Beherrscher der Zeit
Gehirns.
Und diese Stimme sagte:
In diesem großen Augenblick werden dir deine Macht und deine Bestimmung bewußt. Höre mich gut, denn ich sage dir, die Zeitenergiebarriere darf nicht vollendet werden, da sie alle Zeiten des Sonnensystems zerstören würde.
Die Zeitenergiebarriere darf nicht – DARF NICHT – DARF NICHT vollendet werden ...
Die schwach leuchtende Gestalt verschwamm und war verschwunden. Allein die Erinnerung daran wurde zu einer vagen Gedankenform. Doch die Dunkelheit blieb, die schwarze, undurchdringliche Finsternis.
Plötzlich befand sie sich wieder in einer Welt aus fester Materie. Halb zusammengekauert, halb kniend, saß sie auf einem Bein, in genau der gleichen Haltung, die sie auf dem Bett eingenommen gehabt hatte. Nur mußte sie eine längere Weile unbewußt so gesessen haben, denn ihre Knie, ihre Beine schmerzten heftig von der längeren Unbeweglichkeit ihrer Stellung. Und unter dem Nylon ihrer Strümpfe befand sich nicht das weiche Hotelbett, sondern Metall!
8.
Die Kombination aus Erstaunen, dem Alleinsein und der nackten Tatsache des gegenwärtig Geschehenden war es, die Garson zu schaffen machte. Er versuchte sich zu bewegen, sich zu drehen, dann wand er sich, sein Gesicht von Schmerz verzerrt. Doch mit einemmal schien die Kraft der groben, gleichgültigen Hände, die ihn festhielten, sich irgendwie auf ihn zu übertragen.
Er zwang sich zur Ruhe. Und nun wich der Irrsinn, der ihn schon fast überwältigt hatte.
Keine Hände hielten ihn mehr. Er lag mit dem Gesicht nach unten auf einer glatten, harten Oberfläche. Zuerst empfand er nur die Dunkelheit, und allmählich kehrte das Gefühl des Alleinseins zurück. Schließlich kamen vage Gedanken – Gedanken an Norma und den Zufall, der sein Leben geformt hatte, das scheinbar viele Jahre lang frei und doch offenbar schon damals dazu bestimmt gewesen war, hier in dieser schwarzen Hinrichtungskammer zu enden.
Ja, er sollte hier vernichtet werden, auch wenn sein Körper ohne seine Persönlichkeit noch ein paar Stunden leben durfte – vielleicht auch Tage oder Wochen. Welche Rolle spielte die Zeit schon?
Aber nein, das Ganze war einfach zu phantastisch! Ganz gewiß würde er in wenigen Sekunden aus diesem Alptraum erwachen!
Zuerst war der Laut schwächer als ein Wispern, ein verstohlenes Geräusch aus unendlicher Ferne, das sich mit eigenartiger Eindringlichkeit Garsons Ohren aufdrängte. Aber waren es wirklich die Ohren, die es hörten? Nicht vielleicht sein Gehirn? Es vibrierte ihm jedenfalls in der Schwärze entgegen, schob sich aus der Unhörbarkeit, wuchs zu einer raspelnden Gegenwart, wurde lauter – wurde zu Stimmen!
Es explodierte zu einer monströsen Gewalt. Milliarden Stimmen dröhnten auf sein Gehirn ein, ein donnernder, vielfältiger Schall, der ihn in die metallene Oberfläche hineinzupressen schien.
Abrupt dämpfte sich die Heftigkeit der Stimmen. Sie schwanden in die Ferne, doch immer noch eindringlich, als lösten sie sich nur widerwillig von ihm, als hätten sie ihm noch etwas mitzuteilen, das ungesagt geblieben war.
Die Stimmen, das jetzt ferne Wispern, verloren sich, und kurz herrschte absolute Stille. Dann plötzlich hörte er ein Klicken. Licht überflutete ihn aus einer Öffnung, die sich etwa dreißig Zentimeter über seinem Kopf befand.
Garson wand sich und starrte fasziniert in diese Helligkeit. Tageslicht, richtiges Tageslicht war es! Aus seiner Lage konnte er den oberen Rand eines Ziegelgebäudes sehen, eines uralten, vernachlässigten Gebäudes, zweifellos in einer Straße von Delpa.
Es war vorbei!
Unvorstellbarerweise war es vorbei! Und nichts war geschehen! Nein, das stimmte nicht ganz. Dinge gingen ihm durch den Kopf, die gar nicht seinem eigenen Gehirn entsprungen sein konnten, die ihm vorher fremd gewesen waren. Merkwürdige Gedanken über die Notwendigkeit, den Ruhmvollen absolute Treue zu halten, dann eine seltsame Vertrautheit mit seiner Umgebung, Bilder von Maschinen. Aber nichts davon war völlig klar.
Eine barsche Stimme riß ihn aus seinen verwirrten, verschwommenen Gedanken.
»Komm heraus, du verdammte Schnecke!«
Ein breites, brutales Gesicht stierte durch die offene Tür. Das Gesicht gehörte zu einem großen, kompakten jungen Mann mit wulstigem Nacken, der zerschlagenen Nase eines Boxers und verschlagenen blauen Augen.
Garson lag völlig still – nicht, weil er sich zu gehorchen weigerte. Sein Verstand drängte ihn im Gegenteil zu sofortigem, automatischen
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