Bedroht
Gespräch wirklich beendet war.
»Wo war ich? Ach ja!«
Sissela erzählte ausführlich weiter, wie unmöglich sich ihr Mann benahm, und amüsierte sich königlich auf seine Kosten.
Anna lachte und fand sich unmöglich. Sie wusste nicht, wie sie Sisselas Mann bei der nächsten Begegnung in die Augen schauen sollte, ohne an Sisselas Geschichten zu denken.
Sie waren immer noch ausgelassen, als sie auf der Redaktionsetage aus dem Fahrstuhl stiegen und nebeneinander den Korridor entlanggingen.
Eine der Layouterinnen kam auf sie zu.
»Anna, du hast Besuch.«
»Ach?«
»Ich habe ihm einen Kaffee gebracht«, sagte die Layouterin und deutete Richtung Pausenzimmer.
»Ihm?«, sagte Sissela verzückt und stürmte als Erste ins Pausenzimmer. »Hallo! Nett, Sie zu sehen. Wie geht es Ihnen?«
Sie schüttelte Erik Månsson herzlich die Hand. Dieser sah Anna an und versuchte, Sisselas Interesse zu entgehen, indem er Trude ebenfalls begrüßte.
»Ich hoffe nur, dass wir uns nicht missverstanden haben«, meinte Sissela und übernahm wieder das Kommando.
Erik konnte nicht folgen.
»Ich will keine Rechnung auf meinem Schreibtisch sehen.«
»Keine Gefahr, machen Sie sich keine Gedanken.«
»Gut. Freut mich, dass wir uns in dem Punkt einig sind.«
Sissela wandte sich an Anna.
»Dann lassen wir euch jetzt in Frieden. Schließlich wollen wir den kreativen Prozess nicht stören.«
Gut gelaunt verließ Sissela das Pausenzimmer. Anna streckte den Arm aus.
»Gehen wir ins Besprechungszimmer.«
Sie führte ihn in die verglaste Box im Großraumbüro, in der Erik und seine älteren Kollegen eine Woche zuvor ihre dürftige Kampagne präsentiert hatten. Sie ließ Erik den Vortritt und schloss die Tür hinter sich. Erik hatte ein iPad statt einer Aktentasche dabei. Er legte es auf den Tisch und sah Anna an.
»Nimm Platz«, sagte sie und deutete auf einen Stuhl.
Erik setzte sich und schaute in die Redaktion jenseits der Glaswand. Anna nahm ihm gegenüber mit dem Rücken zum Großraumbüro Platz.
»Sie sehen uns, hören aber nicht, was wir sagen«, sagte Anna mit Nachdruck. »Wir sprechen ganz ruhig, kein erregtes Gefuchtel. Sind wir uns einig?«
Erik nickte.
»Wir sind zwei Erwachsene, die sich in normalem Gesprächston unterhalten«, fuhr sie fort. »Du bist hier, um mit mir Vorschläge für die Kampagne zu diskutieren, von der wir beide wissen, dass es sie nie geben wird.«
Erik betrachtete sie amüsiert. Dann schaute er an ihr vorbei in die Redaktion, was Anna verunsicherte.
»Was gibt’s da zu sehen?«
»Nichts«, meinte Erik, ohne den Blick abzuwenden.
Anna drehte sich um und stellte fest, dass niemand ihnen auch nur die geringste Aufmerksamkeit schenkte. Sie sah wieder Erik an, der lächelte. Ohne die geringste Anstrengung hatte er das Kommando übernommen. Anna begriff nicht, wie das möglich war. Das war ihr Arbeitsplatz, ihr Heimspiel. Sie streckte den Oberkörper und atmete tief durch.
»Du hast mich angerufen, als du betrunken warst«, sagte sie vorwurfsvoll. »Noch dazu an einem Sonntag, als ich mit meiner Familie unterwegs war.«
»Warst du noch nie betrunken?«, erwiderte Erik.
»An einem Sonntag? Mitten am Tag? Nein, wirklich nicht«, sagte Anna voller Verachtung.
Erik ließ sich nicht beeindrucken.
»Ich bin nach Dänemark rübergefahren«, sagte er, »und hab ein paar Bier getrunken, weil ich mich so einsam gefühlt habe.«
Anna starrte ihn an und wollte ihn dazu bringen, ihrem Blick auszuweichen. Aber Erik hatte kein Problem damit, sie anzusehen. Sie schüttelte den Kopf.
»Was soll das?«, fragte sie.
»Ich verstehe nicht ganz.«
»Du tauchst mitten in der Nacht eine Straße von unserem Haus entfernt auf, rufst mich sonntags an, wenn ich mit meiner Familie zusammen bin, kommst unangemeldet hierher. Was willst du?«
»Wollten wir uns nicht in normalem Gesprächston unterhalten?«
Anna zwang sich, ruhig durchzuatmen.
»Was willst du?«, sagte sie. »Bitte, sag mir das.«
»Als Erstes will ich wissen, was du damit meinst, dass es keine Kampagne geben wird.«
»Was willst du von mir?«, gab Anna zurück.
»Was ich von dir will?«, wiederholte Erik. »Wieso?«
»Begreifst du denn nicht, dass daraus nie etwas werden wird?«
Erik bemühte sich, ernst zu bleiben. Anna fühlte sich provoziert.
»Was hast du hier zu suchen? Was willst du?«
»Zum einen will ich über die Kampagne sprechen, zum anderen will ich dich treffen.«
»Aber ich will dich nicht treffen«, erwiderte Anna sachlich und mit
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