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Beifang

Titel: Beifang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Ritzel
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mit Ihnen reden.«
    »Versprechen Sie sich nicht zu viel davon«, meinte Kuttler. »Wir wissen nichts. Und alle Leute wollen uns einreden, dieser Eisholm sei ein wenig durch den Wind gewesen und habe es wohl selbst getan.«
    »Was für Leute?«
    »Eisholms Ex und Desarts, der vor allem. Nur die Anwältin behauptet, er habe ganz im Gegenteil seine euphorische Phase gehabt. Oder die manische. Ich weiß nicht mehr genau, wie sie sich ausgedrückt hat.«
    »Und wieso meint Desarts, Eisholm sei durch den Wind gewesen?«
    »Wegen Veesendonk«, antwortete Kuttler. »Eisholm hat nach der Verhandlung noch den Vorsitzenden aufgesucht, offenbar, um Zeit zu gewinnen...« Er neigte den Kopf ein wenig, um einen Blick seines Gegenübers aufzufangen. »Ich nehme an, er hat damit gerechnet, dass Sie noch etwas herausfinden werden.. Desarts aber findet den Besuch merkwürdig, und Veesendonk selbst hat uns gesagt, er sei ein wenig irritiert gewesen... Was haben Sie?«

    Berndorf hatte sich dem beleuchteten Aushang mit den Abfahrtsplänen zugewandt.
    »Veesendonk hat von sich aus von diesem Besuch erzählt?«, fragte er und schien dabei irgendwelche Abfahrtszeiten zu studieren.
    »Ja doch«, antwortete Kuttler und trat neben ihn. »Er hat Dorpat und mich noch im Landgericht abgefangen, um uns davon zu unterrichten. Die Unterredung, die er mit Eisholm gehabt habe, sei aber nur kurz gewesen.«
    »Das Haus, in dem die Mornys gelebt haben, wird gerade renoviert«, begann Berndorf unvermittelt ein neues Thema. »Es steht also im Augenblick leer. Könnten Sie Dorpat dazu bringen, dort und im Garten noch einmal nach der Kette suchen zu lassen?«
    Kuttler stutzte. »Aber warum?«
    »Wenn irgendwo doch ein Versteck sein sollte, entdecken Sie es jetzt am ehesten - im Haus, solange es mit keinen neuen Möbeln vollgestellt ist, und im Garten, solange die Vegetationsperiode nicht eingesetzt hat.«
    »Sie meinen, nach dieser verdammten Kette hätten wir nicht schon gründlich genug gesucht?«, fragte Kuttler ärgerlich. »Ganz davon abgesehen - was versprechen Sie sich eigentlich davon? Wenn wir die Kette dort finden, ist Morny erst recht dran.«
    »Das muss Sie doch nicht stören.«
    »Sicher nicht. Aber das Problem ist nicht Dorpat, sondern Desarts. Er will keine weiteren Ermittlungen im Fall Morny. Keine, die irgendwie mit Stuttgart zu tun haben.« Kuttler hob die Hand und ließ sie wieder fallen.
    »Die Kette hat nichts mit Stuttgart zu tun«, widersprach Berndorf. »Und was heißt das überhaupt, dass Desarts nicht will? Führt er neuerdings seine Amtsgeschäfte nach Lust und Laune?«
    Kuttler blickte um sich. Sie waren allein, und der kleine Hummayer trieb sich am anderen Ende des Bahnsteigs herum, vermutlich bei Gleis fünf a. »Nicht nach Lust und Laune«, antwortete er. »Ausdrücklich nicht.« Er hob den Kopf, als habe er einen
unwiderruflichen Beschluss zu verkünden. »Desarts hat gesagt, das sei die Linie der Staatsanwaltschaft in diesem unserem Lande.«
    Berndorf sah ihn zweifelnd an. Aber in diesem Augenblick setzte dröhnend der Bahnhofslautsprecher ein und teilte mit, dass auf Gleis sechs der Nahverkehrszug nach Blaubeuren, Ehingen und Sigmaringen bereitgestellt werde, Abfahrt 19.26 Uhr.
     
     
     
    Berndorf bekam einen freien PC zwischen einem Afrikaner, der seine E-Mails abrief, und einem jungen Türken, der auf seinem Bildschirm mit lässig eingegebenen Kommandos irgendwelchen Unholden die Köpfe abschlug und ihre Körper explodieren ließ. Und jedes Mal, wenn einem der Bildschirmungeheuer der Kopf wegflog, zuckte das von einem schmalen Kinnbart eingerahmte Gesicht. Über den Köpfen flackerte eine Neonröhre, und der Kaffee war so erbärmlich, dass Berndorf ihn zurückgehen ließ und um eine Cola bat.
    Die Bedienung war eine übermüdete junge Frau, mager und reizlos. Er hatte den Kaffee recht barsch zurückgehen lassen, das ärgerte ihn, man musste sich nicht so aufführen, schon gar nicht, wenn man vermutlich nur deswegen schlechte Laune hatte, weil man mit dem Internet nicht wirklich vertraut war und sich das eigene Vorhaben deshalb viel zu einfach vorgestellt hatte. Er hatte angenommen, er brauche nur zwei oder drei Suchbegriffe einzugeben, damit die Suchmaschine ihm dann als Erstes die Schnittmenge präsentierte - dass er beispielsweise zu den Begriffen »Landesvorstand«, »Staatspartei« und »VfB« sofort auf dem Bildschirm ablesen könnte, welche Landesvorstandsmitglieder der Staatspartei in der einen oder anderen Weise

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