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Bedrohung

Bedrohung

Titel: Bedrohung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Kernick
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paar Minuten später in der Ankunftshalle ausspuckten, wo sie sich in eine noch längere und chaotischere Schlange einreihen mussten.
    Glücklicherweise hatte es Voorhess nicht eilig. Im Gegensatz zu dem Mann neben ihm, einem kahlköpfigen Australier in einem Maßanzug. Ständig wiederholte er, was für eine Unverschämtheit es war, so behandelt zu werden, und dass dies das letzte Mal sei, dass er über Heathrow einreise. Ein paar andere Passagiere murmelten zustimmend, andere dagegen flüsterten leise über die Bombenattentate, die heute Morgen London heimgesucht hatten. Voorhess schaute nur freundlich geradeaus. Er wurde für die Wartezeit hier bezahlt und hatte keinen Grund, sich aufzuregen.
    Es dauerte fast eine Stunde, bis er endlich die Passkontrolle erreichte. Er ließ seinen Blick über die Kabinen schweifen und stellte amüsiert fest, dass sie fast allesamt mit Asiaten besetzt waren. Als käme man in Neu-Delhi an.
    Die einzige Weiße – eine griesgrämig dreinschauende Lady mit herabhängenden Mundwinkeln und wachsamen Augen – inspizierte Voorhess’ irischen Pass. Das Dokument war eine Fälschung, aber eine nahezu perfekte. Der Rohling stammte aus dem irischen Passbüro, und es war ausgeschlossen, dass die Beamtin oder der Computer es bemerkten. Während die Dame den Pass überprüfte, sah Voorhess sie mit der freundlichen Ausdruckslosigkeit an, die er gerne in der Öffentlichkeit aufsetzte. Er war groß, breitschultrig und hatte immer eine beeindruckende Wirkung, die nur durch den dichten schwarzen Lockenkopf, die jungenhaften Sommersprossen und die grünen – irischen – Augen, die ihm seine Mutter hinterlassen hatte, ein wenig gestört wurde. Die hünenhafte Statur hatte er von seinem Vater, einem burischen Farmer, der es irgendwie geschafft hatte, Voorhess’ Mutter zu überreden, mit ihm am Ostkap auf einer Farm am Arsch der Welt zu leben.
    Die Frau reichte ihm den Pass mit einem zögerlichen »Danke« zurück; ihr Ton verriet dabei deutlich, dass sie ihm absolut nicht dankte, doch Voorhess eilte schon auf den Nichts-zu-verzollen -Ausgang zu, wo er sich unter die vielen anderen mischte, die durch den schmalen Korridor drängten. Nur eine Handvoll Zöllner beobachtete die Ankömmlinge, aber hinter den getönten Scheiben über dem Ausgang observierten noch weitere Beamte den nicht abreißenden Strom, das wusste er.
    Die letzte Verteidigungslinie gegen die üblen Subjekte. Wenn man diese Tür passierte, war man im Land und konnte untertauchen, wie es einem beliebte. Trotzdem schien es, als würden sie jeden hereinlassen, sogar Voorhess, was, von ihrer Seite aus betrachtet, ein folgenschwerer Fehler war. Denn heute zählte er zu den üblen Subjekten. Er war eingereist, um eine Tat zu verüben, die – zumindest für eine kurze Zeitspanne – die Aufmerksamkeit der Welt erregen und Angst und Schrecken verbreiten würde.
    Der Gedanke störte ihn nicht. Voorhess war Profi. Er erledigte, wofür er bezahlt wurde, und die, die seine Dienste in Anspruch nahmen, wussten, dass er, solange das Geld stimmte und das Risiko überschaubar war, ihre Anordnungen zuverlässig ausführen würde. Es war ihm schon immer leichtgefallen zu töten, weil er den Gedanken ausblenden konnte, dass die Getöteten menschliche Wesen waren. Er tötete sie einfach. Weiter nichts.
    Er erinnerte sich an sein erstes Mal. Damals, 1982, war er ein junger Rekrut in der südafrikanischen Armee gewesen, die in Angola die marxistische SWAPO bekämpfte. De Koch, der Captain seiner Einheit, hatte ihn für einen Weichling gehalten. Vielleicht wegen seines jungenhaften Gesichts und dieser leuchtend grünen Augen. Die meisten trauten ihm deshalb nicht viel zu.
    Eines Morgens durchquerten sie während einer Routine-Patrouille auf einer schmalen Straße einen Wald, als ihnen plötzlich eine SWAPO -Patrouille entgegenkam. Beide Seiten waren völlig überrascht, und einen Augenblick lang blieben alle erschreckt stehen. Voorhess spürte keine Furcht. Nur einen unglaublichen Adrenalinstoß. Er sah auch keine Menschen. Er sah Ziele. Und war der Erste, der reagierte. Noch bevor De Koch und seine Kameraden die Waffen hochbekamen, hatte er drei Gegner niedergemäht. Jeden mit zwei Schüssen in die Brust, sodass sie auf der Stelle tot waren.
    Und das hatte er seitdem regelmäßig wieder getan, zunächst für die Armee und schließlich auf eigene Rechnung.
    Am Abend zuvor hatte ihm ein Kunde eine Mail geschickt, in der er ihm mitteilte, dass auf der dritten

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