Bei Landung Liebe
Verdammt, er wusste genau, wie sein Körper auf mich wirkte, und setzte dieses Mittel ungeniert ein. Er sprach weiter als wäre nichts.
„Außerdem hast du dich, wie ich finde, in letzter Zeit sehr viel um deinen Bruder gekümmert. Du solltest dir was gönnen“, erwiderte Ryan siegesgewiss und grinste mich an.
Oh Gott, da war wieder dieses niedliche Grübchen, das mir so gut gefiel. Nachdenklich runzelte ich die Stirn.
„Ryan, ich versteh das einfach nicht.“
„Was verstehst du nicht?“, fragte er mich mit ernster Miene.
„Als ich klein war, hast du mich nur geärgert. Du hast mich regelrecht terrorisiert und jetzt bietest du mir an, mit dir in die USA zu fliegen. Und das auch noch umsonst.“ Hilflos zuckte ich mit den Schultern. Verwundert sah er mich an, strich sich kurz durch seine Haare und legte die Hände wieder hinter den Kopf. Er schien ernsthaft darüber nachzudenken und mir gefiel, dass er meine Unsicherheit nicht als Spinnerei abtat.
„Das ist doch schon Jahre her. Ich war noch ein Kind. Jetzt sind wir erwachsen.“
„Wir haben uns gehasst. Du hast mich dazu gebracht, eine Nacktschnecke zu küssen und keine meiner Barbiepuppen war vor deinen Attentaten sicher!“ Langsam entgleiste meine Stimme. Ryan schaute nachdenklich aus dem Fenster und auf seinen Lippen zeigte sich der leichte Anflug eines Lächelns.
„Das mit der Nacktschnecke war echt gut. Ich hab mich so geekelt. Und du hast ihr einfach so einen Schmatzer aufgedrückt. Nicht mal Markus glaubte, dass du das machst. Hat ihn drei seiner Superman-Hefte gekostet.“
„Ihr habt darauf gewettet?“, japste ich.
„Dein Bruder war gegen dich. Er sagte, du machst es nicht.“
„Unglaublich“, murmelte ich.
„Sei nicht nachtragend. Die Zeiten ändern sich.“
„Warum bist du plötzlich so nett zu mir? Du machst mir Frühstück, tröstest mich, du machst mich nicht runter, weil ich deine Bananenmilch ausgetrunken habe. Früher hast du jede Gelegenheit genutzt, um mir eins auszuwischen und nun willst du mich mit zu deinem Vater nehmen. Und dann diese Küsse auf dem Sofa neulich.“
Mist! Verplappert. Ich wollte das nie wieder zur Sprache bringen. Ryan sah mich forschend an, sagte aber nichts.
„Ich versteh das alles nicht“, flüsterte ich und wandte den Blick ab. Ich konnte ihm unmöglich sagen, wie sehr mich diese beiden Küsse durcheinanderbrachten.
„Sag bloß, du wolltest es nicht auch.“
Langsam hob ich den Kopf und sah ihn wieder an. Sein Blick durchbohrte mich und ich bekam eine Gänsehaut.
„Doch, ich wollte es auch“, erwiderte ich leise.
„Ich hätte nichts gegen eine Fortsetzung gehabt, aber du bist leider geflüchtet.“
Da war wieder der alte selbstsichere Ryan. Der Ryan, der nur mit dem Finger zu schnippen brauchte, um etwas zu bekommen.
„Ich bin nicht geflüchtet“, gab ich trotzig zurück. Sicher war ich geflüchtet. Er hatte mich mit seinen Küssen so verwirrt, dass ich für nichts mehr garantieren konnte. Wenn ich nicht das Zimmer verlassen hätte, wäre vermutlich noch mehr passiert. Und das hätte ich definitiv bereut. So nett er auch gewesen war, ich hatte nicht die Absicht, eine weitere Kerbe an seinem Bettpfosten zu werden.
„Wie dem auch sei. Ich finde, wir sollten das von früher vergessen.“
Ich musterte ihn und nagte an meiner Unterlippe. Vielleicht hatte er recht. Was brachte es schon, noch länger nachtragend zu sein. Ryan schien sich wirklich verändert zu haben. Der Ryan, den ich von früher kannte, hätte mich nicht getröstet. Er hätte mich auch nicht vor der Spinne gerettet, sondern die Gelegenheit genutzt, um mich damit zu drangsalieren.
„Okay. Vergeben und vergessen.“
Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus und er reichte mir seine rechte Hand über den Tisch hinweg, der zwischen uns stand. Ich schlug ein und wollte meine Hand gleich wieder zurückziehen, aber Ryan hielt sie fest.
„Kommst du nun mit oder nicht?“
„Erst muss ich meinen Chef fragen, ob ich Urlaub bekomme. Morgen kann ich dir Bescheid sagen.“
„Kann ich das als ein „Ja“ werten?“, wollte Ryan wissen und zwinkerte mir zu.
„So ungefähr, aber mehr weiß ich erst morgen.“
Er strich mit seinem Daumen über meinen Handrücken, bevor er mich wieder losließ. Diese eine kurze Berührung reichte aus, um mein Herz schneller schlagen zu lassen.
Plötzlich konnte ich es kaum erwarten, morgen zur Arbeit zu kommen. Da ich eh noch Resturlaub hatte, den ich abbauen musste, würde ich
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