Bedrohung
war. Die Bombe war explodiert, als sie gerade die Straße überquerte – die Druckwelle und ihre instinktive Reaktion hatten sie aufs Pflaster geworfen. Jetzt drehte sie sich um und sah, dass der erste Stock von Butts Haus in Flammen eingehüllt war. Dichte Rauchschwaden quollen aus den geschwärzten Fenstern. Ziegel sowie große und kleine Brocken Mauerwerk lagen auf der Straße vor dem Haus verstreut, einige Holzteile brannten noch. Tina war froh, dass sie nicht getroffen worden war.
Doch dann fiel ihr Blick auf eine Gestalt, die vor dem Gartenmäuerchen lag.
Scheiße, Mike .
Von Panik erfasst rannte sie zu ihm und kniete neben ihm nieder. Er hatte die Augen geschlossen, und am Hinterkopf hatte er eine Wunde, aus der Blut tropfte. Tina konnte nicht erkennen, wie tief sie war. Sie rief immer wieder seinen Namen, obwohl sie sich selbst kaum hörte, weil sie noch halb taub war. Dabei wurde ihr bewusst, wie stark ihre Gefühle für ihn waren.
Als er schließlich die Augen aufschlug und sie ansah, überkam sie der Drang, sich hinabzubeugen und ihn zu küssen.
»Bist du in Ordnung?«, fragte sie und zwang sich, die Verzweiflung in ihrer Stimme zu unterdrücken.
»Ich schätze, ja.«
Er versuchte aufzustehen, aber seine Beine gaben nach. Er fiel gegen Tina, die es schaffte, ihn zu halten, obwohl er sie fast umgerissen hätte.
»Okay, okay, ich hab dich.« Sie drehte sich um, rief um Hilfe; ein paar CO19-Kollegen kamen herbeigelaufen, gefolgt von zwei Sanitätern, die sich mit einer Trage abmühten.
»Scheiße, tut mir der Kopf weh«, sagte Bolt, als die Männer ihn mit vereinten Kräften auf die Trage legten.
»Keine Sorge«, sagte einer der Sanitäter. »Wir bringen Sie sofort ins Krankenhaus.«
Als sie die Trage hochhoben, schüttelte Bolt den Kopf. »Niemals.« Er blinzelte gegen die Schmerzen an. »Behandelt mich hier. Ich habe keine Zeit fürs Krankenhaus.«
Die Sanitäter machten keine Anstalten, ihn abzusetzen.
»Ich würde tun, was sie sagen, Mike«, meinte Tina, die neben ihm herging. Am liebsten hätte sie seine Hand gehalten, aber das hätte merkwürdig ausgesehen. Auf jeden Fall schien er Hilfe zu brauchen.
»Mir geht’s gut«, sagte er. Er versuchte sich aufzusetzen, schaffte es aber nicht.
Der Sanitäter wollte etwas einwenden, doch Bolt unterbrach ihn, weil er sich zur Seite beugte und sich übergab. Der Schwall verfehlte nur knapp Tinas Füße.
In diesem Moment klingelte sein Handy, das im Jackett steckte. Verwirrt, als hätte er Schwierigkeiten, klar zu sehen, schaute er Tina an. »Kannst du rangehen?«
Sie nickte und zog das Handy aus seinem Jackett. Dann schoben ihn die Sanitäter in den Krankenwagen.
»Mike Bolts Telefon. Tina Boyd am Apparat.«
»Commander Ingrams aus der CTC -Zentrale. Was ist los bei euch?«
Tina berichtete ihm von der Sprengfalle.
»Wie schwer ist Mike verletzt?«, fragte Ingrams, der aufrichtig besorgt schien.
»Ich glaube, er hat eine Gehirnerschütterung, aber er ist bei Bewusstsein und kann einigermaßen klar denken. Sie haben ihn gerade in den Krankenwagen geschoben. Haben wir den Verdächtigen im Pajero schon geortet?«
»Nein. Wir ziehen einen aufwendigen Sicherheitskordon um die gesamte Gegend, aber bisher haben wir noch keine Spur von ihm.«
Ingrams atmete hörbar ein und aus. »Und wir haben ein weiteres Problem. In dem Gefängnis, in dem Fox einsitzt, tobt eine Meuterei. Ein Trakt ist komplett in der Hand der Häftlinge, und in einem zweiten sind Unruhen ausgebrochen.«
Tina dachte an das Gespräch, das sie mit dem Wärter geführt hatte. Thomson war sein Name. Er hatte das Gefängnis als Pulverfass beschrieben, das nur deshalb nicht explodierte, weil die Häftlinge mitspielten. Damit schien nun Schluss zu sein.
»Ist Fox okay?«, fragte sie.
»Ja, die Unruhen sind zwar in seinem Block ausgebrochen, aber die Wärter konnten ihn rausschaffen. Offenbar hat es einen zweiten misslungenen Anschlag auf ihn gegeben. Er ist unverletzt geblieben; allerdings hört es sich so an, als hätte er Glück gehabt.«
»Er hat mir gesagt, dass das passieren würde. Das ist kein Zufall.«
»Ich weiß«, erwiderte Ingrams. »Garrett hat Ihnen doch den Deal angeboten, dass er die Hintermänner der heutigen Anschläge preisgibt, wenn man ihn an einen sicheren Ort bringt, ja?«
»Darauf läuft es hinaus.«
»Wir sind dabei, seinen Transfer zu organisieren. Wie Sie sich vorstellen können, ist das eine hochsensible Geschichte, angesichts der heutigen Ereignisse.
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