Begnadet - Buch 1 Aeia (German Edition)
geparkt.“
„Bitte?“
„Vergiss es. Bin gleich da!“, sagte ich.
„Pass auf“, sagte Kyala.
„Ich pass auf“, log ich und legte auf, froh darüber das Sportlenkrad wieder mit beiden Händen fest im Griff zu halten.
Intensiv 1
D ie unterbezahlte Pflegerin war Mitte dreißig, trug einen weißen Kittel und weiße Leinenhosen, wie es für die Mitarbeiter der Intensiv 1 der Neurochirurgie normal war. Die „Intensiv 1“ befand sich im Hauptgeschoss. Im 1. Stockwerk des Neurozentrums Freiburg auf der Nordseite, vom Haupteingang aus rechts gelegen. Jährlich wurden hier über 1000 Patienten behandelt. Die Intensiv 1 verfügte über 17 Intensivtherapiebetten. In dieser Nacht waren sechs Betten belegt.
Die Pflegerin stellte die lückenlose Überwachung der Patienten sicher. Notierte Herzfrequenz, Blutdruck und den Blutsauerstoffgehalt auf dem dafür vorgesehen Formular. Alle Körperfunktionen waren stabil. Beruhigt steckte sie das Blatt in die Glassichtfolie und klemmte beides am Fußende des Bettes hinter den Namen der Patientin: Dr. Luise Kleist.
Beim Verlassen des Zimmers Nr. 3 warf die Pflegerin noch einen letzten Blick auf den Monitor (reine Gewohnheit), der die Herzfrequenz der schwer verletzten jungen Frau synchron widerspiegelte. Plötzlich vibrierte der Piepser in ihrer Kitteltasche. Noch ein Notfall? Gerade heute, wenn ich Mariannes Schicht übernehme. Na prima.
Kopfschüttelnd sah sie auf das kleine, im Vergleich zu modernen Smartphones, fast schon altertümlich wirkende Gerät. Jemand piepste sie von der Außentür zur Intensiv 1 an. Besucher? Um diese Zeit? Wer hat die denn durchgelassen?
Die Intensiv 1 war schon seit zwei Stunden für Besucher geschlossen. Die Letzten, die Angehörigen des Mannes auf der Vier mit Lungenödem, waren vor drei Stunden gegangen.
Die Regeln waren klar. Keine Besucher außerhalb der Besuchszeiten. Die Pflegerin würde sie nach Hause schicken müssen. Egal wer die Klingel gedrückt hatte. Er würde vergeblich auf Einlass hoffen. Sie konnte nicht wissen, dass die zwei Männer, die vor den Glastüren der Intensiv 1 warteten, sich nicht von den Regeln der Uniklinik aufhalten lassen würden.
Gegoogelt
K yala lehnte sich an ihren schwarzen 911 und riss ihre Arme senkrecht in die Höhe, als ich auf dem Parkplatz einflog.
„Du verstößt wohl gerne gegen Regeln“, meinte sie als ich ihr das Laptop überreichte. Sie ließ sich Zeit.
Im Vergleich zum Anflug mit dem Porsche war es wie eine Zen-Meditation, ihr dabei zuzusehen, wie sie es auf dem Dach abstellte und ein paar Tasten drückte. Noch sechs Minuten, war auf ihm zu lesen.
Kyala gab ein Passwort ein (es hatte definitiv mehr als vier Zeichen) und dann presste sie ihren Daumen auf eine Kontaktfläche, die mir bis zu diesem Augenblick nicht aufgefallen war.
„Das Passwort öffnet lediglich den Verschluss für den Fingerscanner“, meinte sie.
Der Countdown stoppte und mir fiel ein Stein vom Herzen. Dann überfiel mich Hysterie.
Kyala konnte die letzten Aufzeichnungen sehen. Ich griff nach Vorne, wollte das Laptop zuklappen. Kyala schlug meine Hand weg.
„Autsch, das hat weh getan!“
„Meinst du nicht, dass ich ein Recht habe deine Recherchen über Mose zu lesen. Ich meine nachdem du fast mein Laptop geschrottet hast.“
„Aber, aber..“
„Was ist das?“
„Kyala ich“, sagte ich und wollte wieder dazwischen gehen.
„Finger weg!“, sagte sie.
Es hatte keinen Sinn, sie vom Lesen abzuhalten. Nicht mehr. Wenn ich ehrlich war, dann war ich sogar froh jemanden außer Eve zu haben. Mit dem ich den Fall Malleki teilen konnte.
„Hast du jetzt keine Angst vor mir?“, wollte ich von ihr wissen als sie fertig war mit Lesen.
„Warum?“
„Naja, die Fakten sprechen gegen mich. Ich war in der Nacht anscheinend im Institut. Ich könnte der Schlächter von Malleki sein.“
„Du siehst aber nicht so aus, als könntest du es mit mir aufnehmen.“
Darauf fiel mir nichts ein.
„Ich muss dir etwas sagen“, begann Kyala.
„Rück raus“, meinte ich.
„Es geht um Eve, also um das Original. Na ja, du würdest sagen: Sie ist gestorben. Die organischen Festplatten sind komplett zerstört. Das organische Gewebe ist abgestorben. Als wären sie an einem tödlichen Virus erkrankt. Einem echten Virus.“
„So etwas wie Grippe?“ Ich spulte die Zusammenhänge vor meinem inneren Auge ab. Es war wie ein Film. Kyala sah auf ihr Laptop. „Aber natürlich. Malleki hat einen Virus
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