Bei Tag und Nacht
zu. Musketenschüsse krachten, einer zerriß seine Uniform, verfehlte aber seinen Arm.
Adrian bemerkte es kaum. Eine Ruhe erfüllte ihn wie immer im Kampf, seine Gedanken waren konzentriert darauf gerichtet, den Feind zu besiegen. Diese Ruhe hatte er schon mindestens hundertmal erlebt; doch heute fühlte er sich anders - seine Taubheit gegenüber der Gefahr kam ihm diesmal stärker und irgendwie beunruhigend vor.
Der Donner der Hufe wurde lauter. Ein Franzose erschien links von ihm, und Adrian schlug mit seinem Säbel zu, traf den Mann in die Brust, so daß die Pistole des Soldaten hochflog und ein paar Meter weiter in den Staub sank. Adrian nahm alles wie aus weiter Ferne wahr, sah sich selbst kämpfen und hatte das Gefühl, als wäre dieser Mann in der roten Uniform eigentlich nicht er, sondern jemand anders.
Natürlich war es riskant, sich so einer Stimmung zu überlassen. Ein Augenblick der Achtlosigkeit, nur ein Moment der Zerstreutheit - und er konnte tot sein.
»Hinter dir!« schrie Jamie.
Adrian ließ den Hengst herumwirbeln, zog seine Pistole und schoß mit derselben Präzision wie schon tausendmal. Der Franzose fiel unter die stampfenden Hufe, und Adrian setzte seinen wilden Angriff fort, schwang seinen blutigen Säbel mit tödlicher Kraft.
Zwei schreckliche Stunden lang tobte die Schlacht. Auf beiden Seiten fielen die Männer wie vom Sturm gefällte Bäume. Dann wendete sich das Blatt. Die französischen Linien begannen zurückzufallen, und Stück für Stück gewannen die Österreicher an Boden.
Adrians Einheit bekam den Befehl, sich neu zu ordnen; er versammelte seine Leute und brachte Minotauros auf einem flachen Hügel zum Stehen. Um sieben Uhr morgens hatten die Franzosen angegriffen, angeführt von Marschall Bessieres, waren in dichten Kampfreihen herangeprescht. Die Österreicher hatten sich hartnäckig zur Wehr gesetzt, und als Adrian jetzt über das Schlachtfeld blickte, zeichnete sich der Sieg bereits ab.
Doch dieser Sieg würde teuer erkauft sein. In den vergangenen zwei Tagen waren zwanzigtausend Österreicher gefallen oder verwundet worden und beinah gleich viele Franzosen.
Er starrte hinab auf das mit Leichen bedeckte Feld, biß die Zähne zusammen und wurde von einer Erschöpfung überwältigt, die nichts mit dem Kampf zu tun hatte. Als er sich schaudernd abwandte und zum Hügel oberhalb des Lazarettlagers ritt, bemerkte Adrian, daß sich in ihm eine Änderung vollzog -er hatte genug vom Krieg und vom Kämpfen, war diese blutigen Massaker endgültig leid, wo ständig brave Männer verstümmelt und getötet wurden.
Es stand ihm bis zum Hals, dieses einsame, ernste Leben. Er hatte seinem Land lange und treu gedient - jetzt wollte er einfach nur noch nach Hause.
Seine Entdeckung überraschte ihn, aber dann auch wieder nicht. Tief im Innern war es vielleicht etwas, wonach er sich die ganze Zeit gesehnt hatte. Möglicherweise war es das, was Elissa in seinen Augen gesehen, er selbst aber nicht erkannt hatte.
Als er an sie dachte, fing sein Herz an zu hämmern. Er liebte sie, und jetzt wollte er es ihr sagen, wie er es schon längst hätte tun sollen. Mit ihr wollte er baldigst nach Wolvermont zurückkehren, wollte daraus ein Heim machen, es mit Kindern füllen. Sie sollten Papa zu ihm sagen, und sein Leben gehörte einer Frau, die ihn liebte - wenn auch längst nicht so wie er sie!
Er schaute den Hügel hinunter, wo sein hübscher blonder Engel sich über einen Verwundeten beugte, leise mit ihm sprach, seine Hand hielt. Das Licht fiel auf ihr goldenes Haar, die leichte Brise hob es von ihren Wangen, und in seiner Brust machte sich die Sehnsucht breit. Noch nie hatte er etwas Schöneres gesehen als ihr schmutziges, von Schießpulver und Staub geschwärztes Gesicht, ihr erschöpftes Lächeln und ihre müden Augen mit den schweren Lidern.
Eine ganze Weile lang schaute er ihr nur zu, rang um den nötigen Mut - er wußte, daß er ihr unrecht getan hatte und suchte nach den geeigneten Worten. Er wollte ihr sagen, daß er leider wirklich ein Feigling gewesen war und sich das jetzt geändert habe.
Vor der Liebe fürchtete er sich nicht mehr. Irgendwann in den vergangenen zwei Tagen hatte er die Kraft gefunden, einem viel stärkeren Feind ins Auge zu sehen als dem, der ihm auf dem Schlachtfeld gegenüberstand. Hoffentlich hatte er nicht zu lange gewartet, würde sie noch von seiner Liebe überzeugen können -womöglich vergab sie ihm nicht, daß er sie so verletzt hatte.
Er ließ sein
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