Bei Tag und Nacht
Kampfes blieb und verlieh ihr ein flüchtiges Gefühl der Befriedigung. Haß malte sich auf seinen Zügen. Er war nackt bis zur Taille, und Spinnweben von beinah weißem Haar lagen wie ein dünnes Netz auf des Majors magerer Brust.
Elissa schloß die Augen, als er näher kam und seine Hände sich auf die Knöpfe seiner Hose legten. Tränen rannen ihr unaufhaltsam über die Wangen. Bei aller Phantasie, nie hätte sie geglaubt, daß die Sache so ausgehen könnte!
Hastig betrat Adrian den privaten Herrenclub Neue Burg am Kohlmarkt. Außer leisem Frauenlachen aus einem der Salons war nichts zu hören. Leichter Geruch nach Zigarrenrauch erfüllte die Luft; dann drang Klaviermusik aus dem Inneren des Hauses.
Ein livrierter Bediensteter von beeindruckender Gestalt trat ihm in den Weg, als er auf die Treppe zuging.
»Wohin möchte der gnädige Herr?«
Er zwang sich zum Nachdenken. Um Elissa zu finden, mußte er sich beherrschen.
»Ich habe eine dringende Nachricht für General Steigler. Man sagte mir, er wäre hier.« Er schaute auf die Türen im oberen Stockwerk. »In welchem Raum befindet er sich?«
Massige Arme wurden vor der Brust des Mannes verschränkt. »Ihr habt hier keinen Zutritt! Dies ist ein privater Club nur für Mitglieder, und das seid Ihr nicht.«
Adrian biß die Zähne zusammen. Er brauchte seinen ganzen Willen, um nicht loszuschlagen. »Wie ich schon sagte, geht es um eine wichtige Nachricht für Steigler. Ich bin Colonel der britischen Armee und muß ihn dringend sprechen.« Als der
Mann schwieg, trat Adrian dicht vor ihn. »Wollt Ihr ihm persönlich mitteilen, ein Colonel mit entscheidenden Kriegsberichten wäre hiergewesen, aber Ihr hättet ihn nicht hereingelassen?«
Ein paar Sekunden später ließ der Mann die Arme sinken, tat einen Schritt zur Seite und gab den Weg zur Treppe frei. »Zimmer vierzehn. Und klopft, bevor Ihr eintretet - sonst seid Ihr nicht mehr lange Colonel!«
Adrian antwortete nicht, sondern eilte die Treppe, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, hinauf. Schreckliches Bangen lastete wie ein Felsen auf seiner Brust.
Als er an der Tür war, stieg ein unangenehmer Gedanke in ihm auf. Und wenn es ihr so gefiel? Wenn sie Steigler schon die ganze Zeit begehrte?
Er betete, es möge nicht so sein, wußte in dem Falle würde er nämlich schön dumm dastehen. Trotzdem drückte er nun die Klinke und machte die Tür auf. Alle seine Zweifel zerstoben in dem Moment, als er die Frau auf dem Bett erblickte. Seine Liebste! Angebunden wie ein Stück Vieh für Holdorf und Steigler, geschlagen, gedemütigt und verletzt.
Ein gefährliches Grollen entrann sich seiner Brust. Er sprang vor, legte eine Hand um Holdorfs Hals und zerrte ihn näher. Dann rammte er ihm eine Faust in den Magen und den nächsten Schlag unters Kinn, so daß sein Gegner in einer Ecke zusammensank.
Adrian atmete heftig, alles in ihm brannte. Er wandte sich Steigler zu, der ruhig etwas abseits stand.
Steiglers Mundwinkel bog sich leicht nach oben. »Ich schlage vor, Ihr zügelt Euer Temperament, Colonel Kingsland, bevor noch jemand verletzt wird.« Eine kleine Pistole erschien in der Hand des Generals. »Genauer gesagt«, fuhr Steigler fort, »ordne ich ausdrücklich an, daß Ihr sofort verschwindet.«
Hinter ihm ächzte Holdorf auf. Er hörte Elissa wimmern, und es erfaßte ihn plötzlich Gelassenheit. Es war dieselbe Ruhe und eiserne Entschlossenheit, die sich seiner vor einer Schlacht bemächtigte.
»Aber Ihr wißt schon, daß ich das nicht tun werde, stimmt’s? Nicht ohne diese Dame!«
Steigler hob eine Braue. »Sie würden für sie riskieren, von einer Kugel getroffen zu werden?«
»Laßt sie gehen«, warnte Adrian ihn, kam näher, den Blick auf Steiglers harte Züge geheftet. »Bindet sie los, oder ich schwöre, ich bringe Euch um!«
»Ihr scheint zu vergessen, Colonel Kingsland, daß die Schußwaffe sich in meiner Hand befindet.«
Nicht mehr lange, dachte Adrian und schob sich auf Steiglers olivbraune Hand zu, sah, wie der den Finger am Abzug bewegte; im selben Augenblick trat er mit dem Fuß nach oben. Er traf Steiglers Handgelenk, die Pistole flog durch die Luft und rutschte über den Boden.
Steigler machte einen Satz, um sie zurückzuholen, aber Adrian schnappte seinen Arm, wirbelte ihn herum und versetzte ihm einen Faustschlag. Dann ließ er einen kräftigen Hieb in sein Gesicht folgen, der ihn nach hinten auf die Bettkante beförderte. Blut rann aus seiner Nase. Scharlachrote Tropfen spritzten auf
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