Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bedrohung

Bedrohung

Titel: Bedrohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Kernick
Vom Netzwerk:
werden.«
    »Kommen Sie, machen wir einen Kompromiss«, sagte Fox, als sie neben dem Van standen, an dem vier bewaffnete Polizisten warteten. »Ich gebe Ihnen einen Namen – von jemandem, der heute garantiert dabei war. Nur um meinen guten Willen zu demonstrieren. Und dann erweisen Sie mir ein kleines bisschen Respekt und fesseln mir die Arme vorne. Sehen Sie doch all diese Polizisten, die zu meiner Bewachung abgestellt sind. Was sollte ich gegen die ausrichten?«
    Tina dachte darüber nach. Tatsächlich bestand der Konvoi aus ihr selbst und zwölf bewaffneten Kollegen. Das war mehr als genug, um Fox in Schach zu halten. Und wenn sie ganz ehrlich zu sich war, erkannte sie auch die Gelegenheit, ihm einen zweiten Namen zu entlocken, noch ehe das echte Verhör begonnen hatte.
    »Okay, spucken Sie’s aus.«
    »Cecil Boorman. Ehemaliger Soldat. Sehr zuverlässig. Er sollte schon im Stanhope mit dabei sein, nur hatte ihn leider eine Salmonellenvergiftung außer Gefecht gesetzt. Aber heute gehörte er zur Truppe, wenn auch nicht auf einem sehr hohen Level. Ein Fußsoldat eben.«
    Tina erinnerte sich, dass Bolt ihr gesagt hatte, Boorman wäre derjenige, an den sein Informant versucht hatte heranzukommen.
    »Und haben Sie Beweise, die das belegen?«
    »Genug.«
    Tina seufzte. Fox’ Wunsch nachzugeben widersprach all ihren Instinkten. Nun hatte er ihr allerdings bereits zwei nützliche Namen genannt – mehr als alles, was sie sonst in Erfahrung hatten bringen können.
    »Okay«, sagte sie. »Kommen Sie her.«

67
    21:20
    Die Hauptsache ist, wach zu bleiben. Wenn man die Augen schließt, und sei es nur für einen Moment, ist es vorbei. Dann stirbt man. Deshalb reden die Ärzte oder Sanitäter auch ununterbrochen auf einen ein, während sie auf Hilfe warten. Weil es die einzige Möglichkeit ist, einen Schwerverletzten am Leben zu erhalten.
    Aber wenn niemand mit einem redet, wird es hart. Verdammt hart.
    Ich hatte keine Ahnung, wie lange ich dalag. Eine Stunde? Zwei? Vielleicht länger. Ich versuchte, aus meinem Versteck zu kriechen; doch mit dem, was ich noch an Energie aufbringen konnte, kam ich kaum einen Meter weit. Nun war ich halb im Gebüsch, halb auf dem Parkplatz, zusammengerollt wie ein Fötus im Kies, in meinem eigenen Blut, das noch immer unablässig aus meinen Wunden tropfte. In der Wohnung der alten Frau, keine zwanzig Meter entfernt, sah ich Licht, aber es hätten genauso gut zwanzig Kilometer sein können, denn ich hatte keine Chance, mich ihr bemerkbar zu machen. Ich lag da, allein in der beißenden Kälte, und mobilisierte alle Reserven, um die nächste Minute durchzustehen, immer hoffend, jemand würde auf den Parkplatz kommen und mich finden.
    Ich erinnerte mich vage an zwei Männer, die vor einiger Zeit in einem Auto vor dem Haus gehalten hatten. Sie waren ausgestiegen und nach vorne zum Hauseingang gegangen, hatten aber anscheinend die Leiche meines Nachbarn nicht gesehen. Offenbar waren sie zurückgekehrt und weggefahren, denn ihr Wagen stand nicht mehr dort.
    Wie ich so dalag, erinnerte ich mich an meinen ersten Einsatz in Afghanistan. Unsere Einheit war etwa zehn Kilometer von der vorgeschobenen Operationsbasis in Süd-Helmand in einem alten, aus Ziegeln erbauten Fort stationiert. Eines Tages gingen wir auf Patrouille und gerieten prompt in einen 360-Grad-Hinterhalt. Einige Dutzend Taliban hatten uns von allen Seiten eingekreist, wir waren ihnen hoffnungslos unterlegen und flüchteten in einen Bewässerungsgraben. Während wir versuchten, uns im Nahkampf zu wehren, bemühte sich unser Funker, Luftunterstützung anzufordern, musste aber feststellen, dass das Funkgerät getroffen worden war. So saßen wir also im Niemandsland und kämpften ohne Hoffnung auf Rettung ums nackte Überleben, während uns Kugeln und Panzerabwehrgranaten um die Ohren flogen. Damals dachte ich: Okay, wenn ich schon sterben muss, dann wenigstens hier, im Kampf und umgeben von meinen Freunden. Der Adrenalinausstoß war unbeschreiblich. Etwas, was sich kein Zivilist vorstellen kann.
    Dann wurde auch noch unser Kommandant getroffen, Mike Travers, ein guter Kamerad, der stets die Ruhe bewahrte. Er befand sich nur drei Meter von mir entfernt, stürzte plötzlich ins knietiefe Wasser und fasste sich mit schmerzverzerrtem Gesicht an die Schulter. Ein paar Kameraden eilten ihm zu Hilfe, aber er schrie sie an, sich wieder in den Kampf zu stürzen. Das war typisch für ihn. Er wollte nicht, dass man seinetwegen Umstände machte. Doch

Weitere Kostenlose Bücher