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Beast

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Titel: Beast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Kennen
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über eine Absperrung und schlage einen steinigen Pfad ein, der an einem Messpfeiler aufhört. Es ist kalt, ich ziehe mir die Mütze tief ins Gesicht. Von hier aus kann man meilenweit sehen. Ich betrachte den Wald unter mir, |64| starre die Baumwipfel an, bis mir die Augen tränen, und überlege, ob das Ganze überhaupt einen Zweck hat. Malackie zieht am Strick und verbellt den Wind.
    »Braver Hund«, sage ich und er grinst mich an. Zum Glück ist er zu dämlich und hat nicht kapiert, dass ich ihn umbringen wollte. Wir nehmen den Weg bergab in den Wald. Ich muss dauernd an heute Morgen denken. Ich begreife nicht, wieso der Typ von der Wasserbehörde nichts gemerkt hat. Vielleicht hat sich das Monster ruhig verhalten, weil der Typ anders riecht als ich. Vielleicht hat mein Kleiner die ganze Zeit auf dem Grund des Beckens gelegen und der Kerl war zu blöd, um es mitzukriegen. Er hat nicht damit gerechnet, dass jemand in dem Käfig haust, darum war auch niemand drin. Außerdem ist das Wasser nach dem Schwein und dem Dachs wahrscheinlich so trüb, dass man nicht bis auf den Boden sehen kann. Jedenfalls war es knapp. Hätte er mein Monster entdeckt, würde es dort jetzt von Polizei und Reportern nur so wimmeln. Alle würden wissen wollen, wie das Untier dort hingekommen ist. Der Typ von der Wasserbehörde würde sich wieder an mich erinnern und das wär’s dann gewesen. Dann würde ich berühmt. Wieso eigentlich nicht? Ich könnte damit Geld verdienen. Aber so läuft es nicht im Leben. Die würden meinen Kleinen entweder erschießen oder in einen Scheiß-Zoo sperren und ich würde im Bau landen, wegen unerlaubten Haltens eines gefährlichen Tieres.
    Ich biege die Dornenranken auseinander und trete auf eine Lichtung. Ein paar große Bäume sind umgestürzt und liegen entwurzelt da, Gras und Schilf reichen mir |65| bis zur Hüfte. Ich muss bescheuert sein. Wahrscheinlich habe ich den ganzen Weg umsonst gemacht. In den Bäumen keckert es und die Zweige bewegen sich. Man sieht einen buschigen Schwanz und glänzende Knopfaugen. Ein Eichhörnchen. Malackie will sofort hinterher. Ich würde ihn ja gern von der Leine lassen, aber dann kommt er womöglich nicht mehr zurück. Gänse fliegen über die Baumwipfel. Die Leitgans fliegt an der Spitze des V. Ich habe mal gehört, dass die Gans, die ganz vorn fliegt, sich am meisten anstrengen muss, und wenn sie müde ist, lässt sie sich zurückfallen, und eine andere nimmt ihren Platz ein. Auf diese Weise teilen sich die kräftigsten Tiere die Verantwortung für den Schwarm, und je älter und schwächer die Gänse werden, desto weiter hinten im V fliegen sie. Entschuldigung, aber ich finde so was interessant.
    Ich entdecke ein totes Kaninchen, das mit stumpfen Augen in einer Drahtschlinge liegt. Das Fell ist taunass, aus der Schnauze rinnt Blut. Ein gutes Omen. Vielleicht habe ich ja doch Glück. Ich ziehe den Kaninchenkopf aus der Schlinge, hebe den schlaffen Kadaver auf und stecke ihn in den Rucksack. Ich kann das Kaninchen noch gut gebrauchen. Ich hätte einen Preis für die fantasievollste Fütterung eines Haustiers verdient. Jedenfalls kann man mir nicht vorwerfen, dass ich mir keine Mühe gebe.
    Ich klettere eine steile Böschung hoch und halte mich an den Bäumen fest. Meine Turnschuhe sind außen voller Tannennadeln. Ab und zu ist ein Baum mit einem orangefarbenen Klecks markiert. Ich glaube, das bedeutet, dass er geschlagen werden soll. Jemand ist erst kürzlich hier gewesen. Ich entdecke eine Coladose und eine verblichene |66| Chipstüte. Eine leere Kekspackung ist halb unter Nadeln begraben. Der Boden ist weich und es kommt mir vor, als ob ich Rauch rieche. Ich bleibe stehen. Zwischen zwei Bäumen ist eine dunkle, ausgeleierte Hängematte gespannt und eine dünne Rauchfahne schlängelt sich durchs Laub. Mir schießt durch den Kopf, dass ich vielleicht lieber kehrtmachen und klammheimlich verschwinden sollte.
    Aber das Bündel in der Hängematte regt sich, hat schon gespürt, dass ich da bin. Ich erkenne eine zerzauste Mähne und eine braune Hand mit eingerissenen, dreckverkrusteten Fingernägeln.
    »Tag, Dad.«

|67| Sieben
    Vor sechs Jahren, ich war gerade mal elf, sind Selby und ich auf die Dächer an der Hauptstraße geklettert. Es war noch früh am Morgen, höchstens sieben Uhr. Selby hat mich über alle Dächer geführt, bis wir an eine Stelle kamen, von wo aus man auf das Tor vom Gefängnis runterschauen konnte. Wir waren mit der hohen roten Gefängnismauer fast auf

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