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Bei Tag und Nacht

Titel: Bei Tag und Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Martin
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die Rührung bemächtigen wollte. Sie blinzelte und wandte den Blick ab, gab sich große Mühe, den Wunsch zu verdrängen, das Kind wäre ihres.
    »Adrian!« Ein überraschter Major St. Giles, der gerade die Eingangshalle betrat, holte Elissas Gedanken in die Realität zurück. »Verflixt und zugenäht, alter Halunke - ich freue mich wirklich, dich zu sehen!«
    Die Männer schüttelten sich die Hände. »Geht mir auch so, mein Freund«, krächzte Adrian.
    Der Major verbeugte sich leicht vor Elissa. »Lady von Langen!« Seine Begrüßung hing seltsam in der Luft, denn seit ihrem letzten Aufenthalt in Wien war sie nicht mehr so angesprochen worden. Nina neben ihr warf ihr einen fragenden Blick zu.
    »Das ist eine lange Geschichte«, druckste Elissa leise und lächelte dann dem Major zu. »Schön, Euch zu sehen, Jamison.«
    »Und diese hübsche Dame ist Nina Petralo«, stellte Adrian sie vor. »Sie und ihre Familie stehen unter General Klammers Schutz.«
    »Freut mich sehr, Fräulein Petralo.« Der Major beugte sich förmlich über ihre Hand, und Ninas volle Lippen hoben sich in reizender Weise.
    »Ich freue mich auch, einen Freund des Colonels kennenzulernen - aber nennt mich doch bitte Nina. Formalitäten bin ich einfach nicht mehr gewöhnt.«
    »Also gut... Nina. Wenn Ihr Jamison zu mir sagt.«
    »Jam-i-son«, wiederholte sie mit ihrem ungarischen Akzent. »Diesen Namen habe ich noch nie gehört, Jam-i-son. Spreche ich ihn richtig aus?«
    Er lächelte in einer Weise, die Elissa noch nie an ihm gesehen hatte, irgendwie wärmer, mit wachsendem Interesse. »Nicht ganz. Vielleicht sagt Ihr besser Jamie zu mir, wie der Colonel.«
    Nina ließ ihre weißen Zähne blitzen. »Jamie. Ja, das gefällt mir gut.« Sie wandte sich den Kindern zu. »Und das sind meine Schwester Vada und mein Bruder Tibor.«
    Das Interesse im Blick des Majors wurde noch deutlicher. Also keine eigenen Kinder, sondern Geschwister, schien er zu denken. Offensichtlich hatte sie keinen Ehemann. Seine Augen glitten über ihr Gesicht, die hohen Wangenknochen und die dichten, dunklen Wimpern, richteten sich flüchtig hinunter zu ihrer Figur. Sie würden ein prächtiges Paar abgeben, dachte Elissa plötzlich, beide schlank und dunkelhaarig und Nina gerade so groß, daß sie dem Major ans Kinn reichte.
    »Fräulein Petralo hat in Ratisbon ihren Vater verloren«, erklärte Adrian und gab der Haushälterin ein Zeichen, die Kinder - und den Hund - hinaufzubringen in das Zimmer, das sie mit ihrer Schwester teilen würden. »Sie wird hierunterkommen bei der Familie Krasnos, ihren Wiener Verwandten.«
    Die Haushälterin trat vor. Nina bückte sich und flüsterte Vada etwas zu, da nahm das kleine Mädchen die Hand ihres Bruders, der inzwischen wieder halbwegs wach war. Die beiden Geschwister folgten der Frau die Treppe hinauf.
    Der Major betrachtete Nina voller Mitgefühl. »Euer Verlust tut mir leid«, sagte er. »In diesem Krieg sind schon so viele Menschen gestorben. Aber auch in Wien herrschen nicht gerade die besten Zustände.«
    Adrian runzelte die Stirn. »Was ist passiert?«
    »Also hast du noch nichts davon gehört? Bonaparte soll weniger als einen Tagesritt bis westlich von Wien vorgedrungen sein. Nach Hillers Rückzug hat keiner mehr auf den Weg geachtet, den er nahm, und er ist schneller marschiert, als man erwartete. Die Leute haben Angst. Sobald die Ebersberger Niederlage bekannt wurde, fingen sie an, in Scharen die Stadt zu verlassen. Vielleicht ist Ninas Familie bei denen, die schon geflohen sind.«
    Adrians Blick wurde schärfer. »Mir ist auf der Straße in die Stadt schon aufgefallen, daß mehr Leute unterwegs waren als sonst. Wenn ich nicht so verdammt müde gewesen wäre, hätte ich den Grund vielleicht erraten.«
    »Niemand weiß, wann Napoleon angreifen wird. Wahrscheinlich nicht, solange seine Truppen nicht ausgeruht und wieder kampfbereit sind. Inzwischen wurden die Verteidigungsanlagen der Stadt verstärkt, und man hofft, daß bald die Armee des Erzherzogs eintrifft.«
    »Na ja, aber es gefällt mir trotzdem nicht. Ich hätte die Frauen nicht hergebracht, wenn ich solche Gefahren geahnt hätte.«
    »Bei der Armee wäre es für sie jetzt auch gefährlich. Ein Schlachtfeld ist ja wohl kaum der richtige Aufenthaltsort für Frauen und Kinder.«
    Adrian schien nicht überzeugt. »Das habe ich auch schon einmal gedacht.«
    »Und was Elissa betrifft«, fuhr Jamison fort, »die Herzogin ist in ihr Sommerhaus in Baden zurückgekehrt - rein zur

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