Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen
eine ungeöffnete Orbit-Packung aus meiner Tote Bag.
»Ja«, sage ich in naivem Tonfall und höre, wie meine Stimme zittert. »Ich habe die Kaugummis bekommen. Ich sollte nämlich für alle welche organisieren. Und da bin ich los und habe sie geholt. Und mein Freund hier« - ich zeige mit dem Daumen auf George, der erstarrt neben mir steht - »der ist mitgekommen, weil er eben so nett ist.« Die unnachgiebigen Mienen der Polizisten bleiben unverändert. Wir sind echt so was von ruiniert! Ich schließe die Augen und probe innerlich schon mal, wie ich das meiner Mom schonend bei- bringen kann. Nach allem, was letztes Jahr geschehen ist, wird sie das sicher nicht allzu wohlwollend aufnehmen.
PJ nimmt mir die Packung aus der Hand und steclct sich einen Kaugummi in den sinnlichen Mund. »Hmmm, super Geschmack, Alex. Möchten Sie auch mal?«, bietet sie den Polizisten an. »Die sind echt lecker.«
Die Männer sehen ihr dabei zu, wie sie kaut. Dann schauen sie sich gegenseitig an und ihre Schultern entspannen sich ein kleines bisschen.
Jeder Polizist nimmt sich einen Kaugummi.
Ich schiebe mir einen dicken Klumpen in meinen eigenen Mund, um jeglichen Marihuanageruch zu überdecken. So stehen wir alle da und kauen geräuschvoll auf unseren Kaugummis hemm. George, Olivia, Drew und Zack starren PJ und mich an, wohl wissend, dass unser aller Schicksal im Lycee nun an unser beider Geschick hängt, diese Polizisten mit unseren Reizen zu bezirzen. Wenn wir die Sache vermasseln, kann Olivia ihrem Stipendium Lebewohl sagen, Zack wird zu den Bibel-Knallern nach Tennessee zurückgeschickt und George und Drew werden nie wieder auch nur ein Wort mit mir sprechen. Ich bete zum Himmel, dass PJ weiß, was sie tut!
»Gibt es noch irgendwas, das Sie gern über mich wissen würden? Ich meine, über meine Freunde und mich?«, sagt PJ mit einem verführerischen Lachen. Es würde mich nicht wundern, wenn sie als Nächstes einen von ihnen fragt, ob er sich nicht auf ihren Schoß setzen will.
Sie schürzt die vollen Lippen. »Monsieur, es tut uns so leid, dass wir Ärger gemacht haben.«
Als wären sie angewurzelt, zucken die Polizisten nur mit den Schultern und verlagern ihr Gewicht. Sie scheinen nicht recht zu wissen, was sie mit uns anstellen sollen.
»Non, non«, sagt einer der Polizisten mit einem leichten Lächeln. Ein anderer Polizist blickt erst mich lange an, dann
PJ - die schlagfertige, schöne PJ - und schüttelt den Kopf. Noch immer in die Beuge ihres dünnen blassen Arms geschmiegt, werfe ich den Polizisten meinen unschuldigsten Blick zu.
»Geht jetzt nach Hause«, sagt ein dritter Polizeibeamter mit einer schnellen Handbewegung. »Und vergesst auf dem Weg nach draußen nicht zu zahlen.«
Damit spazieren die Polizisten davon. Ich höre noch, wie einer von ihnen so was sagt wie: »Echt schade, dass die Mädchen so jung waren!« und alle lachen. Würg.
PJ lässt ihren Arm sinken und zieht wieder ihre Wolljacke an.
»PJ! Das war unglaublich!«, quietscht Olivia, kaum dass die Polizisten außer Hörweite sind. Sie vollführt einen triumphierenden Luftsprung und umarmt sich selbst. »Wow!«
»Im Ernst: toll gemacht - diese Polizisten haben nicht gewusst, wie ihnen geschah«, stimmt Drew zu. »Das war echt Hexerei.«
Zack, in dessen Augenbrauen der Angstschweiß hängt, nickt nur nachdrücklich und zerrt am feuchten Kragen seines zugeknöpften Hemds.
George seufzt theatralisch vor Dankbarkeit und wankt in einem übertriebenen Gang mit ausgestreckten Armen auf PJ zu. »Oh Mann, das war echt knapp! Du hast uns allen den Arsch gerettet, Miss PJ. Ich dachte schon, ich müsste postwendend wieder zurück nach Boston. Wie kann ich das jemals wiedergutmachen?«
Mich überkommt ein Brechreiz, als er sie dankbar umarmt. Für meinen Geschmack ist er ein bisschen zu freundlich.
»Ja, danke«, sage auch ich leise. Jetzt muss ich dir bis in alle Ewigkeiten dankbar sein, du Freak!
Doch PJ zuckt nur mit den Schultern. »Das passiert mir irgendwie immer, das muss langsam mal aufhören.«
»Was? Ist es quasi deine Vollzeitbeschäftigung, immer alle Ärsche zu retten?«, entgegnet George spöttisch, der noch immer rechts neben mir steht.
»Ja, aber mit unterschiedlichem Erfolg«, bemerkt PJ, und alle lachen. Alle, außer mir.
OKTOBER
6. OLIVIA Die Treue halten
»Reden eure Gasteltern eigentlich wirklich französisch mit euch, so wie sie es sollen?«, fragt Zack uns beim Mittagessen im Cafe Dumont, dem Cafe in Ternes, in dem man ihn
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