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Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen

Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen

Titel: Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Silag
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Du es von einem Freund erfährst. Am besten sage ich es ganz direkt: Es geht um Euer Haus. Es wurde von der Bank beschlagnahmt. Ich nehme an, dass Deine Eltern mit der Hypothekenzahlung schon länger hinterherhinken. Gestern Morgen habe ich gesehen, wie lauter Sachen rausgetragen wurde - der Schaukelstuhl, den Dein Vater ßr Deine Mutter gebaut hat, und all so was. Übel, ich weiß. Wenn Du in diesem ganzen abgefahrenen Durcheinander mal was von Annabel hören solltest, sag ihr bitte, dass ich Euer Abiball-Foto von der Kommode aus Eurem Zimmer gerettet habe.
    Wenn ich Deine Eltern mal spreche, sage ich ihnen, dass Du's von mir erfahren hast.
    Tut mir leid, Dir so schlechte Neuigkeiten übermitteln zu müssen.
    Peace,
    Dave
    Ich starre auf den Bildschirm. Das muss ein schlechter Scherz sein - bestimmt war er mit seinen Freunden high und dachte, er spielt mir einen kleinen Streich oder so was. Mein Dad hat unser Haus mit seinen eigenen Händen aus Holzstämmen erbaut, auf einer Lichtung in der Nähe eines Bachs. Seit ihrer Hochzeit haben meine Mutter und er in der Hütte gelebt und dann, als wir für unsere Kinderbettchen auf der Sonnenveranda zu groß geworden waren, hat er einen Raum für Annabel und mich angebaut. Meine Eltern sprachen immer davon, dort zusammen alt zu werden, vielleicht noch weiter anzubauen und mir dann unter die Arme zu greifen, wenn ich dort eines Tages mal meine eigene Familie großziehen würde.
    Wie auch immer, dieses Haus gehört meinen Eltern. Ehrlich und rechtschaffen ... Und doch sieht es jetzt so aus, als würde das gar nicht stimmen. Zu irgendeinem Zeitpunkt müssen sie wohl eine Hypothek aufgenommen haben. Vielleicht als sie wussten, dass die Kacke bald am Dampfen sein würde...
    Wie konnten sie nur so einen schrecklichen Fehler machen?
    Ich war eigentlich immer stolz auf meine Eltern. Aber jetzt sitzen sie schmählich und mitleiderregend hinter Gittern, von der einen Tochter gemieden, von der anderen verlassen.
    Ich achte darauf, mich ordentlich auszuloggen, dann stehe ich auf und gehe traurig zum öffentlichen Telefon an den Eingangsstufen des Lycees. Dave geht beim ersten Klingeln ran.
    »Hast du schon was von Annabel gehört?«, fragt er gleichzeitig, als ich sage: »Ich habe deine E-Mail bekommen.«
    »Nein«, sage ich. »Von Annabel habe ich nichts gehört.«
    »Oh«, sagt er. »Na ja, ich hab dir alles, was ich weiß, in der  E-Mail geschrieben. Mehr kann ich dir nicht sagen, kein Silberstreif am Horizont. Ich hatte gehofft, dass du vielleicht gute Neuigkeiten hast.«
    »Dann lass ich dich mal weiterschlafen«, sage ich und lege auf.
    Als ich zu Fuß nach Ternes gehe, schwirrt mir die Frage im Kopf herum, was Annabel wohl mit ihrem Verlobungsring gemacht hat, dem kleinen Diamanten in der Goldfassung. Er war nicht genug wert, um ihn zu verkaufen. Ob sie ihn noch trägt? Ich wette, Dave denkt die ganze Zeit über dieselbe Frage nach.
    Als ich die Tür zum Apartment aufschließe, rufe ich nach Sonia. Aber sie ist nicht da. Da ich keinen Hunger habe, gehe ich schnurstracks ins Wohnzimmer und lege mich auf den herrlichen Perserteppich, der den gesamten Wohnzimmerboden bedeckt, und starre zur Stuckdecke hinauf. Dies ist jetzt dein Zuhause, sage ich mir. Das alte Haus - egal, welche Erinnerungen daran hängen - ist nicht mehr wichtig. Es ist ein Haus voller Lügen.
    Ich rolle mich auf den Bauch und streife dabei mit dem Arm über eine leichte Erhöhung im Teppich, in der Nähe von einem der Beistelltische. Ist mein Notizbuch vielleicht irgendwie unter den Teppich gerutscht?, frage ich mich beunruhigt. Schrecklich, wenn es irgendwie Sonia in die Hände gelangen und sie es den Marquets zeigen würde, ohne zu wissen, was für Dinge ich in meinen fiktiven Briefen an Annabel geschrieben habe. Aber auch alles andere, was ich Annabel geschrieben habe, sollten die Marquets lieber nicht zu Gesicht bekommen.
    Ich greife nach der Teppichkante und ziehe den dünnen Gegenstand hervor. Als mir klar wird, was es ist, lasse ich es sofort entsetzt zu Boden fallen.
    Es ist eine Porno-Zeitschrift mit dem Titel 18. Unten auf dem Cover steht quer die Garantie, dass alle Mädchen, die in der Zeitschrift Vorkommen, schon 18 sind und es damit legal sei, aber gerade mal so. Eines dieser Mädchen lächelt mich vom Umschlag aus an. Sie hat große Brüste, die aus einer kurzen karierten Schulmädchenuniform herausschauen.
    Was soll ich tun? Unsicher springe ich auf. Ich kicke die Zeitschrift schnell wieder unter

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