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Bei Landung Liebe

Bei Landung Liebe

Titel: Bei Landung Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Beetz
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lass uns nach Hause fahren. Wir rufen morgen an und erkundigen uns nach seinem Zustand“, flüsterte Ryan von hinten in mein Ohr und legte mir eine Hand auf den Rücken. Nach dem Schock, meinen Bruder so zu sehen, hatte ich seine Anwesenheit nahezu vergessen. Ich nickte stumm, drückte noch einmal vorsichtig Markus’ Hand und wandte mich schweren Herzens dem Ausgang zu. Als wir aus dem Krankenhaus kamen, überwältigten mich meine Gefühle und ich musste weinen. Wie lange würde ich diesen scheußlichen Schwebezustand zwischen Hoffen und Bangen um Markus’ Gesundheit ertragen müssen? Wer konnte schon sagen, ob irgendwelche Komplikationen auftreten würden. Vielleicht reagierte er plötzlich auf eines der Medikamente allergisch oder der Keim, der die Erkrankung verursacht hatte, zeigte Resistenzen gegen das Antibiotikum, das er bekam. Wieder war Ryan da und schloss mich in seine Arme. Ich drückte mein Gesicht an seine Schulter und fühlte mich in dem Moment so geborgen, dass ich mir noch verletzlicher vorkam. Geduldig wartete er wieder, bis ich mich beruhigt hatte, und reichte mir ein Taschentuch.
    „Isa, wir schaffen das schon. Kopf hoch. Hier ist dein Bruder gut aufgehoben.“
    Ich nickte und deutete auf Ryans T-Shirt, auf dem sich wie gestern, Flecken von meinen Tränen abzeichneten.
    „Ich glaube, ich schulde dir langsam eine Wäsche.“
    Ryan lachte.
    „Ach was. Ist schon gut. Komm wir gehen.“
     
    Das stetige Rattern des Zuges wirkte beruhigend. Ich schloss die Augen und versuchte zu schlafen, aber meine Gedanken drehten sich unaufhörlich. Mein Bruder war abhängig von einer Maschine, da sein Körper selbst keine Kraft mehr aufbrachte, den lebensnotwendigen Sauerstoff in seine Lunge zu pumpen. Doch ihn zu besuchen war die richtige Entscheidung. Vielleicht bemerkte sein Unterbewusstsein, dass ich da gewesen war. Vor weniger als 24 Stunden sah alles noch viel hoffnungsloser aus.
    Mein schlechtes Gewissen meldete sich prompt zurück, als ich an gestern dachte. Wie war es nur dazu gekommen, dass Ryan und ich uns küssten? Vermutlich nur, weil ich emotional angeschlagen und total durcheinander war. Unter normalen Umständen wäre das bestimmt nie passiert. Doch Ryan konnte ich keine Schuld geben. Er hatte mich zu nichts gezwungen. Ich ließ mich freiwillig darauf ein und wusste nun nicht einmal mehr, von wem der erste Kuss ausging. Um den zweiten hatte ich ihn gebeten. Diese Zärtlichkeit und seine warmen Hände, die sanft meine Haut gestreichelt hatten, gingen mir nicht mehr aus dem Kopf.
    Ich schlang die Arme um meine Beine und öffnete die Augen. Ryan saß mir gegenüber und war eingeschlafen. Sein Kopf lehnte am Sitz und wurde durch die Bewegungen des Zuges leicht hin und her geschüttelt. Er hatte die Arme über seinem Brustkorb verschränkt, der sich mit jedem seiner gleichmäßigen Atemzüge hob und senkte. Eine Haarsträhne fiel ihm ins Gesicht und streifte unaufhörlich sein Augenlid. Sicherlich würde er deswegen gleich aufwachen. Ich beugte mich zu ihm und strich ihm vorsichtig die Strähne aus dem Gesicht. Er runzelte leicht die Stirn, wachte jedoch nicht auf. Sein Geruch schwebte zu mir. Er roch so wunderbar. Nicht nach Parfüm oder Deo, sondern einfach nach Ryan. Nach Wärme, Sonne und Sand, der in der heißen Sonne trocknete. Ich betrachtete die feinen Lachfältchen um seine Augen, die sanft geschwungenen Lippen, die mich gestern auf so wunderbare Art und Weise liebkost hatten. Ohne jegliche Scheu studiere ich seine maskulinen Gesichtszüge. Seine hohen Wangenknochen in seinem nach unten schmaler werdenden Gesicht, der kleine Leberfleck auf der rechten Seite seiner Stirn. Das dichte, von sonnengebleichten Strähnen durchzogene Haar, welches oben länger und an den Seiten etwas kürzer geschnitten war. Die schmalen Koteletten, die in Höhe seiner Ohrläppchen endeten und dann in einen Dreitagebart übergingen. Die feine, weiße Narbe knapp über seiner rechten Augenbraue bemerkte ich zum ersten Mal. Woher er die wohl hatte? Bestimmt ein Sportunfall. Ich hatte ihn immer für einen Weiberhelden und gefühllosen Schönling gehalten, aber gestern lernte ich ganz andere Seiten an Ryan kennen. Er war so fürsorglich, so verständnisvoll und zärtlich gewesen. Eigenschaften, die ich ihm nie zugetraut hätte. Das mochte alles nicht mehr zu dem knallharten, egoistischen Ryan passen, zu dem ich ihn aufgrund der Erinnerung von früher gemacht hatte. Aber nach wie vor kannte ich ihn kaum und vielleicht

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