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Begegnungen (Das Kleeblatt)

Begegnungen (Das Kleeblatt)

Titel: Begegnungen (Das Kleeblatt) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hansi Hartwig
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ohne jegliche persönliche Bedürfnisse. Wie jedes Mal wurde er für einen flüchtigen Augenblick von der Angst gepackt, zu einer willenlosen Kampfmaschine zu mutieren, weil er blind allen Befehlen gehorchte und dabei seine wahre Identität aufgab.
    Doch e s durfte keinen Platz für Gefühle geben, wenn man eine Waffe in der Hand hielt.
    Wenn man im Laufe der Jahre selbst zu einer Waffe geworden war.
    Er verschmolz mit de m Gelände, als er erneut stehen blieb, wie festgefroren, vollkommen starr. Dann schob er sich lautlos weiter in den Schutz der Hauswand, wo er ein paar Mal tief atmete. Er hatte die vergangenen Stunden damit zugebracht, bei eisiger Kälte das Anwesen zu beobachten und anschließend die unzähligen Überwachungskameras, Bewegungsmelder und Alarmanlagen lahm zu legen, ohne dass die Bewohner des Hauses Verdacht schöpften. Er wusste, dass von den Personen, die während der Nacht hier ein- und ausgegangen waren, wenigstens vier die Villa noch nicht verlassen hatten.
    Angel Stojanow war nicht unter ihnen gewesen.
    Zielsicher bewegte er sich auf die Tür zum Keller des herrschaftlichen Hauses zu, die Lage jeden Raumes detailgetreu in seinem Hirn gespeichert, während die Spezialkräfte mit ihren Sturmgewehren die oberen Stockwerke sichern würden. Er spürte, dass in dieser Sekunde das Zeichen für den Zugriff an die Jungs ging und sie sich ebenfalls in Bewegung setzten.
    Die Treppe und der Gang lagen verlassen vor ihm. Eine gespenstische Ruhe hing darüber und ließ ihn aufhorchen. Es war, als würde sogar das Haus schreckensstarr die Luft anhalten. Nur einen Atemzug lang zögerte er, dann sicherte er routiniert und mit nicht nachlassender Wachsamkeit einen Raum nach dem anderen. Sie suchten nach skrupellosen Verbrechern, also musste er auf sämtliche Eventualitäten vorbereitet sein.
    Er hatte sich in der Tat eingebildet, gegen alles gewappnet zu sein.
    Bloß daran würde er sich nie gewöhnen.
    Es war genau dieses Bild, welches sich ihm vor zehn Jahren ins Hirn gebrannt hatte und ihn bis heute in seinen Träumen verfolgte. Er wankte zurück. Jede Einzelheit erinnerte ihn an die grauenvollen Ereignisse von damals. Sein Atem stockte, aber nicht allein wegen des unerträglichen Gestanks, der ihm wie eine Faust aus dem Raum entgegenschlug. Instinktiv suchten seine Augen die Wände nach einem Fenster ab, das er hätte aufreißen können. Es gab keines.
    Er trat hinaus auf den Gang und erkannte Frithjof Peters am Treppenabsatz des Kellers.
    „Hier …“ , winkte er ihn zu sich, doch seine Stimme klang rau und krächzend. Verdammt noch mal, so konnte ihn niemand hören. Er räusperte sich und unternahm einen erneuten Versuch: „Hier ist … Schnell! Hierher!“
    Peters blieb dicht vor ihm stehen und sein missbilligender Blick machte deutlich, was er von Adrians Eigenmächtigkeit in Bezug auf einen geeigneten Körperschutz hielt. Seine Verärgerung machte indes zunehmender Besorgnis Platz, als er die hektisch hin und her fliegenden Augen seines Schützlings bemerkte, der in eben dieser Sekunde zusammenzuckte und rückwärts gegen die Wand taumelte.
    Peters wandte sich um und sah den Notarzt am anderen Ende des Ganges auftauchen. Wie gebannt starrte Adrian zu der langen, schlanken Gestalt, die in einer Schutzweste steckte und jetzt auf ihn zukam. Das Erkennen flackerte in Adrians braunen Augen auf und ließ sie lebendig werden. Nicht allein der sportlich durchtrainierte Körper war ihm vertraut, sondern ebenso die nachtblauen Augen und die geschmeidige Art sich zu bewegen, die feingliedrigen Hände, in denen er eine Arzttasche trug. Er hatte kein Detail vergessen.
    Er trat einen Schritt auf ihn zu und hob die Hand zum Gruß. Vergessen waren Raum und Zeit. Es gab bloß noch ihn und Angel Stojanow. Er wollte den Mann beim Namen rufen wie einen alten Bekannten, bei dessen Wiedersehen man sich mit männlich zurückhaltender Freude auf die Schultern klopft, weil man sich sonst übermütig in die Arme gefallen wäre. Sie waren Freunde gewesen. Trotz allem. Sie hatten sich lange nicht gesehen, aber es schien ihm, als hätte sich Stojanow kaum verändert.
    Lediglich einen Augenblick später spürte er den harten Griff einer Hand, die sich wie ein Schraubstock um seine Schulter schloss und ihn unsanft zurückhielt. Gerade rechtzeitig begegnete er dem alarmierten Blick seines Kommandeurs, der ihn davor warnte, etwas Unbedachtes zu tun.
    Er presste die zitternden Lippen aufeinander. Ein anschwellendes Dröhnen machte

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