Bei Tag und Nacht
seine makellos weiße Uniformjacke.
Adrian fiel auf, daß sie zerrissen war, er hatte auch die Kratzer auf Holdorfs Gesicht bemerkt und verspürte jähen Stolz, daß Elissa gegen sie gekämpft hatte.
Der Colonel beugte sich vor und hob die Pistole auf. »Weg von dem Bett«, sagte er und zielte auf Steiglers Herz. Dann bückte er sich und zog ein schmales Messer aus einem Stiefelschaft.
»Dafür werdet ihr büßen, Wolvermont. Ich sorge für Eure Entlassung - bis morgen früh seid Ihr nicht mehr in der Armee.«
»Das glaube ich nicht.« Jetzt zerschnitt Adrian erst die Fesseln an Elissas Handgelenken, dann die an den Füßen. »Ich glaube, Ihr werdet schweigen, genauso wie Ihr wußtet, daß die
Gräfin zwangsläufig geschwiegen hätte. Wenn nicht, ist es um Euren Ruf endgültig geschehen, und ganz Wien wird von Euren schmutzigen Perversitäten erfahren.«
Ein Haufen pfirsichfarbenen Stoffs auf dem Boden zeigte, was aus Elissas Kleider geworden war. Er riß ihren Umhang vom Stuhl, legte ihn ihr um die Schultern, als sie sich unsicher aufsetzte.
Steiglers Fäuste begannen zu zittern, seine schwarzen Augen loderten vor Haß. »Das werdet Ihr bereuen, Colonel. Ihr beide werdet es bereuen, das verspreche ich!«
Adrian kümmerte sich nicht weiter um ihn, sondern wandte sich an Elissa, die den Knebel losgebunden und sich fester in den Umhang gehüllt hatte.
»Wirst du es schaffen?« Er versuchte nicht daran zu denken, was sie hatte ertragen müssen, hoffte, daß er gerade noch rechtzeitig gekommen war - Steigler voll bekleidet und Holdorf gerade dabei, seine Hose aufzuknöpfen -, bevor diese Lumpen ihr Gewalt antun konnten.
Elissa nickte, fuhr sich mit der Zunge über die geschwollenen Lippen. »Ich schaffe es.« Aber sie schwankte, als sie aufstand und lehnte sich an ihn, als er zu ihr eilte. Er legte einen Arm um ihre Taille, um sie zu stützen, spürte das Zittern ihres gesamten Körpers, und sein Finger legte sich enger um den Abzug der Pistole.
Noch nie hatte er so große Lust verspürt, jemanden zu töten. »Ich würde den Herrschaften raten, zu bleiben, wo Ihr seid, bis wir fort sind. Derjenige, der versucht, uns zu folgen wird erschossen.« Er wandte sich Elissa zu. »Halte dich an mir fest. Es ist höchste Zeit, daß wir gehen.«
Rückwärts schob er sie in den Flur hinaus und schloß die Tür. Dann schob er die Pistole in seinen Hosenbund und sah im selben Augenblick, wie Elissas Knie ihr den Dienst versagten. Mit einem stillen Fluch auf Steigler wünschte er intensiv, er hätte geschossen, hob sie jedoch gleichzeitig in seine Arme. Mit lan-gen Schritten erreichte er die Hintertreppe und war bald draußen in der Gasse. Sie legte die Arme um seinen Hals, und er sah glänzende Tränen auf ihren Wangen.
Hinter der Hausecke wartete seine Kutsche. Mit einem dankbaren Nicken zum Mann auf dem Bock öffnete Adrian den Schlag und stieg hinein.
Das Gefährt fuhr sofort los, und der Kutscher ließ die Peitsche über den Köpfen der Pferde knallen. So entfernten sie sich in aller Eile von dem Kohlmarkt, und Elissa entspannte sich in seinen Armen. Er hielt sie auf dem Schoß, ihren Kopf an seine Schulter gedrückt, und liebkoste sie zärtlich, um ihr seine Wärme und Fürsorge zu vermitteln.
»Jetzt bist du in Sicherheit«, flüsterte er und küßte sie auf den Scheitel. »Ich garantiere dir, daß Steigler dich nie wieder berühren wird.«
Sie hob den Kopf und sah ihn mit verhangenem Blick an. »Es ist meine Schuld. Ich wollte es nicht, aber mußte ihm etwas vormachen. Bevor Holdorf hereinkam, habe ich mich von ihm küssen lassen, wollte sogar erlauben, daß er mit mir schläft. Ich hatte mir eingeredet, daß ich es fertigbrächte, auch wenn er mich betäubt hatte und mir schlecht wurde von ihm. Es sollte für Karl sein. Aber ich habe es einfach nicht geschafft.« Sie schluchzte auf. »Ich habe an dich gedacht und konnte es einfach nicht ertragen, daß er mich anfaßt. Nicht so wie du.« Sie schüttelte den Kopf und klagte erschüttert: »Ich konnte es nicht, Adrian-bin dabei gescheitert, meinen Bruder zu rächen.«
Jetzt fing sie an, richtig zu weinen, tief und untröstlich, so daß es ihm bis ins Herz drang. Er wiegte sie wie ein Kind, küßte ihre Stirn.
»Es tut mir so leid, Liebes. Ich wünschte, es wäre nicht passiert. Vielleicht hättest du mir vertrauen sollen.« Er hob ihr Kinn. »Du müßtest doch wissen, daß du mir vertrauen kannst. Meinst du nicht, es ist an der Zeit, mir die Wahrheit zu
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