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Bei Anbruch des Tages

Bei Anbruch des Tages

Titel: Bei Anbruch des Tages Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sveva Casati Modignani
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Italienisch, und das bringt ihn etwas durcheinander«, erzählte sie. Dann sah sie auf ihre Armbanduhr und verkündete: »Ich muss los.«
    Â»Ich habe noch eine Kleinigkeit für dich.« Roger zog ein winziges Päckchen aus der Hosentasche.
    Â»Ein Weihnachtsgeschenk?«, fragte sie.
    Â»Ich war im Frühling in New York und habe es bei Tiffany im Schaufenster gesehen. Ich habe gleich an dich gedacht, weil du immer so ein Bettelarmband trägst.«
    Es war ein goldener Anhänger in Form eines Apfels, besetzt mit winzigen Rubinen und zwei kleinen Blättern aus Smaragden.
    Sie war gerührt. »Danke, er ist wunderschön«, sagte sie, während er den Anhänger an ihrem Armband befestigte. »Warum ausgerechnet ein Apfel?«, fragte Léonie.
    Â»Die verbotene Frucht, von der wir beide kosten«, scherzte Roger.
    Â»Sie ist süß und macht Appetit auf mehr«, fügte sie hinzu.
    Auf dem kleinen Platz umarmte Roger sie ein letztes Mal, bevor sie in ihren Wagen stieg.
    Â»Ich wünsche dir ein wunderschönes Jahr«, flüsterte er.
    Â» Au revoir, Roger. Pass auf dich auf«, erwiderte sie.
    Als sie nach Hause kam, fühlte sie sich nicht gut. Beim Aussteigen zitterte sie vor Kälte. Sie sah mehrere Mütter mit Kleinkindern die Villa betreten.
    Guido erschien an der Tür, um die Gäste zu empfangen.
    Â»Wo warst du?«, rief er und sah sie anschließend besorgt an. »Es geht dir nicht gut?«
    Â»Ich muss mich sofort hinlegen«, stammelte sie und ging zum Lift.
    Rasch zog sie sich aus und schlüpfte ins Bett. Sie hatte hohes Fieber, und bevor sie in einen unruhigen Schlaf fiel, war sie dankbar, dass diese Krankheit, welche es auch sein mochte, sie davor bewahrt hatte, ihren Mann anlügen zu müssen.
    Der Arzt, den Guido sofort gerufen hatte, stellte ihr ein paar Fragen und sagte dann: »Es sind die Windpocken. Anscheinend hatten Sie die als Kind nicht, und Ihr Sohn, der sie gerade überstanden hat, hat Sie angesteckt.«

3
    L éonie verbrachte Weihnachten und die darauffolgenden Tageim Bett. Während das Fieber nachließ, juckten die Bläschen, die ihr Gesicht und ihren Körper bedeckten, immer mehr. Guido machte es sich zur Gewohnheit, mehrere Stunden an ihrem Bett zu verbringen und ihr interessante Zeitungsartikel vorzulesen. Oft dämmerte sie weg, während seine Stimme und die Erinnerungen an Roger sie in den Schlaf wiegten.
    Es kam vor, dass Giuseppe abends zwischen ihr und Guido im Ehebett schlief. Das waren sehr zärtliche Momente, in denen Léonie ganz in ihrer Rolle als Mutter und Ehefrau aufging. Aber jeden Abend vor dem Einschlafen galt ihr letzter Gedanke Roger.
    Der Januar neigte sich dem Ende zu, die Tage wurden länger, und Léonie und Guido saßen wie so oft im Salon neben dem Schlaf zimmer. Sie erzählte ihm von ihren Projekten in der Firma und versuchte zu verstehen, warum ihr Mann sich aus dem Familienunternehmen zurückgezogen hatte.
    Denn dass er sich fürs Schreiben entschieden hatte, wozu er sich berufen fühlte, erklärte nicht seine Aversion gegen die Armaturen.
    Â»Immer wenn ich dir von meiner Arbeit erzähle, habe ich das Gefühl, dass du meine Begeisterung als störend empfindest«, brach es eines Tages aus ihr hervor.
    Â»Das stimmt nicht. Es freut mich, dass du dich so für die Firma begeistern kannst. Aber du kannst nicht erwarten, dass ich mich für etwas erwärme, das mir einfach nicht liegt«, erwiderte er sanft.
    Zärtlich strich sie ihm über die Wange und meinte: »Manchmal habe ich das Gefühl, dass du traurig bist.«
    Er lächelte sie an. »Auch darin täuschst du dich: Ich habe alles, was man braucht, um glücklich zu sein. Sei ganz beruhigt, Léonie, es ist alles in bester Ordnung.«
    Sie musterte ihn zweifelnd und fragte sich, ob Guido ihr die Wahrheit sagte oder sie und sich selbst belog. Der Unterschied zwischen ihrem Mann, den sie sehr schätzte, und Roger war der, dass sie in Roger lesen konnte wie in einem offenen Buch, während Guido undurchschaubar war. Seine blauen Augen wirkten hell und klar, aber sie wusste nie, was wirklich in ihm vorging.
    Guido ignorierte den ratlosen Blick seiner Frau und überreichte ihr stattdessen ein Samtkästchen mit den gar nicht ironisch gemeinten Worten: »Das ist für dich, zur Feier deiner Genesung. Du darfst es also nicht ablehnen.«
    Léonie öffnete das

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