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Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen

Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen

Titel: Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Silag
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frei.«
    Ich klopfe mir mit der Gauloises-Packung gegen den Handballen. Die bedeuten doch etwas, denke ich, hoffnungsfroh und kribbelig. Die müssen etwas bedeuten.

18. PJ
    Eine zweite Chance
    »Es tut mir sehr leid, dass ich Sie darauf aufmerksam machen musste«, entschuldigte sich Mme. Cuchon, als sie M. und Mme. Marquet letzte Woche in ihr Büro bat. Es war der Montagmorgen nach der Party. »Ich fürchte, dass Sie mit den Freiheiten, die Sie ihr gelassen haben, wohl ein bisschen zu großzügig waren. Penelope ist von ihren Eltern anscheinend eine strengere Hand gewöhnt, als sie sie hier bisher in Frankreich hatte.«
    Oh, Lady, wenn Sie wüssten, welche »strenge Hand« ich von meinen Eltern gewohnt bin.
    Mme. Cuchon fuhr fort: »Ich denke, eine faire Konsequenz für Penelopes Verhalten wäre, sie am kommenden Wochenende nicht nach Lyon mitfahren zu lassen.«
    »Nein!«, sage ich laut. Plötzlich bin ich den Tränen nahe. »Da wollte ich so gern mit!« Und das stimmt. Ich wollte die traboules sehen, von denen Mary mir erzählt hat - die schmalen, überdachten Gänge, die im Mittelalter von Handeltreibenden und Geschäftsleuten benutzt wurden und dann im Zweiten Weltkrieg von der französischen Resistance. Die traboules gehören zu den Dingen, deretwegen man unbedingt nach Lyon fahren muss. Man muss sie sich vor Ort ansehen. Es reicht nicht, einfach ein Buch aufzuschlagen und das Gefühl zu haben, dass man die Geschichte kennt.
    »Mädchen mit Penelopes Aussehen machen immer Pro bleme, oder? N'est-ce pas?«, bemerkte Mme. Marquet an Mme. Cuchon gewandt, die daraufhin unbehaglich den Blick abwendete.
    »Von jetzt an werden wir besser auf Penelope aufpassen«, sagte M. Marquet großmütig. Er schien erleichtert, dass das Treffen fast vorüber war. Kurz sah er mich direkt an und ich war schockiert, darin vor allem ehrliche Zuneigung zu erkennen und nicht Abscheu. Weder die zerbrochene Vase noch das Kleid, das sich Alex für ihre Szene auf dem Balkon ausgeborgt hatte, war den Marquets aufgefallen.
    Nein, natürlich nicht - es war Mme. Cuchon gewesen, mit ihrer unheimlichen Fähigkeit, alles aufzudfecken. Sie hatte ein Zettelchen, das zwischen den texanischen Zwillingen hin- und hersauste, abgefangen, wo es - neben vielen anderen blödsinnigen Themen - darum ging, »wie süß es von George und Drew war, dass sie uns nach der wilden Feier bei PJ noch nach Hause begleitet haben«.
    »Penelope«, sagte Mme. Marquet und lächelte mich zögernd an, als ich an jenem Nachmittag nach der Sportstunde ins Apartment kam. »Wir hätten gern, dass du am Wochenende mit uns zu unserem Chateau kommst, da du ja jetzt nicht mit nach Lyon fährst. Wir würden dich nur ungern wieder allein zu Hause lassen.«
    Unsicher lächelte ich zurück. »Wirklich?«, fragte ich erstaunt. »Sie sind nicht wütend, dass ich Sie angelogen habe? Und bei Ihnen zu Hause eine Party gegeben habe? Vous n'allez pas vous mettre en colere?«
    M. Marquet schüttelte den Kopf. »Non«, sagte er. »Du bist nicht in Schwierigkeiten, nur weil du gelogen hast. Uns ist es einfach sehr wichtig, dass zu Hause kein Unfriede herrscht. Auch wenn das manchmal heißt, dass wir unsere Gefühle für uns behalten und aus nichts ein Drama machen.«
    Ich verstehe. Von dieser elterlichen Philosophie habe ich zwar noch nie gehört, aber da ich keine Probleme mit den Marquets wollte - egal wann und wie -, nickte ich energisch. »Vielen Dank. Ich werde Sie nicht enttäuschen.«
    »Vergessen wir einfach, dass das Ganze überhaupt geschehen ist«, sagte Mme. Marquet.
    Aha. Das muss die französische Art sein, bestimmte Dinge zu lösen. Und wenn jemand gern die Gelegenheit beim Schopfe ergreift, unangenehme Dinge hinter sich zu lassen, dann ja wohl ich.
    Als ich mich an diesem Abend bettfertig gemacht habe, versuchte ich, mit mir selbst so zu reden, wie es die Marquets mit mir getan hatten. Dinge hinter sich lassen ... Dramen vermeiden... Genau das hatte ich getan, als ich Vermont verlassen hatte und nach Paris gekommen war, oder nicht?
    Nein, falsch. Es ist eine Sache, sich selbst zu vergeben, dass man eine Party in einem Apartment gefeiert hat, in dem man für ein Jahr zu Gast ist. Aber seine eigene Familie im Stich zu lassen, wie ich es getan habe?
    Ich denke an die nebligen Wiesen hinter dem Chateau, an die schöne französische Landschaft. Eins weiß ich jedenfalls sicher: Ich bin ungeheuer erleichtert, eine zweite Chance zu bekommen.
    Am darauffolgenden Samstag bietet mir M.

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