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Behandlungsfehler

Behandlungsfehler

Titel: Behandlungsfehler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Konradt
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Der junge Kollege war, als Dr. Kirchhoff mit ihm telefonierte, schon fast auf dem Weg in den Feierabend. Aber er habe die Information an die Erste Hilfe weitergegeben. Mit etwas Glück befände sich im Übergabebuch ein entsprechender Eintrag.
    Tatsächlich hatte ich am nächsten Morgen ein Fax mit der Seite aus dem Buch. Ich freute mich. Damit konnte ich selbst einem Klageverfahren entspannt entgegensehen. Das Gericht würde die Klage sehr wahrscheinlich abweisen, und das mit Recht. Der Vorwurf der Patientin war nachweislich falsch.

    So etwas erlebe ich öfter. Da schlagen Patienten den Rat ihres Arztes in den Wind und setzen sich hinters Steuer, obwohl sie mit Medikamenten ruhiggestellt sind. Wenn sie dann einen
Unfall verursachen, verklagen sie ihren Arzt. Aber der Arzt kann dem Patienten nicht den Schlüssel wegnehmen und ihn lückenlos überwachen. Das sollte er meines Erachtens auch nicht tun. Ebenso wenig, wie er ihn zwingen kann, die verordneten Medikamente einzunehmen, die Krankengymnastik zu machen, das Herz durch ausreichend Bewegung in Schwung zu halten oder eben den frisch operierten Fuß hochzulegen. Der Patient ist ein Partner des Arztes. Wenn er nicht mitwirkt, hat die Therapie häufig keinen Erfolg. Natürlich hat der Patient das Recht, sich über die Ratschläge des Arztes hinwegzusetzen. Er ist für sich selbst verantwortlich, und sein Wille ist oberstes Gebot. So soll es auch sein. Aber wenn er sich eigenverantwortlich in Gefahr begibt, darf er nicht versuchen, anderen hinterher Schuld in die Schuhe zu schieben, wenn ihm die Konsequenzen daraus nicht gefallen.

Ich will nicht klagen
Viele Patienten entscheiden sich bewusst gegen rechtliche Schritte
    E s kommt vor, dass Patienten sogar gravierende Behandlungsfehler nicht verfolgen, sondern die Sache einfach auf sich beruhen lassen. Vermutlich ist das sogar die Mehrheit. In Deutschland gibt es noch keine verlässlichen Zahlen zu dem Thema, aber aus den USA weiß man: Nur drei Prozent der Patienten, die von einem Behandlungsfehler betroffenen sind, strengen tatsächlich ein Verfahren an. Die überwiegende Mehrheit hat nicht die Kraft, die Lust oder das Geld, sich auch noch gerichtlich mit diesem Thema zu beschäftigen. Ich schätze, dass in Deutschland die Situation ähnlich ist. Ref 14
    Christiane Schadewald ist eine dieser Patientinnen. Sie hätte guten Grund gehabt, ihre Ärzte auf Schadenersatz und Schmerzensgeld zu verklagen, die sie um etliche Jahre ihres Lebens brachten. Doch Christiane Schadewald wollte das nicht. Sie wollte nicht mehr kämpfen. Ich versuchte, ihr zuzureden. Aber sie blieb standhaft.
    Wir beide kennen uns schon seit dem Medizinstudium. Wir sind zusammen um die Häuser gezogen, haben zusammen gelernt und waren gut befreundet. Eines Tages lernte Christiane in den Semesterferien einen bayrischen Frosch kennen und meinte, dass er ihr Prinz werden könnte. Sie heiratete und zog nach Bayern. Und das als Berlinerin! Ich war ein bisschen entsetzt. Aber sie war glücklich mit ihm und
bald darauf auch schwanger. Die Schwangerschaft war nicht einfach. Sie brachte eine gesunde Tochter zur Welt. Wir sahen uns selten, auch die Telefonate nahmen mit den Jahren ab. Trotzdem blieb unser Verhältnis eng. Ich sage immer, dass ich zu alt bin, um Freunde aufzugeben. Neue Freunde kommen dazu, aber sie werden mich niemals so kennenlernen, wie ich gewesen bin, nie das erleben, was ich erlebt habe, und genau das ist die Grundlage, die ich mit meinen Freunden habe: eine gemeinsame Vergangenheit. Auch wenn das Leben uns auseinander bringt, so werden wir immer durch diese verbunden sein.
    Sporadisch trafen wir uns wieder. Und dann kam der Schock. Sie erzählte, dass bei ihr ein Lupus erythematodes diagnostiziert worden sei. Das ist eine Autoimmunerkrankung, die den ganzen Körper befällt. Sie macht einfach alles kaputt. Das Immunsystem verändert sich – aus noch unbekannten Ursachen – und bekämpft den eigenen Körper. Die Folge sind Hautveränderungen, Entzündungen der Gefäße, der Gelenke, der Nerven, der Muskeln oder der Organe. Die Krankheit geht an die Gefäßstrukturen, an die Nieren, an die Herzkranzgefäße, an die Lunge. Überall ist der Lupus vorhanden. Der Kampf begann.
    Christiane wurde medikamentös eingestellt. Die Behandlung blieb erst einmal relativ wirkungslos, sie hatte zwei Schlaganfälle mit einer halbseitigen Lähmung, die sich zum Glück vollständig, aber unerwartet, zurückbildete. Die Medikamente wurden so hoch dosiert,

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