Bedrohung
die Glock, sodass sie auf seine Brust zeigte.
»Und ich habe gesagt, es ist vorbei. Sie sind umstellt. Sie können nirgendwo mehr hin. Und denken Sie gar nicht erst dran, mich als Geisel zu nehmen. Das wird kein zweites Mal passieren.«
»Ich könnte Sie gleich hier erschießen.«
»Ich könnte Sie gleich hier erschießen«, gab sie zurück, musste aber ihre ganze Willenskraft aufbringen, damit die Pistole in der Hand nicht zitterte.
Aus dem Augenwinkel sah sie endlich durch die Bäume das Flackern der Blaulichter. Die Verstärkung war eingetroffen. Sie würden ihrer Spur durch den Wald folgen und jeden Moment da sein. Sie musste nur die Nerven behalten.
Und plötzlich wurden sie auch noch vom Suchscheinwerfer des Hubschraubers erfasst und in gleißendes Licht getaucht. Fox blinzelte kurz nach oben und schaute dann auf das Feld am Ende des Waldes, das etwa fünfzig Meter entfernt begann. Schließlich richtete er seinen Blick wieder auf Tina.
»Ich gehe nicht in den Knast zurück«, sagte er fast anklagend.
Sie sah, wie sich seine Verfassung änderte. Die Entschlossenheit war aus seinem Gesicht gewichen. Er wirkte jetzt beinahe nachdenklich. Er wägte eindeutig seine Möglichkeiten ab und kam, ob er wollte oder nicht, zu dem Schluss, dass er keine mehr hatte.
»Es müssen nicht dreißig Jahre im Hochsicherheitstrakt sein«, sagte sie ihm. »Wir können uns immer noch arrangieren.«
Dieses Mal lächelte er gequält.
»Nein, ich glaube, dafür ist es jetzt zu spät – denken Sie nicht auch?«
»Wenn Sie mit uns kooperieren, kann etwas für Sie dabei herausspringen.«
»Nein, für mich nicht mehr.«
»Geben Sie mir die Namen von Leuten, die wir haben wollen, Fox. Was sind Sie denen schuldig? Nichts. Die haben nicht endlose Jahre Knast vor sich. Aber wünschen nichts mehr, als Sie am ausgestreckten Arm verhungern zu lassen. Nun machen Sie schon. Hören Sie auf, die Hintermänner zu decken. Denken Sie an sich.«
Fox schüttelte den Kopf.
»Sie verstehen gar nichts, was? Ich kämpfe für eine Sache. Habe ich immer, werde ich immer. Und diese Sache wird lebendig sein, lange nachdem ich tot bin. Ich werde nicht die Leute verraten, die immer noch dafür kämpfen.«
»Schwachsinn. Es ist vorbei. Kapieren Sie das nicht? Sie haben versagt. Ihre Freunde haben versagt.«
Er sah sie an und verzog den Mund zu einem höhnischen Grinsen. Tina stellte sich vor, wie er mit diesem Grinsen auf den Lippen auch die Geiseln im Stanhope abgeschlachtet hatte. »Da irren Sie sich. Wir haben eben erst angefangen. Und wenn Sie das nächste Mal von uns hören, dann von einem Ort aus, von dem Sie es am wenigsten erwartet hätten. Sie werden gar nicht wissen, dass wir da sind.«
Seitlich konnte Tina jetzt eine vorrückende Reihe schwarz uniformierter Cops erkennen, die sich ihnen mit schussbereiten Waffen vorsichtig näherten.
»Das ist Ihre letzte Chance, Fox. Reden Sie mit mir, und wir werden einen Weg finden.«
Je näher die Cops kamen, desto langsamer wurden sie. Sie befanden sich jetzt knapp außerhalb des Lichtkreises des Scheinwerfers und hatten ihre Waffen ausnahmslos auf Fox gerichtet.
»Polizei, Waffe fallen lassen!«, rief einer, der sich Mühe geben musste, das Knattern zu übertönen.
Doch Fox’ Miene blieb ungerührt. »Wenn ihr euch nicht zurückzieht, erschieße ich sie.« Sein Finger spannte sich um den Abzug, und er sah Tina herausfordernd an.
In diesem Moment verband sie beide eine steinerne Kälte. Tina begriff, dass es ihm egal war, dass ein halbes Dutzend Waffen, darunter auch ihre Glock, auf ihn gerichtet waren. Vielleicht wollte er sie sogar provozieren, sie zu benutzen.
»Ihr habt fünf Sekunden!«, schrie Fox. »Legt eure Waffen nieder, und zieht euch zurück, sonst erschieße ich sie.«
Keiner der Cops bewegte sich.
Tina schluckte. Die Mündung von Fox’ Pistole war keine zwei Meter von ihr entfernt. Am Abzug ein skrupelloser, verzweifelter Mann, der nichts mehr zu verlieren hatte. Ein Mann, der lieber den spektakulären Abgang wählte, als für den Rest seines Lebens hinter Gittern zu verrotten. Und wer wollte es ihm verdenken? Auch sie würde in seiner Lage den schnellen Tod vorziehen. Mit dem alles ein Ende hätte. Aber im Moment konnte Fox sie genauso gut einfach abknallen und dann seinen schnellen Tod aus den Waffen ihrer Kollegen empfangen.
»Fünf!«, rief er mit erschreckender Entschlossenheit.
Tina wusste, die Polizisten würden nicht schießen, solange er nicht einen von ihnen direkt
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