Begegnungen (Das Kleeblatt)
Betonung.
„Ich habe mich um Suse gekümmert“, fauchte Matthias zurück. Sein eiskalter Blick brannte sich in Ossis Augen, während er gleichzeitig einen seiner farbenfrohen Flüche vom Stapel ließ.
Unwillkürlich schüttelte sich der kleinere der beiden Freunde. „Ah-ja.“
„Nur zur Erinnerung: Suse ist die Frau, die mit dir in dieser Wohnung lebt und dich bis zur Selbstaufgabe liebt. Und die dich hoffentlich bald zum Teufel jagen wird, wenn du weiterhin über die Maßen säufst und sie vernachlässigst.“
„ Och .“ Ossi kratzte sich umständlich im Nacken. Ja, jetzt erinnerte er sich tatsächlich wieder. Da lag ihm ständig jemand mit nervenden Sprüchen von Liebe und gemeinsamer Zukunft in den Ohren. Suse also.
„Nimm die Finger von ihr, Alter! Sie g’hört mir. Mir. Ganz allein. Meine Frau.“ Um seinen Worten das notwendige Gewicht zu verleihen, tippte er sich an die Brust und brachte sich damit erneut ins Wanken. Allerdings hatte er es sich bereits im nächsten Moment anders überlegt, denn er machte seinem Freund ein großzügiges Friedensangebot. „Ich glaub, Sanni is’ ohne mich besser dran. Níl mé sách maith aice . Ich hab niemanden verdient. Bring allen Unglück. Nich’ mal meine … meine Eltern wollten mich.“
„Quatsch nicht so dussliges Zeug! Suse interessiert deine Her kunft nicht im Geringsten.“
„Das soll ’s aber. Is’ besser für sie.“
„Es kümmert sie genauso wenig, wie es deine Freunde interessiert, wer oder was deine Eltern waren.“
„Weil ich ihr gleichgültig bin.“
„Grundgütiger, weil sie dich liebt, du Döskopp! Hol sie zurück! Und dann halt sie fest.“
„Hab Dank f ür deinen unerbetenen Rat, edler Freund. Darauf kann ich versss… ver-s-zisch …“ Ossi winkte ungeduldig ab. „Nimm du sie.“
„ Póg mo thoin! “ Matthias erdolchte seinen Freund mit einem messerscharfen Blick. „Halt endlich die Klappe, du verfluchter Narr! Du weißt doch überhaupt nicht, was du redest!“
Mitleid regte sich in ihm, als er Ossi beobachtete, der angestrengt schluckte und sich die Hand vor den Mund presste.
„Mensch, Junge, lass dich jetzt bloß nicht hängen!“ Mit einem großen Schritt war Clausing an seiner Seite. „Warte damit gefälligst.“
„Womit …“ Eine ungehörige Lautäußerung unterbrach ihn mitten im Satz. „ Ups. Gabh mo leithscéal . Sollt ’n Lied wer‘n.“
„Das ist mein Spruch!“ Resolut packte er Ossi am Arm und zerrte ihn hinter sich her.
„Na-na, wo bleiben deine guten Manieren, Alter? Wenn ich nich’ irre, hat der olle Graf für deine Erziehung Unsummen aus dem Fenster geworfen. Wenn er wüsste, was aus seinem …“
„Du spielst mit deinem Leben“, warnte der Kapitän zähneknirschend.
Ossis Unterbewusstsein hatte bereits geschaltet und ihn in weiser Voraussicht den Rest seines Satzes verschlucken lassen. Einerseits traf Matt’n keine Schuld an seiner eigenen Misere, andererseits hätte sein Freund wahrscheinlich keine Skrupel, einen sinnlos Betrunkenen zu verprügeln. Und so besoffen war er dann doch wieder nicht, dass er sein Leben leichtfertig riskiert hätte.
„ Shit happens. “
„ A amadáin !“
„ Holsss’ du mir was zu trinken, Alter? Hab … Durst.“
„Später.“
„Wo willsss’ du …“ Ossi stolperte über die Türschwelle zum Badezimmer und blieb verwundert stehen. „Das ist unser Bad“, stellte er mit breitem Grinsen fest.
Wenn er sich recht erinnerte, hatte er vor ein paar Minuten vergeblich versucht , sich bis hierher zu schleppen. Er konnte von Glück sagen, einen derart genialen Freund zu haben. Der konnte sogar Gedanken lesen. Er kannte zwar sein genaues Geburtsdatum nicht, aber er musste wohl ein Sonntagskind sein.
Matthias überlegte nur einen Augenblick. Resigniert seufzte er und zog sich dann blitzschnell das Hemd über den Kopf.
„Matt’n, was … was soll das werden?“
„ Iontas. “
„Oh ja , ich liebe Überraschungen.“
„Das werden wir gleich sehen.“
Einen Wimpernschlag später drehte der Kapitän den Wasserhahn der Dusche bis zum Anschlag auf die Seite mit der blauen Markierung und schob seinen Freund in das Duschbecken.
„Ich wollte … ich habe heute schon …“ Sein Protest ertrank in einem gnadenlos kalten Wasserstrahl, der ihn mitten ins Gesicht traf.
Ein lang gezogener, durchdringender Schrei, der das Glas der Duschwand vibrieren ließ, gellte durch die Wohnung. Vor den darauf folgenden, gottlosen Flüchen seines Freundes hätte sich
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