Bedroht
und lächelte unschuldig.
»Was meinst du?«
»Du bestehst darauf, mich abzuholen. Hedda ist nicht dabei. Du willst reden. Was ist los?«
Anna schaute nach vorne, Kathrine legte eine Hand auf ihren Arm.
»Ich mag Lukas«, sagte sie. »Das tue ich wirklich. Aber du bist meine Tochter.«
Zehn Minuten später hatte ihr Anna eine geschönte Version erzählt, in der sie Eriks Lüge über seine Mutter, die Filmerei mit der Handykamera und das zerschmetterte Glas ausgelassen hatte. Sie hatte von dem Kuss vor der Toilette erzählt, der darauf folgenden Begegnung im Zimmer, dem Ausflug auf den Kullaberg und den zwei Treffen in seiner Wohnung.
»Ich dachte schon, es sei was Ernstes«, fasste Kathrine zusammen.
»Wie meinst du das?«
»Ich hab befürchtet, dass ihr euch scheiden lassen wollt.«
»Warum sollten wir uns scheiden lassen?«
Kathrine zuckte mit den Achseln.
»Das kommt vor. Das Vorortleben gibt vielen den Rest. Plötzlich zieht die Jugendliebe ins Nachbarhaus, und man begibt sich auf eine Zeitreise in die Ära, als alles jung, unbeschwert, kinderlos und unkompliziert war. Deine Geschichte klingt wunderbar, mal abgesehen davon, dass er offenbar nicht ganz dicht ist. Urschrei übers Meer, also wirklich, da ist die Grenze.«
»Du findest also, dass ich Lukas nichts erzählen sollte?«
»Auf keinen Fall. Was er nicht weiß, macht ihn nicht heiß. Glaubst du etwa, du wärst die erste Ehefrau, die über die Stränge schlägt? Freu dich, dass es ein positives Erlebnis war.«
»Er will mich wiedersehen«, sagte Anna.
»Und was willst du?«
Anna dachte nach.
»Ich will das nicht.«
»Du wirkst unentschlossen.«
»Nein, nicht wirklich.«
Kathrine nickte zustimmend.
»Das klingt vernünftig«, meinte sie. »Freu dich über das, was war. Es bringt nichts, wenn es ernst wird.«
»Aber …«
»Ja?«
»Also rein …«
»Sexuell?«, fragte Kathrine.
Anna nickte. Ihre Mutter lachte und klopfte ihr aufs Knie.
»Wie hieß er noch gleich?«
»Erik Månsson.«
Kathrine schaute nach vorn.
23
Die Freunde, bei denen sie eingeladen waren, waren nett, aber lausige Köche. Es wurde, Wetter und Jahreszeit zum Trotz, draußen gegrillt, und der Gastgeber legte die Steaks auf den Rost, ehe der Brennspiritus erloschen war, sodass sie minutenlang über offener Flamme verbrannten.
»Nimm die Kartoffeln raus, die Steaks sind fertig«, rief der Gastgeber.
»Ich glaube nicht, dass die schon durch sind.«
»Doch, eine halbe Stunde reicht.«
Zwei Minuten später saßen sie vor ihren verkohlten Steaks und Ofenkartoffeln, vor denen selbst die härteste Gabel kapitulieren musste.
»Lecker, was? Nehmt noch.«
Es gab weder Pfeffer noch Salz, nur eine Mayonnaise-Fertigsauce. Die Eheleute lobten ihre eigenen Kochkünste, und es schien sie nicht zu bekümmern, dass ihre Gäste nicht in den Lobgesang einstimmten.
Nachdem sich Anna und Lukas gegen Mitternacht von ihren Freunden verabschiedet hatten, die sie trotz ihrer mangelnden Kochkünste sehr schätzten, schafften sie es kaum um die nächste Ecke, bevor sie sich vor Lachen krümmten und gegenseitig stützen mussten, um nach Hause zu gelangen.
Kathrine freute sich über die ausgelassene Stimmung, und als Anna versuchte, den kulinarisch desaströsen Abend für sie zusammenzufassen, musste sie schon wieder so sehr lachen, dass sie kaum noch Luft bekam.
»Warum ladet ihr sie nicht einfach zu euch ein, wenn sie so miserable Köche sind?«
»Wir haben es versucht. Aber sie … wollten … wirklich …«
Eine neue Lachsalve. Anna rang nach Luft.
»Bist du betrunken?«, fragte Kathrine.
»Nein, leider nicht.«
Erneutes Gelächter, Anna bekam einen Krampf im Bauch.
»Willst du noch ein Glas Wein?«, fragte Lukas seine Schwiegermutter.
»Eins?«, scherzte Kathrine und schaute dann auf die Uhr. »Höchstens ein halbes. Ich will den letzten Bus nach Hause erwischen.«
»Du kannst gerne hier übernachten«, sagte Anna.
»Danke, das ist lieb von euch. Aber ich wache lieber im eigenen Bett auf.«
Lukas kam mit einer Flasche Wein und einem Glas zurück.
Anna fächelte sich mit der Hand frische Luft zu.
»Aber abgesehen vom Essen hattet ihr einen netten Abend?«, fragte Kathrine
»Ja«, meinte Lukas und konnte seine Begeisterung kaum unterdrücken. »Es gab auch noch Dessert.«
»Eis!«, prustete Anna. »Es gibt immer Eis. Jedes Mal.«
»Mit Fruchtcocktail«, sagte Lukas. »Aus der Dose!«
Kathrine schüttelte den Kopf.
»Ich hoffe nur, dass ihr euch dort etwas besser
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