Bei Tag und Nacht
ihren Kopf, aber er ließ sie nicht los.
»Ich liebe dich«, sagte sie. »Adrian, ich liebe dich so.«
Sein ganzer Körper spannte sich. Einen Augenblick lang holte er nicht einmal Luft.
»Offengestanden wollte ich es dir schon längst sagen«, fuhr sie unsicher fort, »... aber ich hatte Angst.«
Sein Griff lockerte sich, und sie spürte, wie er sich zurückzuziehen begann. Am liebsten hätte sie sich die Zunge abgebissen, hätte ihn verzweifelt wieder in ihre Arme gezogen.
»Du liebst mich nicht«, berichtigte er sanft und schaute in ihre tränennassen Augen. »Vielleicht glaubst du das jetzt - aber irgendwann wirst du feststellen, daß es ein Irrtum war.«
Die Enge in ihrer Kehle nahm zu, machte ihr das Reden schwer. »Du hast unrecht, Adrian. Ich bin nicht so wie die Frauen in deiner Vergangenheit, bin ganz anders als Miriam Springer. So leicht verschenke ich meine Liebe nicht oder nehme sie dann wieder zurück.« Sie streckte die Hand aus und umfaßte seine Wange. »Ich liebe dich - von ganzem Herzen und ohne Einschränkung. Was immer du tust und wo immer du auch hingehst, wird sich das nicht ändern. Meine Liebe bleibt dir erhalten, Adrian. Auf ewig.«
Er starrte sie an, sein Blick voller Bedauern und dunkel vor Schmerz. Sie schaute in sein geliebtes Gesicht, sah die Verzweiflung und sein Verlangen, das sogar noch größer war als das ihre; in diesem Augenblick wußte sie, daß auch er sie liebte.
Mein Gott, er liebte sie - wie sie es erhofft hatte -, und doch zählte es nicht. Die Spannung in seinem Körper, sein stoßweiser Atem bewies, daß er dennoch vorhatte, endgültig aufzubrechen.
Abermals stiegen die Tränen in ihr auf. »Du wirst nicht wiederkommen«, schluchzte sie verzweifelt. »Dies ist nicht nur ein Abschied bis zu deiner Rückkehr, sondern eine Trennung für immer . .. nicht wahr, Adrian?«
Er wandte sich ab, und sein Kummer war so spürbar, daß sie glaubte, ihn greifen zu können. »Mein Regiment ist hier«, sagte er leise. »Früher oder später muß ich wieder herkommen.«
Ihre Brust tat ihr weh, als sauge ihr jemand die Luft aus den Lungen. »Aber nicht mehr zu mir! Heute schenkst du mir den letzten Kuß - hältst mich das letzte Mal in den Armen. Es ist vorbei - nicht wahr, Adrian? Vergangene Nacht hast du dich von mir verabschiedet. Vergangene Nacht, als du mich geliebt hast, bist du schon weit weggewesen.«
Er antwortete nicht, gab keinen Ton von sich; aber die Qual auf seinen Zügen bestätigte, was er nicht sagen wollte. Der Schmerz traf sie wild und betäubend, durchkreuzte ihr Denken.
»Ich muß fort«, wiederholte er. »Irgendwann wirst du mich vergessen, wirst einen anderen finden. Einen Mann, der dich so liebt, wie du es verdienst.«
Sie schüttelte nur den Kopf. »Aber ich will nicht irgendeinen. Dich liebe ich, Adrian. Und du bist der einzige, den ich je lieben werde.«
Widerstreitende Gefühle bewegten ihn. »Das tut mir leid -ich wollte dir nicht weh tun.«
Elissa schluckte schwer. »Ich weiß.«
Adrian schaute ein letztes Mal in ihr Gesicht und polterte die Treppe hinunter. Minotauros wieherte, ihr Herz verkrampfte sich, und die Augen quollen ihr über. Wenn du ihn liebst, mußt du um ihn kämpfen. Ninas Worte erklangen in ihren Ohren. Wenn du ihn liebst. .. wenn du ihn liebst.. . Der Refrain durchbrach den Kummer, der ihre Sinne umnebelte. Wenn du ihn liebst, mußt du kämpfen. Auf einmal durchfluteten sie Kraft und unerschöpflicher Mut.
Sie richtete sich auf und rief hinter ihm her, so daß er, unten angelangt, stehenblieb. Als er sich umdrehte, sah sie seine finstere Miene und begriff, daß die nächsten Augenblicke den Lauf ihres Lebens bestimmen würden.
»Ich weiß, was du denkst, Colonel. Du glaubst, du kannst dies alles einfach hinter dir lassen. Aber so leicht geht das nicht -in Wirklichkeit läufst du nämlich davon!«
Adrian starrte sie unergründlich an. Sie hob das Kinn und zwang sich, dem brennenden, grünen Blick standzuhalten, der plötzlich so hart geworden war. »Weißt du, was ich denke, Colonel? Ich glaube, du liebst mich fast so sehr wie ich dich! Aber das ändert nichts an der Tatsache, daß du Angst hast. Von Kindheit an hast du nach Liebe gesucht, und es gelang dir nicht, sie zu finden. Deshalb bist du überzeugt, es wird dir immer wieder mißlingen - und diesmal würdest du es nicht überleben.«
Elissa reckte die Schultern, ihre Brust schmerzte, tapfer erwiderte sie seinen Blick, legte ihr Inneres offen dar. »Bis zu diesem
Weitere Kostenlose Bücher