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Befehl von oben

Befehl von oben

Titel: Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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ledergebundenes Klemmbrett, doch das würde er jetzt noch nicht herausnehmen. Der Flug wurde rechtzeitig angekündigt, und er ging zur Fluggastbrücke und fand rasch seinen Platz vorn in der 747. Das Flugzeug war nur zur Hälfte besetzt, und das war sehr komfortabel. Kaum hatte der Flieger abgehoben, holte er sein Klemmbrett heraus und fing an, alle Bilder aufzuzeichnen, die er vorher nicht dem Papier hatte anvertrauen wollen. Wie üblich half ihm dabei sein fotografisches Gedächtnis, und er arbeitete drei Stunden durch, bis er sich mitten über dem Atlantik seinem Bedürfnis nach Schlaf überließ. Er vermutete zu Recht, daß er ihn brauchen würde.

29
    Vollzähliges Gericht
    Kealty wußte, es könnte sein letzter Schuß sein. Am Abend zuvor hatte er seine noch verbliebenen Pressekontaktleute – die verläßlichen – hergerufen. Einige hatten nicht direkt abgesagt, aber zumindest eine diskrete Distanz gewahrt in ihrer Ungewißheit, doch die meisten hatte er ohne Schwierigkeiten hellhörig gemacht, und seine zweistündige Mitternachtssitzung hatte er mit ein paar Schlüsselworten und mit Sätzen anberaumt, von denen er wußte, daß sie ihre berufliche Empfänglichkeit ansprachen. Danach mußte er nur noch die Regeln festlegen. Es wäre alles nur Hintergrundinformation, und keinesfalls wolle er namentlich erwähnt oder zitiert werden. Die Reporter willigten natürlich ein.
    »Es ist ganz schön beunruhigend. Das FBI hat den ganzen oberen Stock im Außenministerium Lügendetektor-Tests unterzogen«, sagte er ihnen. Sie hatten es gehört, aber nicht bestätigt bekommen. Dies dürfte als Bestätigung reichen. »Aber schlimmer noch, sehen wir uns die Weichenstellung an. Verteidigung wird ausgebaut unter diesem Typ Bretano – ein Kerl, der im militärisch-industriellen Komplex aufgewachsen ist. Er sagt, er möchte alle Absicherungen im Beschaffungssystem über Bord werfen, die Aufsicht des Kongresses kappen. Und George Winston, was hat der vor? Das Steuersystem zugrunde richten, es regressiver machen, Kapitalertragssteuer komplett abschaffen – und wozu? Um die Steuerbelastung des ganzen Landes der Mittel- und Arbeiterschicht aufzuhalsen und den großen Tieren eine Freifahrt zu gewähren, deshalb.
    Ich hielt Ryan noch nie für einen professionellen Politiker, nie für das Präsidentenamt geeignet, aber ich muß ehrlich sagen, so was hab' nicht mal ich erwartet. Er ist ein Reaktionär, eine radikaler Konservativer – ich bin nicht sicher, was Sie ihn nennen würden.«
    »Sind Sie wegen der FBI-Sache sicher?« fragte die New York Times.
    Kealty nickte. »Absolut, hundert Prozent. Ihr meint, ihr Kerle habt nicht – ach kommt, macht ihr denn nicht euren Job?« fragte er müde.
    »Mitten in einer Nahost-Krise hetzt er das FBI unseren Top-Leuten an den Hals, um sie zu beschuldigen, daß sie einen Brief gestohlen hätten, den es nie …«
    »Und nun«, setzte Kealtys Bürochef drauf, zum Anschein unterbrechend, »steht noch die Washington Post kurz davor, mit einem Machwerk Ryans Heiligsprechung zu betreiben.«
    »Jetzt mal halblang«, sagte der Reporter der Post, der sich aufrichtete.
    »Das kommt von Bob Holtzman, damit hab' ich nichts zu tun. Ich hab' meinem AME gesagt, daß es keine gute Idee ist.«
    »Wer hat was durchsickern lassen?« fragte Kealty.
    »Ich hab' keine Ahnung. Bob gibt nie was preis. Das wissen Sie.«
    »Und was macht Ryan mit dem CIA? Er will das Directorate of Operations – also die Spione – verdreifachen. Genau, was das Land braucht, nicht? Was stellt Ryan an?« fragte Kealty rhetorisch. »Er stockt die Verteidigung auf. Schreibt die Steuergesetzgebung für die fetten Haie um. Und führt den CIA wieder in die Zeit des Kalten Krieges. Wir gehen voll zurück in die fünfziger Jahre – warum?« wollte Kealty wissen.
    »Warum tut er das alles? Was denkt er sich dabei? Bin ich der einzige in dieser Stadt, der Fragen stellt? Wann werdet ihr euren Job erledigen?
    Er versucht, den Kongreß einzuschüchtern, und kommt damit durch, und wo bleiben die Medien? Wer beschützt die Bevölkerung draußen im Lande?«
    »Was wollen Sie damit sagen, Ed?« fragte die Times.
    Die frustrierte Geste wurde mit vollendetem Geschick vollführt. »Ich stehe hier im eigenen politischen Grab. Ich habe dabei nichts zu gewinnen, aber ich kann einfach nicht dabeistehen und nichts tun. Auch wenn Ryan die ganze Regierungsgewalt hat, ich kann nicht zulassen, daß er mit seinen Kumpeln die Regierungsmacht in wenigen

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