Beautiful Americans - 01 - Paris wir kommen
komme mit«, bietet Mme. Lafontant an. Ich höre, wie die beiden die Stühle zurückschieben und ihre Schuhe über den Boden klackern, als sie in Richtung Küche gehen, hinter der sich die Stufen zu der Weinsammlung der Marquets befinden. Eilig verstecke ich mich neben dem Porzellanschrank in einer dunklen Ecke, hinter all dem Geschirr, das die Marquets wohl schon seit vielen Jahrhunderten verwenden. Jedes einzelne Stück ist mit ihren Initialen versehen. Zwischen der Küche und mir hängt nur ein Vorhang, und als Mme. Marquet und Mme. Lafontant sie durchqueren, kann ich ihre leise Unterhaltung verstehen.
»Wo ist denn Vamericaine?«, fragt Mme. Lafontant Mme. Marquet. »Ich dachte, sie sei mit Ihnen übers Wochenende in die Dordogne gefahren?«
»Ah ja, Penelope«, antwortet Mme. Marquet. »Sie ist oben. Ich habe sie gebeten, dass sie sich heute Abend rar macht. Die Männer würden sich sonst nur zum Affen machen, um sie zu beeindrucken, wenn sie mit uns essen würde.«
Mme. Lafontant lacht. »Wie halten Sie das nur aus? So ein junges, hübsches Ding in nächster Nähe zu Ihrem Ehemann? Macht ihn das denn nicht ganz wild?«
Wie ekelhaft! M. Marquet ist ein alter Mann!
»Ach, es ist ein Trauerspiel«, gesteht Mme. Marquet. »Aber er weiß, dass er sie nicht anrühren darf. Außerdem verleiht es ihm bei der Wählergemeinde den Anstrich eines gütigen Familienvaters. Er nimmt amerikanische Gören bei sich auf, damit sie die wunderbare französische Kultur kennenlernen. Darüber hinaus fördert es auch sein Image als Wegbereiter des interkulturellen Dialogs und Austauschs! Die Bewohner der Dordogne sind so hinter Touristendollars her, dass sie den Amerikanern sogar die Hintern küssen würden.«
»Glauben Sie wirklich, dass es das wert ist?«, fragt Mme. Lafontant, als die beiden die Stufen in den Weinkeller hinuntersteigen.
»Wenn es meinem Mann hilft, mehr Stimmen zu bekommen, würde ich sogar Carla Bruni bei uns wohnen lassen«, scherzt Mme. Marquet. »Und ich nehme an, es würde helfen !«
Ich krieche hinter dem Vorhang hervor und stelle mich oben auf die Stufen, um weiterzulauschen. Bislang habe ich nicht verstanden, warum die Marquets sich im Lycee gemeldet hatten und einen amerikanischen Schüler bei sich aufnehmen wollten. Aber jetzt ist mir klar, dass es M. Marquet ein familienfreundlicheres Image verleihen soll!
»Und wie läuft es so mit ihr?«, erkundigt sich Mme. Lafontant.
»Ach«, sagt Mme. Marquet. »Sie kann eigentlich tun und lassen, was sie will.«
Als ich höre, wie sie wieder die Treppe heraufkommen, laufe ich blitzschnell aus der Küche und in mein Zimmer hinauf.
Das Gute an der Sache ist: Vermutlich dürfte es nicht allzu schwer sein zu bewirken, dass ich über die Winterferien hier bleiben kann.
DEZEMBER
19. ZACK Allez! Allez! – Auf, auf!
Im Geschichtsunterricht sitze ich direkt hinter Jay. Wir wiederholen den Lernstoff, weil der Final Comp ja nun in zwei Wochen stattfindet. Jay ist mir ganz nahe. Ich bräuchte nur die Hand auszustrecken, um ihm über seinen schönen braunen Nacken zu streichen.
Aber das würde ich natürlich nie tun!
Es sei denn ... es sei denn, ich wüsste, dass es ihn nicht total erschreckt hat, was Alex bei McDonald's in Lyon ausgeplaudert hat. Aber um das ganz sicher zu wissen, müsste ich aus meiner Deckung kommen und ihn fragen.
Und das würde ich nie tun!
Ob Jay Angst hat, dass sein Stipendium vielleicht nicht verlängert wird? Also, ich wäre jedenfalls total fertig, wenn er die geforderten 90 Prozent nicht schafft. So viel ist sicher.
Wenn ich ihn jetzt so ansehe, wie er sich über sein französisches Geschichtsbuch beugt und sich Stichpunkte zu Mlle. Vaillands ausschweifendem Vortrag über Louis XIV und das Anden Regime macht, kann ich fast verstehen, warum Alex es besser fände, wenn ich meine Gefühle für ihn offen zeigen würde. Nicht zu wissen, was Jay von mir hält, ist eine schreckliche Qual.
Als Alex nach ihrer dramatischen Szene im McDonald's in Lyon abgerauscht ist, um eine zu rauchen, bin ich zurück an den Tisch gegangen, um den Rest meines inzwischen kalt gewordenen Sandwiches und meiner labbrigen Pommes zu essen. Als ich mich hingesetzt habe, hat mir Jay mitfühlend auf den Rücken geklopft und mich gefragt, ob alles okay sei. Wollte er mir damit etwa sagen, dass er verstand? Hatte er - oh Gott - gehört, was Alex gesagt hatte, und versuchte mir nun mitzuteilen, dass das in Ordnung sei?
Seit wir von dem Ausflug wieder zurück
Weitere Kostenlose Bücher