Bei Landung Liebe
gestürzt. Ihre offensichtliche Verzweiflung berührte mich tief. Isa litt im Moment sicher Höllenqualen. Erst der Unfalltod ihrer Eltern und nun das. Seit ich hier war, hatte ich sie immer distanziert und ziemlich vernünftig erlebt. Sonst gab sie sich immer so tough und abgeklärt, wollte immer den Anschein wahren, dass sie stets alles im Griff hatte. Aber heute Abend hatte ich eine ganz andere Isa gesehen. Eine, die vor Sorge um ihren Bruder beinahe verrückt wurde, die in meinen Armen weinte wie ein kleines Kind und sich ihrer Gefühle nicht schämte. Und dabei war sie endlich das gewesen, was sie wirklich war. Eine junge Frau, die bereits einen großen Schicksalsschlag erlebt hatte und heute einen weiteren verkraften musste.
Natürlich beschäftigte mich die Sache mit Markus auch. Ich machte mir Sorgen um meinen besten und zugleich ältesten Freund. Wir waren seit der ersten Klasse befreundet, und ich hoffte einfach, dass alles wieder gut und er wieder vollkommen gesund werden würde.
Inzwischen war es spät geworden. Nachdem ich duschen war, stand ich mehrere Minuten vor Isas geschlossener Tür und überlegte, ob ich kurz nach ihr schauen sollte. Doch schließlich entschied ich mich dagegen und zog mich zurück auf mein improvisiertes Bett. Die Ereignisse des Tages ließen mich nicht los. Hoffentlich würde Markus sich bald erholen. Es beruhigte mich zwar etwas, dass man nun den Auslöser seiner Erkrankung gefunden hatte, aber richtig freuen würde ich mich erst, wenn er das Krankenhaus wieder gesund verlassen konnte. Schließlich schaltete ich den Fernseher an um mich abzulenken und zappte durchs Spätabendprogramm. Irgendwo zwischen Dauerwerbesendungen, die magnetische Betteinlagen anpriesen und leicht bekleideten Quizshowmoderatorinnen schlief ich ein.
Kapitel 18 - Isa
Es dämmerte draußen, als ich aufwachte. Mein Wecker zeigte erst sechs Uhr morgens an. Etwas in mir hoffte, dass der gestrige Tag nur ein böser Traum gewesen war, aber meine geschwollenen Augenlider waren bittere Realität. Es war kein Traum. Markus lag in einem Krankenhaus auf der Intensivstation und ich dumme Kuh hatte mich dazu hinreißen lassen, Ryan zu küssen. Ich wusste nicht, welche der beiden Tatsachen mir mehr zu schaffen machte. Einige Zeit wälzte ich mich in meinem Bett herum, doch ich konnte nicht mehr einschlafen. Schließlich schlug ich die Decke zur Seite und ging ins Badezimmer um eine ausgiebige Dusche zu nehmen.
Als ich in den Flur trat, überraschte mich der Geruch von frischem Kaffee. War Ryan etwa auch schon wach? Ich riskierte einen Blick ins Wohnzimmer. Das Sofa war leer, Ryans Bettsachen lagen zerwühlt in der Ecke. Leise tappte ich in die Küche, aber dort war niemand. Lediglich die Kaffeemaschine zischte leise vor sich hin.
Ich ging zur Badezimmertüre und horchte. Aus dem Bad kam kein Geräusch. Ich hoffte, dass ich Ryan nicht im Bad überraschen würde, denn seit gestern wusste ich nicht, wie ich mich ihm gegenüber verhalten sollte. Leise öffnete ich die Türe. Das Bad war leer und so schlüpfte ich hinein und zog mich aus. Ich stellte mich unter die Dusche und ließ das warme Wasser über meine Haut laufen. Mir schien, als ob all die Anspannung des gestrigen Tages von mir gespült wurde. Die Wärme tat gut und meine Lebensgeister kehrten zurück. Im Anschluss zog ich eine Jeans und ein T-Shirt an, putzte meine Zähne und band meine Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen, bevor ich das Badezimmer wieder verließ.
Aus der Küche war nun das Klappern von Tellern und Besteck zu hören. Konnte ich Ryan wirklich schon unter die Augen treten? Aber was machte es schon für einen Sinn, ihm nun aus dem Weg zu gehen. Wir wohnten zusammen und ein Kuss bedeutete noch lange keinen Weltuntergang. Ich atmete tief durch und ging in die Küche.
Verblüfft stellte ich fest, dass Ryan bereits den Tisch gedeckt und mit frischen Brötchen, die einen herrlichen Duft verströmten, auf mich wartete. Der Geruch der Brötchen zusammen mit dem des frischen Kaffees gab mir eine gewisse Geborgenheit.
Frühstück war schon immer meine liebste Mahlzeit gewesen. Ich konnte stundenlang dabei gemütlich Zeitung lesen und Kaffee trinken. Manchmal frühstückten Markus und ich sonntags auf unserem kleinen Balkon. Wir teilten uns dabei die Sonntagszeitung, die danach stets total zerfleddert direkt in den Papiermüll wanderte. Beim Gedanken an meinen Bruder bekam ich ein klammes Gefühl in der Brust.
„Guten Morgen“, murmelte
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