sich sicher.
Der Admiral hatte sich dem Anlass entsprechend umgezogen. Es war eine übliche Praxis unter Admiralen – vor allem unter den wohlhabenden –, dass sie ihre eigenen Uniformen entwerfen und schneidern ließen, die von völlig schmucklosen Modellen bis hin zu solchen reichten, die ans Lächerliche grenzten. Die meisten Entwürfe hatten eine nostalgische Note und orientierten sich an Stilen, die bereits Jahrzehnte oder Jahrhunderte alt waren.
Marais hatte sich für eine schlichte schwarze Uniform entschieden, die am Kragen und den Manschetten silbern bestickt und mit Verdienstabzeichen und Medaillen dekoriert war. Sergei vermutete, dass einige davon von seinen Ahnen stammten, die alle dem Imperium gedient hatten. Es betonte jedoch sein Auftreten auf eine angenehme Weise und erzeugte die gewünschte ernste Wirkung.
Als er zu reden begann, flammten seine Augen so eindringlich auf, dass es bereits etwas Erschreckendes hatte.
»Oftmals in der langen Geschichte unserer Spezies stand ein Stamm, eine Nation oder eine
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