Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen
liebster Ab- hänge-Song: Just Like Jesse James von Cher. Jeremy hat ihn eher aus Spaß draufgebrannt, aber Chers schwülstige Musik passt öfter zu meiner Stimmung, als man vielleicht meinen könnte.
Mit meinen riesigen Bose-Kopfhörern auf dem Kopf habe ich nicht gehört, wie mein BlackBerry anging - erst als ich aufstand, um mich auf Zigarettensuche durch den ganzen Kram zu wühlen, der in meinem Zimmer verstreut ist, habe ich das rote Blinken entdeckt, das immer eine neue SMS ankündigt.
Fast hätte ich einen Salto rückwärts gemacht, als ich gesehen habe, dass die SMS von George kam!
Sollen wir uns treffen?, lautete der Text - ziemlich schlicht und ergreifend. Als ich meine Zigaretten endlich oben auf meinem Bücherregal fand, zündete ich mir eine mit der einen Hand an, während ich mit der anderen George eine SMS zurückschrieb.
Klar, hackte ich mit dem Daumen in meinen BlackBerry. Champs de Mars, 17 Uhr ?
Cool, kam fünf Minuten später die Antwort, als ich gerade verzweifelt meinen ganzen Kleiderschrank auf den Kopf stellte, um etwas zu finden, was schön - und warm genug - wäre, um es draußen zu tragen, da ich ja den Champs de Mars vorgeschlagen hatte. Der Park liegt nur ein paar Minuten von meiner Wohnung entfernt - also der perfekte Treffpunkt, damit mir viel Zeit blieb, um mich fertig zu machen.
Als ich meinen Schrank inspizierte, merkte ich, dass es darin ganz offensichtlich nichts gab, was für mein erstes richtiges Date mit George passte.
Hinten in meinem Schrank stand ein Paar schwarzer Chloe-Stiefel mit Lederabsätzen und einer bezaubernden Schnalle. Das Problem war, dass es sie in meiner Größe nur noch in Schwarz gab - und wann immer ich sie anzog, kam mir dauernd Aldo's in den Sinn. Keine Ahnung, warum mich meine Achthundert-Dollar-Stiefel irgendwie an die gefürchtete Kaufhauskette erinnerten, die von Vorstädtern und texanischen Zwillingen allerorten heiß geliebt wird, aber so war's.
Ich zog an meiner Zigarette und dachte fieberhaft nach. Wenn ich bis um 16 Uhr bei Chloe bin, die Stiefel zurückgebe und dafür einen Gutschein bekomme, bis 16.30 Uhr ein neues Kleid ausgewählt habe, es dort gleich in der Umkleide anziehe, und mir an einem der Straßenstände einen Paschmina greife, um ihn über Kleid und Jacke zu tragen, kann ich um 17.05 Uhr sexy auf einem Karussellpferdchen mitten auf dem Champs de Mars sitzen, wenn George, wie fast alle Jungs, ein paar Minuten zu spät aufkreuzt.
Als ich unter meinem Bett wühlte (wo ich für Notfälle wie diesen meine Quittungen in einer Kiste aufbewahre - meine Mom hat mich gelehrt, niemals, wirklich niemals eine Quittung wegzuwerfen), fand ich das braune Sweatshirt des kleinen achtjährigen Sebastien. Wie war das denn da hingekommen? Fleckig, aber doch irgendwie auch ganz süß in seinem Boho-Stil, das bei diesem herbstlichen Kälteeinbruch ganz nützlich sein könnte. Ich schnappte es mir, rief meiner Gastmutter nervös ein Tschüs zu und rannte dann zur Cambronne-Metro-Station. Bitte, bitte, bitte mach, dass Chloe diese blöden Made-in-China-Stiefel zurücknimmt!
Um Zeit an der Kasse zu sparen, wähle ich erst das Kleid aus, das ich im Austausch für die Stiefel haben will, bevor ich sie zurückzugeben versuche. Es ist ein kurzes schwarzes Etuikleid aus echter Wolle, das nicht zu eng sitzt, mit einer Binde um den Hals. Dazu schnappe ich mir eine cremefarbene Spitzenstrumpfhose aus Wolle, dann stürze ich schnurstracks zur Kasse, damit ich hier endlich rauskomme - ich habe schon viel zu viel Zeit damit vertan, mich zwischen dem schwarzen und dem braunen Kleid zu entscheiden ...
Plötzlich knallt mir etwas gegen die rechte Wange und ich merke, dass ich gegen Sara-Louise geprallt bin, die einfach so, ganz unschuldig, mitten im Chloe-Laden steht, als würde sie dort jeden Tag einkaufen. Bei ihr sind Mary, das tätowierte punkige Mädchen aus L.A. mit den kurzen, zuppeligen schwarzen Haaren, und Sara-Louises Gastschwester Anouk, die ich von ihrer Party her kenne.
»Na, hallo, Alex!«, begrüßt mich Sara-Louise fröhlich und füllt mit ihrem schleppenden South-Carolina-Akzent die ansonsten stille Boutique. Mary lächelt mich höflich an und die Gastschwester mustert mich leicht argwöhnisch von oben bis unten.
»Was macht ihr denn hier?«, frage ich völlig überrascht. »Ihr kauft doch hier nicht etwa ein!?«
Mary schnaubt. Dabei wollte ich gar nicht so frech klingen.
Sara-Louise schaut zu ihrer Gastschwester hinüber. »Anouk bewirbt
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