Bedrohung
gehörten. Cecil war ein knallharter Typ und ein eiskalter Killer, aber belastende Beweise fehlten noch.
Ich hätte Nein sagen können. Hätte es auch tun sollen. Ich hatte keinerlei Verpflichtung mehr, Bolt zu helfen. Ich hatte meine Strafe abgesessen, er würde mich nicht wieder einsperren können. Aber was sollte ich sonst tun? Ich war ein ehemaliger Häftling, unehrenhaft aus der Met entlassen. Meine Vorstrafe hinderte mich daran, zum Militär zurückzukehren, und überdies hatte meine Frau mir den Laufpass gegeben. Ich zählte zum Bodensatz der Gesellschaft und hatte keine Zukunft mehr. Für Bolt zu arbeiten würde mir wenigstens etwas Aufregung verschaffen.
Meine Aufgabe lautete schlicht: Finde heraus, was Cecil vorhat und für wen er arbeitet.
Damals hatte er eine Security-Firma, die die Türsteher von Clubs im Norden Londons und manchmal auch Leibwächter stellte, deshalb fragte ich ihn, ob er einen Job für mich hätte. Wir hatten uns zwar fünf Jahre nicht gesehen, verstanden uns aber auf Anhieb wieder prächtig. Es fiel mir leicht, ihn von meinen rechtsradikalen Ansichten zu überzeugen, die ich durch meine harte Zeit im Gefängnis entwickelt hätte. Auch dass ich, wenn sich die Gelegenheit böte, ebenso gut für andere, lukrativere und illegale Aktivitäten bereitstünde.
Ich merkte schnell, dass er in eine ziemlich üble Geschichte verwickelt war, aber genau wie Fox hielt er sich äußerst bedeckt. Deshalb machte ich den klassischen Fehler und kompromittierte mich bei dem Versuch, sein Vertrauen zu gewinnen.
Mit dem Raubüberfall glaubte ich, alles geregelt zu kriegen. Wir würden einen verkommenen Drogendealer ausrauben, ihn ordentlich einschüchtern und mit einem stattlichen Sümmchen Bargeld abziehen, wissend, dass er nie und nimmer zur Polizei gehen würde. Aber Sie kennen ja den Rest. Und plötzlich steckte ich tief in der Scheiße. Wenn Cecil einfuhr, würde er mich mit hochgehen lassen.
Ich überlegte, ob ich Bolt einweihen sollte. Schließlich sah ich ein, dass ich keine andere Wahl hatte. Ich musste das bis zum Ende durchziehen und meine Karten richtig ausspielen. Dann würde Cecil, falls sie ihn denn erwischten, keine Ahnung haben, dass ich es war, der ihn verraten hatte.
Ich musste es nur anleiern.
19
12:15
Als Bolt das kleine Café passierte, erhob sich sein Informant, Richard Burnham-Jones, der draußen an einem der Tische unter dem Heizpilz gesessen hatte, und trottete neben ihm her. Er trug Jogging-Klamotten und hielt eine Flasche Wasser in der Hand. Jones war groß, fast so groß wie Bolt, mit dichtem schwarzem Haar und ebenmäßig ziselierten Gesichtszügen, die durch die dünne, gezackte Narbe, die sieben Zentimeter über seinem linken Auge verlief, eher betont denn verunstaltet wurden. Die Narbe stammte von einem Splitter aus der Schädeldecke eines Kameraden, der einen Kopfschuss abbekommen hatte.
Nebeneinander gingen sie durch den Park.
»Also?«, fragte Bolt, ohne ihn anzusehen.
»Ich bin drin. Cecil hat mich einem Typen namens Cain vorgestellt, der offensichtlich der Boss ist. Cain will, dass ich für ihn arbeite, und zahlt gutes Geld. Zuerst soll ich ihn heute Nachmittag zu einem Treffen begleiten. Als eine Art Bodyguard, wenn ich ihn richtig verstanden habe.«
Himmel, dachte Bolt. Und das alles an einem Tag. Seit einem Jahr setzte er Jones als Informant ein, und bislang hatte er praktisch nichts geliefert. Und jetzt kam der Durchbruch ausgerechnet an dem Tag, an dem London von einem Terroranschlag erschüttert wurde.
»Hast du ein Foto von ihm geschossen?«
»Nein.«
»Warum nicht? Dafür hast du die Kamera.«
Vor einem Monat hatte Bolt ihm eine Basecap von Nike gegeben, in deren Logo eine winzige Kamera eingearbeitet war. Um ein Foto zu machen, musste man nur einen der Knöpfe am Verschluss drücken, was problemlos durch Zurechtrücken oder Kratzen möglich war.
»Zu riskant. Cecil hat mich vor dem Treffen gefilzt, und ich habe Ihnen schon mal gesagt, dass ich in meinem ganzen Leben noch keine Baseballmütze getragen habe. Cecil wäre das aufgefallen, und wenn er die Kamera entdeckt hätte …«
»Das hätte er nicht; sie ist zu klein.«
»Aber genau nach solchen Dingern sucht er. Cecil weiß, was er tut. Und er ist total paranoid. Wenn er sie gefunden hätte, hätte er mich umgelegt.«
Bolt musste zugeben, dass Jones recht hatte. Cecil Boorman war ein schwieriger Fall. Der ehemalige Soldat hatte gelegentlich mit mehreren in den Stanhope-Anschlag
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