Bedrohung
abzuwenden.
»Freut mich, Sie kennenzulernen, Mr. Jones.«
»Jones reicht«, erwiderte ich. »Und wer sind Sie?«
»Mein Name ist Cain.« Seine Stimme war erstaunlich tief und sonor. »Cecil hat mir berichtet, was mit Ihnen geschehen ist. Dass man Sie fertiggemacht hat, weil Sie so einem Typen die gerechte Strafe haben zuteilwerden lassen. Typisch für dieses Land.«
»Tja, genutzt hat es mir nichts.«
»Es hat niemandem etwas genutzt.« Er sah mich scharf an, und ich glaubte, die Vene unter seiner Haut pochen zu sehen. »Sie können von Glück sagen, dass Sie nur ein Jahr eingefahren sind.«
Das war meine Schwachstelle. Die Strafdauer. »Lange genug. Besonders für einen ehemaligen Cop. Ich war nicht gerade der beliebteste Typ im Trakt.«
»Das glaube ich gern.« Er deutete auf den Seesack, den Cecil hielt. »Wie viel haben wir erbeutet?«
»Wir haben’s noch nicht gezählt«, meinte Cecil. »Sieht aber aus, als wär’s ’ne ganze Menge.«
Er reichte den Sack an Cain, der uns bedeutete, ihm in die Scheune zu folgen.
Drinnen stellte Cain den Sack auf eine der Öltonnen und öffnete ihn. Es war eine riesige Menge gebündelter Scheine, und Cain begann sofort, sie zu zählen. Die fertigen Bündel deponierte er auf einer der anderen Tonnen. Ich bin kein gieriger Mensch, aber dennoch überkam mich eine Woge der Erregung, als ich das ganze Geld sah. Offenbar hatte LeShawn stets darauf bestanden, dass das Geld schon bereitlag, wenn er es abholen kam.
»Was ist da draußen passiert?«, wollte Cain wissen, während er die Scheine stapelte. Ich zählte ebenfalls und hatte bereits neunzig Riesen zusammen.
»LeShawn wollte nicht mitspielen«, sagte Cecil. »Er wollte Jones die Waffe entreißen. Wir mussten ihn abknallen.«
»Wer hat geschossen?«
»Ich.«
»Wie kommt es, dass Sie nicht geschossen haben, Jones?«
»Ich hatte keine Gelegenheit.«
Cain warf mir einen fragenden Blick zu. Seine Augen waren wässrig grau, sie strahlten Entschlossenheit und Scharfsinn aus.
»Ich habe einen Streifenwagen unter Beschuss genommen«, erklärte ich.
Cain verzog die Lippen zur Andeutung eines Lächelns. Er zählte immer noch. Inzwischen waren wir bei hundertvierzigtausend.
»Ich entschuldige mich für die Geheimniskrämerei. Aber Sie waren Polizist, und wir müssen vorsichtig sein, wem wir trauen.«
»Nun denn, dank dessen, was vor einer Stunde passiert ist, bin ich jetzt ein bewaffneter Krimineller und in einen Mord verwickelt. Ich schätze, damit dürfte ich wohl vertrauenswürdig sein.«
Noch während ich das sagte, durchfuhr es mich, dass ich nun genau so geworden war wie die Verbrecher, die ich versucht hatte, hinter Gitter zu bringen. Ich hatte dem bewaffneten Überfall nur zugestimmt, weil ich davon ausging, er würde reibungslos ablaufen, doch nun hatte ich mich tief in die Scheiße geritten.
»Sie sind kein Straßenräuber, Jones. Sie sind ein Soldat, der für eine gute Sache Geld von Leuten eintreibt, denen es nicht zusteht. Das ist ein gewaltiger Unterschied.«
Inzwischen war er fertig mit dem Zählen. Zweihundertfünfundzwanzig Riesen und ein paar kleine Scheine.
»Cecil hat Ihnen erklärt, wie es aufgeteilt wird. Fünfzehn Riesen für jeden von euch.«
Ich nickte. »Ihr Anteil ist ziemlich groß.«
»Tja. Erstens habe ich die Sache geplant. Und zweitens: Das Geld ist nicht für mich.«
Ich sah ihn unverwandt an. »Wir hätten vorhin etwas Unterstützung gebrauchen können. Der Grund, warum es schiefging, ist, dass wir nur zu zweit waren. Zu dritt wäre es um einiges glatter gelaufen.«
»Ach, lass stecken, Jones«, mischte sich Cecil ein. »Als du eingestiegen bist, wusstest du, worum es geht.«
»Genau da liegt das Problem«, sagte ich, immer noch an Cain gerichtet. »Ich weiß eben nicht, worum es geht. Cecil sagte nur, es gebe da eine Möglichkeit für mich, etwas Geld zu verdienen und die Regierung zu bekämpfen. Aber bisher habe ich nur meinen Hals riskiert und mich zum Mitverantwortlichen eines in aller Öffentlichkeit erfolgten Mordes gemacht. Und das zum Preis eines Mittelklassewagens.«
Ich zeigte auf das Geld. »Also? Wohin geht das hier?«
Cain und Cecil sahen sich an. Dann wandte Cain sich wieder an mich. »Machen wir einen Spaziergang.«
Ich folgte ihm nach draußen. Neben der Scheune erstreckte sich ein brachliegendes Feld, hinter dem sich eine Baumreihe erhob. Wir gingen darauf zu.
»Wir befinden uns im Krieg, Jones. Und im Krieg benötigt man Waffen. Hast du von den
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