Bei Landung Liebe
hatten, verhielt er sich ziemlich neutral mir gegenüber. Wie ein Mitbewohner, der an nichts weiter, als einer platonischen Freundschaft interessiert war. Doch nun er dachte bestimmt, dass ich mich jedem so anbot, was aber eigentlich gar nicht meine Art war. Kam das wegen der Vorfreude auf die Reise? Ich musste unbedingt Julia eine E-Mail schicken, um ihr die Neuigkeit mitzuteilen. Wie sie wohl darauf reagieren würde? Die nächste Hürde war, es meinem Bruder zu erzählen. Ich nahm mir vor, ihn gleich morgen nach der Arbeit anzurufen.
Am nächsten Tag wurde ich immer nervöser, je später es wurde. Kurz war ich versucht, das Telefonat erneut um einen Tag zu verschieben, aber je schneller ich es hinter mich brachte, umso besser war es wohl. Mit schweißnassen Händen wählte ich am Abend die Nummer, die ich inzwischen auswendig kannte. Nach nur einem Klingeln nahm mein Bruder ab.
„Hey Schwesterchen, ich dachte schon, du vergisst mich heute“, rief Markus erfreut in den Hörer.
„Wie könnte ich?“, gab ich zurück. „Wie geht’s dir? Hast du alles, was du brauchst?“, erkundigte ich mich.
„Ein neues Duschgel könnte ich gebrauchen, aber das kann ich mir auch im Kiosk unten holen. Oder ich bitte eine der netten Schwestern.“ Ich musste lachen.
„Weißt du schon etwas von der Reha?“
„Ja, die Schwester sagte mir eben, dass ich gleich Anfang nächster Woche verlegt werde. Die Klinik ist nicht so weit von uns zuhause weg, dann kannst du mich besuchen kommen“, erklärte er. Ich musste es ihm sagen. Am besten jetzt gleich.
„Ich wollte noch etwas mit dir besprechen.“
„Was ist los? Bist du schwanger?“, witzelte Markus.
„Nein!“
Ich fuhr mir mit der Hand übers Gesicht. Plötzlich brachte ich keinen Ton mehr über die Lippen. Warum fiel es mir so schwer, meinem Bruder von Ryans Angebot zu erzählen? Es war doch nur eine harmlose Reise. Und eigentlich musste ich niemanden um Erlaubnis bitten.
„Es ist nur so, dass Ryan …“
„Hat er mein Zimmer rosa gestrichen?“, fiel er mir ins Wort.
„Nein, natürlich nicht. Markus, genug mit dem Blödsinn.“
Wenn ich nicht gleich mit der Sprache rausrücken konnte, würde ich vermutlich noch einen Rückzieher machen.
„Er hat mich gefragt, ob ich mit ihm für eine Woche zu seinem Vater fliegen möchte. Ryan hat zwei Tickets von ihm geschenkt bekommen.“
So jetzt war es raus. Ich fühlte mich unendlich erleichtert. Markus antwortete erst nicht. Wahrscheinlich konnte er sich gar nicht vorstellen, wie ich mit seinem besten Freund in einem Flieger sitzen würde, um dessen Vater in Florida zu besuchen.
„Deswegen hast du so rumgedruckst?“, fragte Markus erstaunt und fing dann an zu lachen.
„Ich dachte schon, es wäre etwas wirklich Schlimmes, aber das ist doch super, Isa. Wann soll es denn losgehen?“
„Das genaue Datum weiß ich nicht. Es ging alles so schnell gestern. Ryan sagte etwas von der letzten Woche im Oktober. Fest zugesagt habe ich noch nicht.“
„Dann sieh zu, dass du das so schnell wie möglich nachholst. Das wird sicherlich super.“
„Es ist auch nur für eine Woche, aber wenn du auf Reha gehst, wäre es immerhin möglich, dass du noch was brauchst.“
„Bisher habe ich alles, was ich brauche, und falls mir doch noch etwas fehlen sollte, kann ich es mir dort kaufen. Mach dir keinen Kopf Isa, ich komme zurecht.“
„Bist du mir nicht böse, wenn ich mich dann über eine Woche nicht bei dir melde?“
„Nein, aber ich bin sauer, wenn du mir keine Ansichtskarte schreibst.“
„Ich schicke dir so viele Ansichtskarten, wie du willst“, versprach ich ihm.
Kapitel 23 – Isa
Unser Flug ging in der letzten Oktoberwoche. Freitagmorgen hob unser Flieger ab. Ich freute mich riesig, obwohl ich auch ein bisschen aufgeregt war. Noch nie in meinem Leben war ich so weit geflogen. Vor einigen Jahren war ich mit Julia eine Woche in der Türkei gewesen, aber der Flug dorthin dauerte lediglich zweieinhalb Stunden. In Paris mussten wir umsteigen, was die ganze Reisezeit um zwei Stunden verlängerte. Insgesamt waren wir über dreizehn Stunden unterwegs, bis wir schließlich nachmittags um fünfzehn Uhr Ortszeit auf dem Miami International Airport landeten.
Bei der Einreisebehörde musste ich ein grünes Formular ausfüllen und meinen Reisepass vorzeigen. Gut, dass ich den nochmals kontrolliert hatte, denn er musste mindestens eine Gültigkeit von einem halben Jahr haben. Die amerikanischen Behörden machten gleich
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