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Bei Tag und Nacht

Titel: Bei Tag und Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kat Martin
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Augenblick habe ich Euch bewundert, Mylord Colonel. Ihr seid stark und klug. Ihr seid nett und zärtlich. Aber heute habe ich etwas über Euch herausgefunden, das ich nicht wußte. Bis heute morgen hielt ich Euch für den mutigsten Mann, der mir je begegnet ist. Aber in Wahrheit, Colonel Kingsland, seid Ihr ein Feigling. Und aus diesem Grunde werden wir beide den Rest unseres Lebens leiden müssen.«
    Adrians vorige Blässe wandelte sich in Dunkelviolett, Ärger trat an Stelle der Verzweiflung, die ihn gerade noch erfüllt hatte.
    »Wenn ein Mann so etwas zu mir sagte, wäre ein Duell fällig. In Eurem Falle, Mylady, bin ich nur dankbar, Eure wahre Meinung von mir erfahren zu haben. Das macht unseren Abschied um so einfacher, wie ich Euch versichere.« Eisig wandte er sich ab, schwang sich in den Sattel und nahm die Zügel. »Lebt wohl, Gräfin. Und gute Reise zurück nach England!«
    Er spornte seinen Hengst heftig an und ritt ohne einen Blick zurück davon. Elissa sah seine große Gestalt in der Menge der Menschen verschwinden, die sich drängten, Wien zu verlassen. Und sie glaubte, ihr Herz bliebe stehen.
    O Erbarmen, was habe ich getan? Sie sank auf den Stufen nieder, starrte auf die Stelle, wo Adrian gestanden hatte, wünschte, sie könnte ihre Herausforderung zurücknehmen. Dann wären sie wenigstens als Freunde geschieden. Aber jetzt war er für immer fort. Ihre grausamen Worte hatten ihn in die Flucht geschlagen.
    Elissa schluckte gegen den Kloß in ihrer Kehle an. Sie hätte wissen müssen, daß er so reagieren würde. Er hatte nach einem Vorwand gesucht, sie zu verlassen, und diesen hatte sie ihm geliefert. Sie weinte um das, was nun unwiederbringlich dahin war. Jetzt hatte sie diesen Keil zwischen sie beide getrieben, den keine Worte je zurückzunehmen vermochten.
    »Komm ins Haus.« Ninas befehlende Summe drängte sich in ihr Elend, der sachliche Ton holte sie aus ihrer Not. »Es hat doch keinen Sinn hier zu sitzen und sich zu grämen vor Kummer. Komm herein, ich mache dir eine Tasse Tee.«
    Nina hatte recht, doch Elissas Beine fühlten sich trotzdem bleiern an. Schwankend stand sie auf. Weinen würde nichts nützen und ihn nicht zurückbefördern. »Ich habe ihn verloren, Nina, alles falsch gemacht und ihn vertrieben.«
    Nina legte einen Arm um ihre Schultern und führte sie in die Halle. »Du hast dir Mühe gegeben. Mehr geht schließlich nicht. Du hast ihm alles gestanden. Jetzt muß er selbst entscheiden, was er tun will.«
    Aber Elissa glaubte, das wäre bereits geschehen. Sie hatte es an seinen grimmig gestrafften Schultern beim Davonreiten erkannt. Er würde nicht zurückkommen - zumindest nicht ihretwegen. Sie mußte sich auf ein Leben ohne ihn einstellen.
    Der Vormittag schleppte sich dahin. Obwohl sie sich jämmerlich fühlte, war Elissa entschlossen, ihr Leben wieder möglichst in den Griff zu kriegen. Getrieben von dem dringenden Bedürfnis, den Verlust Adrians zu überwinden, wartete sie ungeduldig auf die Rückkehr des Majors. Sie durfte nicht resignieren. Es gab Dinge zu tun, die ihr vielleicht helfen würden, ihn aus ihren Gedanken zu vertreiben.
    Jamison kam um die Mittagszeit zurück, das gesattelte Pferd hinten an eine Kutsche gebunden. Ein Bursche führte es in den Stall, während der Major, zwei Stufen auf einmal nehmend, heraufstürmte.
    »Die Familie Krasnos ist noch in Wien«, sagte er ohne Vorrede, als er zu ihnen in den Salon kam. »Ich habe heute morgen mit ihnen gesprochen. Sie waren betroffen wegen des Todes von Ninas Vater, versicherten mir aber, alle drei Leutchen könnten bei ihnen unterschlüpfen.«
    Erleichtert atmete Nina auf, aber ihre schmalen Lippen zeugten von kaum gemilderter Sorge. Schon seit einer halben Stunde war sie in Erwartung von Jamisons Rückkehr auf und ab gegangen und hatte sich gefragt, was die Verwandten wohl wirklich von dieser Einquartierung hielten.
    Elissa fragte sich dasselbe: Wie mochten sie sein? Und genau diese Unsicherheit verdüsterte Ninas Züge.
    Aber Elissa zwang sich zu lächeln. »Das ist ja schön, nicht wahr, Nina?«
    »Ja, wirklich.« Sie warf einen kurzen Blick nach oben, als könnte sie in die Zimmer im ersten Stock schauen. »Die Kleinen spielen mit dem Hund. Unsere Sachen sind schon gepackt. Vada und Tibor sollen sich fertigmachen zum Aufbruch.«
    Jamison nickte. »Die Kutsche wartet draußen. Ich würde Euch und die Kinder gern so schnell wie möglich unterbringen. Es dauert drei Stunden bis nach Baden, und mir wäre es lieber,

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