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Bd. 1 - Die dunkle Schwinge

Bd. 1 - Die dunkle Schwinge

Titel: Bd. 1 - Die dunkle Schwinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter H. Hunt
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haben musste. Der Hohe Lord sammelte sich und nahm sich vor, anschließend mit den Wachen zu sprechen, um zu erfahren, ob sie womöglich irgendwelche Gespräche hatten belauschen können. Dann durchschritt er den Vorhang und stellte sich auf die Plattform. Sofort verstummten alle Unterhaltungen, und die zwölf Ratsmitglieder nahmen ihre Plätze ein. Alle stellten ihre Flügel so, dass sie die Haltung der Höflichen Hochachtung einnahmen, wie es die Ehrerbietung erforderte, die der Lord eines Nests dem Hohen Lord entgegenzubringen hatte, dann sprachen sie wie mit einer Stimme: »Karai’i esShaLie’e, esLiHeYar.« Seid willkommen, großer Lord. Auf den immerwährenden Ruhm von esLi.
    »Meine Lords«, begann Sse’e HeYen. »Ich bitte achttausendmal um Verzeihung, dass ich Sie von Ihren Sorgen und Ihrer Verantwortung abhalte, um hier mit mir in einer Zeit des Krieges zusammenzukommen. Es ist nicht üblich, dass der Hohe Lord den Rat einberuft, nachdem wir uns bereits für eine Kampfstrategie entschieden haben. Doch das Hohe Nest hat Berichte von äußerst beunruhigender Natur erhalten, und es gebührt einem Nestling wie mir« – der Hohe Lord veränderte ein wenig seine Flügelhaltung, um einen Anflug von Humor in seinen Worten deutlich zu machen –, »dass ich mich mit den elf Lords der Nester und natürlich auch mit unserem ehrenwerten Sprecher für die Jungen« – dabei deutete er mit einer Kopfbewegung auf den Zor-Lord, der am anderen Ende des Saals saß – »bespreche, um ihre Meinung einzuholen.«
    »Die Elf danken dem Hohen Lord für die ihnen entgegengebrachte Aufmerksamkeit«, erwiderte Makra’a HeU’ur förmlich. Er sah sich kurz im Saal um und tauschte Blicke aus mit einigen der anderen Lords. Dem Sprecher der Jungen gegenüber deutete er eine Verbeugung an, dann ergänzte er: »Und auch dem Sprecher. So sehr wie Ihre Nestbrüder von HeYen sind auch wir bereit, dem Hohen Nest zu dienen.«
    »Sind Sie auserwählt worden, um für den Rat zu sprechen, Lord HeU’ur?«
    »Die Schwinge von esHu’ur traf mein Nest als Erstes, Hoher Lord.«
    Der Name esHu’ur hallte im Saal unheilvoll nach, und einige Ratsmitglieder bewegten nervös ihre Flügel. Die Clans von L’al- Chan waren Mitglieder des Nestes HeU’ur. Doch die Doktrin vom Hohen Nest hatte diesen Angriff als von den esGa’uYal kommend dargestellt, den fremden Dienern des Lords der Schmach, nicht aber ein Werk von esHu ’ur, dem Zerstörer, der Dunklen Schwinge.
    »Ihr Nest wurde zuerst angegriffen, Lord HeU’ur. Warum sagen Sie, es sei das Werk der Dunklen Schwinge gewesen?«
    »Hoher Lord«, erwiderte Makra’a HeU’ur und brachte seine Flügel sorgfältig in eine Haltung, die eine Kombination aus höflicher Geduld und angedeuteter Ehrerbietung darstellte. »Ich habe viele Male acht Jahre lang treu gedient – Ihnen, ebenso Ihrem verehrten Vater und Ihrem erlauchten Großvater. Als ich zum ersten Mal mein chya anlegte« – er legte eine Klauenhand auf die verzierte Waffe, die an seiner Taille hing –, »da waren die fremden esGa ’u-Yal ein neues und bedrohliches Phänomen. Stets haben wir ihre Existenz als einen Affront gegen uns angesehen, als eine Beleidigung für esLi – eine Schöpfung des Lords der Schmach, zu uns geschickt, um unseren Äußeren Frieden auf die Probe zu stellen, wie es Ihr erlauchter Großvater uns lehrte. Es hatte nie einen Grund gegeben, ihnen gegenüber eine andere Einstellung einzunehmen. Wir sahen sie stets als ftsffi-Fliegen an, nach denen man schlug, oder als artha, die man jagt und tötet. Jedes Mal stellten sie unter Beweis, dass sie zwar intelligent, letztlich aber idju sind, da sie sich selbst Einhalt gebieten. Jedes Mal, bis sie nun L’alChan angriffen. Noch nie gab es einen Angriff, der sich gegen etwas anderes als ein militärisches Ziel richtete. Bis hierher kann ich das noch verstehen, Hoher Lord: L’alChan ist von Wert, sowohl mit Blick auf die Ressourcen als auch hinsichtlich der Lage. Da sie einen neuen Befehlshaber bekommen haben, darf man mit neuen Taktiken rechnen …«
    »Worauf wollen Sie hinaus, Mylord«, unterbrach der Hohe Lord ihn. Der ältere Zor wandte sich um und sah ihn lange an, dann korrigierte er minimal seine Flügelhaltung – eine Spur mehr Geduld, eine Spur weniger Ehrerbietung – und neigte leicht den Kopf.
    Aus zehn Schritt Entfernung glaubte der Hohe Lord, das leise empathische Knurren von Lord HeU’urs chya zu hören. Sein eigenes Schwert, das hi’chya des Hohen Nests,

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