Bd. 1 - Die dunkle Schwinge
vertrautere Form erlauben, Sir.«
»Sergei.«
»Schön, dass mit Ihrem Schiff alles in Ordnung ist. Ted McMasters machte ein höllisches Theater, als jemand vorschlug, das alte Mädchen aus dem Verkehr zu ziehen und die Crew auf andere Schiffe zu verteilen. Ich sagte unserem Admiral, es sei eine verdammte Schande, wenn er das machen würde. Eine überholte Lancaster ist schließlich drei Schiffe der vierten Generation wert, die mit Anfängern bemannt sind – Anfänger, die sich untereinander nicht kennen und die nicht mal ihren eigenen …«
»Schon verstanden. Sie haben also zu Marais gesagt …«
»Nicht direkt.« Hudson hinterließ seinen Daumenabdruck auf dem Pad, nahm sein Getränk und führte Sergei in einen nicht so überlaufenen Bereich des Clubs. »Eigentlich habe ich das zu Captain Stone gesagt, aber offenbar hat es gewirkt.«
»Stone? Sein Adjutant?«
»Ja, der. Komischer Kerl. Sehr schweigsam, aber immer hellwach. Kennt jeden und weiß alles. Eidetisches Gedächtnis, wie Sie wissen.«
»Weiß ich nicht.«
»Nicht?« Sie fanden ein ruhiges Eckchen. Hudson ließ seinen Dienstgrad spielen, um einen Lieutenant wegzuschicken, der mit einer Frau hergekommen war. Nachdem die beiden gegangen waren, nahmen Hudson und Sergei Platz. Während der Captain einen Schluck Acheya trank, passte sich der Sitz seinem Körper an. »Stone hat Karriere als Stabsoffizier gemacht. Er ist etwa so alt wie ich.
Irgendeine Kolonistenfamilie. Hat sich immer bei irgendjemandem an die Rockschöße gehängt, um seine Ziele zu erreichen. Er ist seit fünf, sechs Jahren der Adjutant von Marais. Seit der Zeit vor dem letzten Frieden.«
Sergei musste lächeln. »Früher sagten wir immer ›vor dem Krieg< heute heißt es »vor dem letzten Friedens«
»Na ja, das will Marais ändern … Aber zurück zu Stone. Ich wollte einen Blick in seine Dienstakte werfen, aber der Zugriff wurde mir verweigert. Erst ab Flagg-Ebene kommt man da rein, und es gibt nur zwei Flagg-Admirale, die diese Sicherheitsstufe haben – Ted McMasters und unser guter Marais. Ich möchte wissen, was Stone zu verbergen hat.«
Sergei saß schweigend da und sah in seinen Becher.
»Macht Ihnen irgendwas Sorgen, Sergei?«
»Eine ganze Menge sogar, vor allem aber … Nun, es ist diese ganze Art des Krieges bislang. Der Angriff auf L’alChan, nachdem wir die Verteidigung ausgeschaltet hatten … das läuft allem zuwider, was ich gewohnt bin. Für die Moral kommt das alles einem Wunder gleich, keine Frage. Jeder in der Flotte scheint einen Freund oder Verwandten zu haben, der im Krieg gefallen ist … aber mir kommt es vor, als würden wir auf etwas eingeschworen, etwas entsetzlich Zerstörerisches und Brutales.«
»Krieg ist nun mal zerstörerisch und brutal, das wissen Sie so gut wie ich.« Marc Hudson lehnte sich auf seinem Stuhl nach vom, der sich ebenfalls nach vorn bewegte. »Sie sind schon seit einigen Jahren in der Navy, weshalb ich Ihnen das eigentlich gar nicht erst sagen müsste. Aber vielleicht müssen Sie es ja hören. Wir halten uns immer für eine grundsätzlich friedfertige Spezies. ›Wenn dich einer auf die eine Wange schlägt …‹, ›Was du nicht willst, dass man dir tu’ …‹ und so weiter. Aber manchmal muss der Wille des Imperators auf eine brutale Weise umgesetzt werden. Seine Majestät sagt: ›Begebt euch in dieses oder jenes System und prügelt auf diese Kolonisten oder jene Rebellen ein, bis sie Vernunft annehmend Genau das machen wir dann auch. Wenn wir uns auch nur ein einziges Mal weigern, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder wir werden als Verräter hingerichtet, oder aber das Imperium verschwindet in seiner Gesamtheit.«
Hudson trank einen Schluck. »Es steht nicht auf den Bewerbungsvordrucken und auch nicht auf dem Einberufungsbefehl, aber zur Pflicht eines jeden Soldaten gegenüber dem Imperator gehört es, dann zu töten, wenn es einem befohlen wird, ganz gleich, wann und wo das passiert und wer getötet werden soll. So ist das nun mal. Egal, ob man eine Armbrust oder die Laserkanone eines Schiffs benutzt, man drückt auf einen Knopf, man betätigt einen Abzug, und daraufhin stirbt jemand. Man muss sich dafür aber nicht rechtfertigen. Das kann man demjenigen überlassen, der den Feuerbefehl gab.«
Wieder hielt er einen Moment lang inne. »Nicht jeder kann den Gedanken des Tötens akzeptieren, nicht mal im Namen des Imperators. Aber es ist ja auch nicht jeder ein Soldat. Sie und ich, wir sind Soldaten. Im Moment wird
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