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Beast

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Titel: Beast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Kennen
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kommt noch näher. »Außerdem ist das hier Trinkwasser. Dasselbe Wasser, das bei dir zu Hause aus dem Hahn kommt und wo deine Mutter Kartoffeln drin kocht.«
    »Alles klar.« Ich will eigentlich weitergehen, da passiert mir etwas Dummes. Ich kann einfach nicht die Klappe halten.
    »Wo haben Sie den her?« Ich zeige auf seine Kette.
    Er greift danach.
    |61| »Den hab ich vor ein paar Jahren am Ufer gefunden, gleich da unten.« Er zeigt in Richtung Käfig. »Irre, was? Keiner weiß, was das ist. Ich vermute, es ist der Hauer von einem Wildschwein.«
    Am Ufer! Aus dem Betonbecken läuft Wasser in die überwucherte Rinne und von dort in den Stausee. Vielleicht ist meinem Kleinen ein Zahn ausgefallen und wurde rausgeschwemmt. Hätte der Zahn nicht im Schlamm untergehen können?
    Ich nicke dem Typen zu, rucke an Malackies Strick und gehe weiter. Nach ein paar Schritten drehe ich mich um. Der Typ verlässt den Weg und geht in Richtung Käfig.
    »Ach du Scheiße«, fluche ich. Als er außer Sichtweite ist, mache ich rasch kehrt und laufe hinterher.
    Er stapft durchs Gestrüpp, denselben Weg, den ich immer nehme, und betrachtet interessiert die Lücke in der Dornenhecke.
    Ich gehe im dürren Farnkraut hinter einem Baum in Deckung und beobachte ihn. Ich drücke Malackie fest an mich. Ich wage kaum zu atmen.
    Weiß der Kerl etwa Bescheid?
    Der Typ holt einen Zettel aus der Tasche, faltet ihn auf und betrachtet ihn mit gerunzelter Stirn. Er sucht etwas. Erschrocken sehe ich zu, wie er sich durch die Hecke zwängt.
    Eigentlich sollte ich weglaufen, aber ich muss es mit eigenen Augen sehen. Ich muss hinterher.
    »Aha«, sagt er. Er hat den überwucherten Käfig entdeckt.
    Er geht um den Käfig herum und rüttelt am Gitter. Aus |62| dem Wasser hört man keinen Mucks. Wenn er meinen kleinen Liebling sieht, fällt ihm bestimmt unsere Begegnung wieder ein, und er kommt drauf, dass ich etwas damit zu tun habe. O Gott! Er klettert aufs Dach. Gleich sieht er ihn. Dann ist alles aus. Ich quetsche unwillkürlich Malackies Ohr und er winselt leise. Der Typ bleibt stehen und schaut direkt in unsere Richtung. Ich rühre mich nicht und halte Malackie ganz fest. Der Typ setzt sich wieder in Bewegung und ich traue mich wieder auszuatmen.
    »Das wollte ich nicht, Kleiner«, flüstere ich und schaue gebannt auf den Käfig.
    Der Typ stellt den Fuß nacheinander auf jede Stange und belastet sie probehalber. Er entdeckt die durchgerostete Stange und balanciert zur Luke, um sie sich anzusehen. Hoffentlich kriegt mein Kleiner nichts mit. O nein! Der Typ hat etwas entdeckt. Er späht in den Käfig.
    »Hä?«, macht er.
    Flügel schlagen ans Gitter.
    »Wie bist du denn da reingekommen?« Er hebt das Vorhängeschloss an. »Hab leider keinen Schlüssel, Kumpel. Da musst du halt rausfliegen, wie du reingeflogen bist.«
    Nicht nach unten schauen!
    Ich stelle mir vor, wie die Augen im Wasser den wohlbeleibten Besucher mustern.
    Aber er klettert wieder herunter. Das gibt’s doch nicht! Er hat nichts gemerkt. Jetzt steht er wieder auf der Wiese, lehnt sich an den Käfig, reckt die Arme und rülpst vernehmlich. Ich stelle mir vor, wie hinter ihm ein dunkler Umriss auftaucht, wie sich eine längliche Schnauze durchs Gitter schiebt und spitze Zähne sich in seine Jacke bohren. |63| Aber man hört kein Gebrüll und kein Geplätscher, als wären im Käfig bloß eine blöde Taube und ein bisschen Wasser. Der Typ kommt wieder in meine Richtung und ich laufe davon, ziehe Malackie am Halsband hinter mir her.
    Malackie freut sich, als er das Auto sieht (was mich wundert, schließlich hätte es ihn erst gestern beinahe überfahren), springt gleich auf den Beifahrersitz und wedelt mit dem Schwanz. Ich streichle ihm den Kopf und er wedelt noch eifriger. Ich lasse den Wagen an und wir fahren los.
    Aber ich fahre nicht zur Fabrik und auch nicht zurück zu den Reynolds. Noch nicht. Es ist erst Mittag. Ich habe noch etwas zu erledigen. Ich komme mir vor wie bei
Mission Impossible
.

    Nach ungefähr acht Kilometern sieht die Landschaft anders aus. Wir kommen ins Hochmoor, die Bäume sind vom Wind ganz verkrüppelt und auf dem Seitenstreifen wächst Heidekraut. Wir fahren an einer Herde Ponys vorbei, die einfach weitergrasen, als wir angebraust kommen. Ich biege in einen kleinen Weg voller Schlaglöcher ein, in dessen Mitte ein Grasstreifen wächst wie eine Irokesenfrisur.
    Ich parke das Auto am Rand, schnappe mir meinen Rucksack und Malackie und steige aus. Dann klettere ich

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