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Behalt das Leben lieb

Behalt das Leben lieb

Titel: Behalt das Leben lieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaap Ter Haar
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seine Freunde. Er fühlte sich nervös und wusste nicht, weshalb. Hatte er Angst vor einer Begegnung mit den Jungen seiner alten Fußballelf? Angst, dass der blinde Beer zu sehr am Rande stehen würde? Angst, wie ein verirrter Vogel an der falschen Stelle niederzugehen?
    Geratter auf der Straße. Geklapper von BenniesSchutzblech, das schon vor dem Unfall locker war. War auch Goof mitgekommen?
    »Heh, Beer!«
    »Hallo, Beer!«
    Die Fahrräder hielten an.
    »Himmel, Goof!«, rief Annemiek. Ihre Stimme klang aufgeregt.
    »Wo hast du . . .«
    Beer konnte nicht sehen, dass Bennie und Goof ihre Finger mit einer Sssst-Geste auf die Lippen gelegt hatten. Annemiek schluckte ihre Frage hinunter.
    »Sitz auf, Beer«, sagte Bennie eilig. »Wir müssen uns ranhalten!«
    Beer ging hin, tastete mit seinem Stock nach dem Fahrrad. »Ja, nur zu. Hier steh ich.« Es klang etwas ungeduldig und gleichgültig. »Los, steig auf.«
    Erstaunt sahen Vater und Mutter zu. Es berührte sie, dass Bennie und Goof ihren Sohn behandelten, als hätte er seine Augen noch. Als ob sich nichts geändert hätte. Als sei es ganz normal, dass er jetzt mit ihnen zum Sportplatz ging.
    »Viel Spaß«, rief Mutter lebhaft – doch es tat ihr das Herz weh, als sie sah, wie unsicher ihr Beer auf dem Gepäckträger saß und beinahe das Gleichgewicht verlor.
    »Sorgt dafür, dass ihr gewinnt«, rief Vater – innerlich traurig, weil er nie mehr zusehen konnte, wie sein Sohn spielte.
    »Wir werden ihnen ’ne Lektion erteilen«, sagte Goof.
    »Beer, halt du meine Tasche fest«, sagte Bennie.
    So machten sie sich auf den Weg zum Victoria-Sportplatz; das Schutzblech klapperte und auf dem Gartenweg fuhren sie im Zickzack.
    Bennie und Goof hatten ihre Räder in den Fahrradständer geschoben. Sie gingen auf einem schmutzigen, glitschigen Weg zum Clubgebäude. Rundum hörte man Stimmen und in einiger Entfernung dumpfe Schläge gegen einen Ball.
    »Ich warte hier«, sagte Beer. Er spürte von allen Seiten Blicke auf sich gerichtet. Das Spielfeld, die Zuschauer, die Spieler – das alles schnürte ihm die Kehle zu. Und gerade, weil er so angespannt war, wurde es in seinem Kopf vollkommen dunkel.
    »Wirklich, ich bleib hier.«
    »Bist du verrückt«, sagte Goof. Er nahm Beer ein bisschen fester beim Arm. »Du gehst mit zum Umkleideraum. Die freuen sich doch alle, wenn sie dich wiedersehen.«
    »Ach, nein!«
    »Aber ja doch!«
    Er ließ sich fortziehen. Obgleich er an den Geräuschen hätte erkennen können, dass er direkt vor dem Umkleideraum sein musste, stolperte er doch über die Stufe.
    »Pass auf die Schwelle auf«, sagte Bennie.
    »Ja.«
    Und da war die Luft, die typische Luft des Umkleideraums, Schweiß, muffige Sporttaschen und ungewaschene Trikots. Von allen Seiten hörte er begeisterte herzliche Stimmen: »Ha, Beer!«
    »Prima, dass du da bist!«
    Schulterklopfen. Kniffe in den Arm. Seine Rechte wird manchmal von zwei Händen gleichzeitig ergriffen.
    Diese Wärme nahm Beer schlagartig alle Spannung. In seinem Kopf wurde es wieder heller und wie von selbst sah er den Umkleideraum und die Jungen vor sich. Es war nicht mehr schwer, ihre Stimmen zu erkennen: »Ha, Dikkie!«
    »Hallo, Geert.«
    »Ha, Gomp!«
    »Wirklich klasse, dass du zuschauen kommst«, sagte Gompie in guter Absicht.
    Beer bekam einen Platz auf der Bank. Er hörte nackte Füße auf dem Fußboden, das Kramen in den Sporttaschen, hörte, dass Schuhe auf die Erde geworfen wurden. Und Gespräche über das bevorstehende Spiel, über Hausaufgaben, über eine Party, zu der einige Jungen gehen wollten. Wie immer übertönte die große Klappe von Kas alles andere.
    Übermütige und draufgängerische Stimmen. Stimmen, die Aufmerksamkeit verlangten und fröhlich sein wollten. Sie bedrängten Beer schmerzlich. Hatte er sich zu sehr an die stillere und geräumigere Welt von Saal 3 gewöhnt?
    Draußen ertönte ein Pfiff. Stollen von Fußballschuhen trappelten nun in großer Zahl über den Fußboden. »Komm mit«, sagte Goof.
    »Mein Stock.« Beer nahm seinen Stock und bemerkte rechtzeitig die Schwelle. Doch in demGedränge der hinauslaufenden Spieler verlor er fast das Gleichgewicht.
    »He, kannst du nicht gucken?«, rief ein Junge von Victoria, der den weißen Stock zu spät gesehen hatte.
    Sie liefen zum Spielfeld. Die Sonne war zum Vorschein gekommen. Beer spürte ihre Wärme auf seinem Gesicht.
    »Setz mich irgendwo an der Linie ab, Goof. Am besten in der Sonne.«
    »Geht in Ordnung. Hier lang.« Wie ein Pferd

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