Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bedroht

Bedroht

Titel: Bedroht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Koppel
Vom Netzwerk:
schaute sich um.
    »Oh, Entschuldigung.«
    »Du kannst mich nicht einfach anrufen. Und schon gar nicht an einem Sonntag. Verstehst du das nicht?«
    »Wie meinst du das?«
    »Was soll die Frage?«
    »Wieso kann ich dich nicht anrufen?«
    »Weil ich verheiratet bin und ein Kind habe.«
    »Du weißt doch gar nicht, warum ich anrufe. Vielleicht brauche ich ja Hilfe bei der Anzeigenkampagne.«
    »Erik …«
    »Du fehlst mir.«
    Anna antwortete nicht.
    »Ich will dich wiedersehen«, fuhr er fort. »Und nicht nur wegen der Arbeit. Ich will mit dir zusammen sein wie bei unserem letzten Treffen bei mir zu Hause.«
    Seine Stimme klang schleppend.
    »Bist du betrunken?«
    »Ich bin nicht betrunken.«
    »Wie viel hast du getrunken?«
    »Nicht viel, nur ein paar Bier.«
    »Erik, hör mir zu. Keine weiteren Anrufe, versprich mir das.«
    »Darf ich simsen?«
    »Nein.«
    »Anna …«
    Sie unterbrach die Verbindung und wollte auf lautlos umschalten. Aber womöglich würde Lukas versuchen, sie zu erreichen. Sie konnte den Klingelton erst abschalten, wenn sie wieder zusammen waren.
    Ein paar Bier … Am helllichten Nachmittag. Hatte er ein Alkoholproblem? Diese Möglichkeit hatte sie bislang noch gar nicht in Erwägung gezogen. Das erschwerte die Sache zusätzlich, weil sie so nie sicher sein könnte, dass er nicht jederzeit …
    Erneutes Klingeln, dieselbe Nummer.
    »Ich habe dir doch gesagt, dass du nicht anrufen sollst.«
    »Aber du bist doch grad allein, sonst hättest du doch eben nicht zurückgerufen.«
    »Was ist?«, fragte Anna kurz angebunden.
    »Ich mag dich.«
    »Erik …«
    »Warte, warte! Lass mich ausreden. Ich …«
    Er verstummte.
    »Was? Komm schon, sag, was du zu sagen hast.«
    »Kannst du nicht herkommen?«
    »Nein, ganz bestimmt nicht, nein. Jetzt legst du auf und rufst verdammt noch mal nicht mehr an.«
    Sie unterbrach die Verbindung und stellte den Klingelton ab. Der Typ wurde ihr langsam unheimlich.

29
    Anna stellte ihre Tasche auf den Schreibtisch und ging in die Küche. Ihre Hand zitterte, als sie sich Kaffee eingoss. Als sie wieder an ihren Platz zurückkehrte, tat sie so, als würde sie Sisselas prüfenden Blick nicht wahrnehmen.
    »Verkatert?«
    »Nein, ich habe schlecht geschlafen und praktisch die ganze Nacht wach gelegen.«
    »Warum das?«
    »Weiß nicht.«
    »Oje, furchtbar. Ich hatte vor einem halben Jahr auch so eine Phase. Ich wäre fast verrückt geworden. Das ist wie ein Teufelskreis. Hast du mal probiert, den ganzen Körper anzuspannen? Ich meine, jeden Muskel. Dann hält man die Spannung ein paar Sekunden und lässt wieder locker. Das hilft.«
    »Sissela …«
    »Entschuldige, ich wollte dir nur helfen.«
    Anna schaltete ihren Computer ein, stellte ihre Tasche neben sich auf den Fußboden und blätterte in dem Stapel ausgedruckter Reportagen auf ihrem Schreibtisch. Sie redigierte immer zuerst auf Papier, dann gab sie die Änderungen am Computer ein. Anschließend druckte sie alles noch einmal aus und fand immer noch irgendwelche Kleinigkeiten. Redigieren dauerte ewig, es gab keinen Text auf der Welt, der sich nicht besser oder straffer formulieren ließ.
    Die Artikel auf dem Tisch waren im Großen und Ganzen fertig, nur die Überschriften mussten noch zugespitzt werden, als Trude in die Redaktion gerauscht kam, strahlend schön wie immer. Anna fiel das besonders an Montagen auf, wenn sie ihre Kollegin ein ganzes Wochenende nicht gesehen hatte. Bis Mittwoch hatte sie sich wieder daran gewöhnt, und wenn sie sich freitags trennten, nahm sie es gar nicht mehr wahr.
    »Nimm dich vor Anna in Acht«, sagte Sissela. »Sie hat schlecht geschlafen.«
    »Wie kommt’s?«, wollte Trude wissen.
    Anna zuckte mit den Schultern.
    »Nichts Besonderes, ich konnte einfach nicht mehr einschlafen.«
    »Hast du keine Schlaftabletten?«
    »Ich nehme nie welche, weil ich anschließend immer so k. o. bin.«
    »Und wie fit bist du, wenn du nicht geschlafen hast?«
    Anna nippte an ihrem Kaffee und öffnete die zu bearbeitende Datei. Sie markierte die Überschrift und blätterte in den Ausdrucken auf der Suche nach etwas Verwendbarem.
    »Ich onaniere«, meinte Trude. »Das funktioniert in der Regel.«
    »Das macht einen doch nur noch wacher«, meinte Sissela.
    »Nicht, wenn man es schnell macht. Ich komme, gähne noch einmal ausgiebig und bin weg. Wie mit dem Holzhammer.«
    Anna hörte nicht zu. Sie hielt den Manuskriptstapel in der Hand und tat so, als würde sie sich auf ihre Arbeit konzentrieren, dabei verschwamm der

Weitere Kostenlose Bücher