Bedrohung
wieder zu Hochform aufgelaufen und hatte seine Flucht aus dem Gefängnis minutiös geplant.
Der Hinterhalt hatte perfekt funktioniert. Alle Cops waren entweder tot oder so schwer verletzt, dass sie keine ernsthafte Gegenwehr mehr leisten konnten. Allerdings bezweifelte er, Tina Boyd erwischt zu haben, was schade war. Mit Vergnügen hätte er ihr eine Kugel verpasst. Gar nicht mal so sehr, weil sie entscheidend dazu beigetragen hatte, dass der Anschlag auf das Stanhope am Ende scheiterte. Sondern eher, weil es sportlich gesehen ehrenvoll war, eine solche Polizei-Ikone auszuschalten, eine Frau, die einen unglaublichen Überlebenswillen besaß und erstklassige Arbeit leistete. Immerhin hatte er ihr eine schwere Niederlage zugefügt. Und allein das zählte. Er hatte sie alle besiegt.
In zehn Metern Entfernung konnte er die schwarz gekleidete Gestalt eines seiner Befreier erkennen. Er lag am Boden und hielt sich das Bein, das Gesicht mit Camouflage-Schminke schwarz gefärbt. Fox war gesagt worden, dass mindestens drei Mann zu dem Team zählen würden, aber im Augenblick konnte er nur den einen ausmachen.
»Hilf mir endlich, verdammt«, keuchte der Schütze, als Fox in der Deckung des Unterholzes auf ihn zulief.
Fox erkannte den harten nordirischen Akzent sofort. Das war Cecil Boorman, dessen Namen er vorhin an Tina verraten hatte. Er würde niemanden mehr etwas nützen, nicht nachdem er angeschossen worden war.
Cecil setzte sich auf und streckte Fox eine Hand entgegen.
Fox packte sie und zog ihn hoch. »Gute Arbeit«, sagte er, »besten Dank auch.« Gleichzeitig hob er die Glock des toten Cops und jagte Cecil seine letzte Kugel ins linke Auge.
Noch während Cecil rückwärts nach hinten fiel, zog Fox ihm dessen Pistole – eine halbautomatische Browning – aus dem Hosenbund, drehte sich um und lief durchs Gebüsch auf die Spitze des Konvois zu. In vielerlei Hinsicht war dies der gefährlichste Teil der Operation. Wenn seine Befreier vorhatten, ihn zu töten, dann würden sie es jetzt versuchen.
Links von sich hörte er ein Geräusch. Der Mann, der aus dem Unterholz gestürzt kam, mochte sein Gesicht ebenfalls schwarz gefärbt haben, doch Fox erkannte ihn sofort. Cain. Diese blassen, toten Augen würde er überall erkennen. Durch ihre Zugehörigkeit zur Bruderschaft kannten sie sich inzwischen lange genug, aber ihre Beziehung war stets mehr von Rivalität denn von Kameradschaft geprägt gewesen. Fox hatte keinen Zweifel, dass Cain ihm, wenn es sein musste, ohne mit der Wimper zu zucken, eine Kugel in den Kopf jagen würde.
Doch Cains Pistole baumelte locker an der Seite. Für den Augenblick wenigstens führte er also nichts im Schilde.
Dennoch ließ Fox, als sie voreinander standen, den Finger am Abzug der Browning.
Einen Moment lang herrschte Stille zwischen den beiden Söldnern, dann grinste Fox breit.
»Ich wusste, du schaffst es.«
»Ich verspreche nie etwas, das ich nicht halten kann«, erwiderte Cain mit der für ihn typischen humorlosen Selbstgerechtigkeit, die Fox sofort wieder ins Bewusstsein rief, warum er den Mann nicht leiden konnte. »Hast du Cecil gesehen?«
»Er hat eine Kugel ins Bein bekommen. Ich musste ihm den Gnadenschuss geben.«
Cain nickte grimmig. »Wir müssen los. Gleich wird es hier von Bullen wimmeln. Der Wagen steht da drüben.«
Er wandte sich um und lief durch den Wald, Fox folgte ihm.
»Hast du sonst keine Männer mitgebracht?«, fragte Fox.
»Nein, nur noch wir beide«, erwiderte Cain. Sie stießen auf einen schmalen, aber geteerten Feldweg. Dort stand ein schwarzer 5er BMW . Cain lief zur Fahrerseite und stieg ein.
Als Fox sich neben ihn setzte, konnte er weder Sirenen noch sich nähernde Hubschrauber hören. Cain ließ den Motor an. Fox überlegte kurz, Cain auf der Stelle zu erledigen, seinen Körper aus dem Wagen zu werfen und alleine loszufahren. Das wäre eine saubere Sache und würde allen möglichen Problemen, die noch auftauchen konnten, falls Cain ihn zu hintergehen versuchte, einen Riegel vorschieben. Aber er entschied sich dagegen. Besser erst ein paar Kilometer zwischen sich und das Massaker bringen.
Cain ließ den Motor aufheulen, bog in die Straße ein und zog nach rechts, weg vom Konvoi. Hinter ihnen schossen die Flammen aus dem Führungswagen und beleuchteten die Leichen zweier Cops. An einem der beiden züngelten ebenfalls die Flammen. Cain gab Gas und beschleunigte den BMW auf hundertvierzig. Fox wurde in den Sitz gepresst und von einem unglaublichen
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