Beginenfeuer
stehen und ihm keine Steuern bezahlen müssen. Das ist nicht gerecht, wenn Ihr mich fragt.«
Der Kaufmann wartete vergeblich auf eine Antwort des Ritters, der ganz mit dem Feuer beschäftigt zu sein schien. Als er sich endlich wieder aufrichtete und nachlässig den Holzstaub von den Fingern wischte, machte er gar den Eindruck, als habe er ganz vergessen, wovon sie eben gesprochen hatten. Irritiert suchte Cornelis nach einer Möglichkeit, das Gespräch fortzusetzen, das sich so unverhofft auf ein Thema konzentriert hatte, das ihm ganz besonders am Herzen lag. »Ihr werdet feststellen, dass es einige Unruhe wegen dieser Steuerfreiheit gibt«, sagte er deutlich gereizter als zuvor. »Die Zunft der Tuchhändler hat sich die Freiheit genommen, bei Seiner Majestät deswegen vorstellig zu werden.« Die frisch gesäuberten Hände hoben sich zu einer Geste flüchtigen Bedauerns. »Unruhe?«
Dieses Mal war Mathieu auf das Schnauben vorbereitet, mit dem Piet Cornelis ohne Worte sein Missfallen ausdrückte. Der Kaufmann nahm nicht zu Unrecht an, dass er längst Bescheid wusste. Dennoch nahm er die Mühe einer Erklärung auf sich. »Die Gilden der Handwerker von Brügge können sich des Eindrucks nicht erwehren, dass im Beginenhof mehr Wolle verarbeitet wird als gebetet. Die Gemeinschaft der Beginen verkauft von Jahr zu Jahr mehr Stoff, während die Händler dieser Stadt auf ihren Vorräten sitzen bleiben, weil sie unter dem Druck der königlichen Steuern höhere Preise verlangen müssen.«
Piet Cornelis war während dieser Rede unruhig hin und her gestapft, jetzt blieb er vor dem königlichen Gesandten stehen und hakte die Daumen in den juwelenbesetzten Gürtel seines Wamses.
»Findet Ihr das statthaft? Diese Frauen geben vor, ein Leben des Gebets und der Einkehr zu führen. In Wirklichkeit sind sie freilich emsig damit beschäftigt, Geschäfte zu treiben und ehrbare Männer um die Früchte ihrer Arbeit zu bringen. Der König muss einschreiten.«
»Das klingt in meinen Ohren, als ginge die zitierte Unruhe von Euch aus und nicht von den Beginen«, stellte Andrieu zum erkennbaren Ärger seines Besuchers fest.
»Es ist meine Pflicht als Schöffe und als Gildemitglied, für unsere Bürger und Handwerker zu sprechen«, entgegnete der Kaufmann entrüstet. »Die Stadt lebt vom Fleiß dieser Männer und nicht von den Gebeten der Witwen und übrig gebliebenen Jungfern.«
»Mir scheint, Ihr seid kein Freund der Beginen.« Die nüchterne Feststellung hatte eine höchst eigenartige Wirkung auf Piet Cornelis. Sein ohnehin gerötetes Gesicht wurde noch eine Spur dunkler, und seine Stimme klang rau. »Da täuscht Ihr Euch, Seigneur. Sie tun Gutes, sowohl in ihrem Hospiz wie auch als Seelfrauen. Würden sie es dabei bewenden lassen, wäre alles in bester Ordnung.«
»Dies scheint ein Fall für den Rat der Stadt zu sein.«
»Auch da geht Ihr fehl, Seigneur. Der Magistrat hat im Weingarten keine Verfügungsgewalt. In weltlichen Dingen unterstehen die Beginen allein Seiner Majestät dem König. Kann es sein, dass Ihr dies nicht wisst?«
»Die Beginen werden wohl kaum auf den Ruin der Stadt hinarbeiten, die ihnen Heimat und Schutz bietet.« Andrieu überging die letzte Frage. »Wer steht der Gemeinschaft vor?«
»Methildis van Ennen, aber sie ist alt und seit geraumer Zeit schwer krank. Man erzählt sich, dass sie das Fest von Christi Geburt kaum noch erleben wird.«
»Vielleicht ist ihre Nachfolgerin Eurem Problem gegenüber aufgeschlossener?«
»Das erwartet nicht.« Piet Cornelis gab sich keine Mühe mehr, Freundlichkeit vorzutäuschen. »Die meisten der Frauen im Weingarten sind Töchter und Witwen von Färbern, Webern, Tuchmachern und Händlern. Das Handwerk und das Handeln liegen ihnen im Blut. Hinzu kommt, dass Frauen, die ohne die regelnde Aufsicht eines Mannes tun dürfen, was ihnen in den Sinn kommt, eine Gefahr für jedes Gemeinwohl darstellen. Man muss ihnen unverzüglich Einhalt gebieten. Krone. Kirche. Wer auch immer.«
»Ich verstehe Euer Problem«, sagte Mathieu distanziert. »Aber ich bin nicht der Mann, der Euch eine Lösung anbieten kann.« Piet Cornelis erfasste die Botschaft. Auch dass ihm bei seinem Besuch weder Stuhl noch Trunk angeboten worden waren, sprach für sich. Der königliche Gesandte wusste seine Zunge und seine Geheimnisse zu wahren.
»Verzeiht, wenn ich mit meinen harschen Worten ein wenig über das Ziel hinausgeschossen bin«, entschuldigte er sich und wechselte geschickt die Taktik. »Es geht mit
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