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Beim Leben meiner Schwester

Titel: Beim Leben meiner Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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antwortet Sara.
    Â»Haben Sie sie gefragt, ob Sie ihr eine Nadel in den Arm stechen dürfen?«
    Â»Ich habe sie gebeten, ihrer Schwester zu helfen.«
    Â»Trifft es nicht zu, daß Anna regelrecht festgehalten werden mußte, damit ihr die Nadel in den Arm gestochen werden konnte?«
    Sara blickt Anna an, schließt die Augen. »Ja.«
    Â»Nennen Sie das freiwillige Mithilfe, Mrs. Fitzgerald?« Aus den Augenwinkeln kann ich sehen, wie Richter DeSalvo die Augenbrauen zusammenzieht. »Als Anna das erste Mal Lymphozyten entnommen wurden, gab es da irgendwelche Nebenwirkungen?«
    Â»Sie hatte ein paar blaue Flecke. Leichte Schmerzen.«
    Â»Wann wurde ihr dann wieder Blut abgenommen?«
    Â»Einen Monat später.«
    Â»Mußte sie da wieder festgehalten werden?«
    Â»Ja, aber –«
    Â»Was hatte sie danach für Nebenwirkungen?«
    Â»Die gleichen.« Sara schüttelt den Kopf. »Sie verstehen das nicht. Natürlich war mir klar, was Anna durchmacht, jedes Mal, wenn sie die Prozedur über sich ergehen lassen mußte. Da spielt es keine Rolle, welches deiner Kinder in der Situation steckt – es zerreißt dir jedesmal das Herz.«
    Â»Und dennoch, Mrs. Fitzgerald, haben Sie das Gefühl überwunden«, sage ich, »denn Sie haben Anna ein drittes Mal Blut abgenommen.«
    Â»Es hat so lange gedauert, um genug Lymphozyten zu bekommen«, sagt Sara.
    Â»Wie alt war Anna, als sie sich zum Wohle ihrer Schwester das nächste Mal einer medizinischen Behandlung unterziehen mußte?«
    Â»Als Kate neun war, bekam sie eine gefährliche Infektion und –«
    Â»Das war wieder nicht meine Frage. Ich möchte wissen, was mit Anna passiert ist, als sie sechs war.«
    Â»Sie hat zur Bekämpfung von Kates Infektion Granulozyten gespendet. Das ist ein ganz ähnlicher Vorgang wie bei einer Lymphozytenspende.«
    Â»Wieder ein Nadelstich?«
    Â»Ja.«
    Â»Haben Sie sie gefragt, ob sie bereit sei, die Granulozyten zu spenden?«
    Sara antwortet nicht.
    Â»Mrs. Fitzgerald«, drängt der Richter.
    Sara schaut ihre Tochter an, mit flehendem Blick. »Anna, du weißt doch, daß wir das alles nicht getan haben, um dir weh zu tun. Es hat uns allen weh getan. Wenn du die blauen Flecke auf der Haut hattest, hatten wir sie innen.«
    Â»Mrs. Fitzgerald«, sage ich und trete zwischen sie und Anna. »Haben Sie sie gefragt?«
    Â»Bitte tun Sie das nicht«, sagt Sara. »Wir alle kennen die Geschichte. Ich gebe Ihnen in allen Punkten recht, mit denen Sie mich hier vielleicht noch quälen wollen. Ich möchte diesen Teil einfach nur schnell hinter mich bringen.«
    Â»Weil es schwer ist, das alles noch einmal haarklein hören zu müssen, nicht wahr?« Ich weiß, ich beschreite einen schmalen Grat, aber hinter mir ist Anna, und sie soll wissen, daß hier jemand ist, der sich voll und ganz für sie einsetzt. »Summa summarum klingt das alles nicht mehr ganz so harmlos, nicht wahr?«
    Â»Mr. Alexander, worauf wollen Sie hinaus?« fragt Richter DeSalvo. »Ich bin mir durchaus darüber im klaren, wie vielen Behandlungen Anna sich unterzogen hat.«
    Â»Weil wir Kates Krankengeschichte kennen, Euer Ehren, aber nicht Annas.«
    Richter DeSalvo blickt uns an. »Fassen Sie sich kurz.«
    Ich wende mich an Sara. »Knochenmark«, sagt sie ausdruckslos, bevor ich die Frage stellen kann. »Sie wurde narkotisiert, weil sie so jung war, und das Knochenmark wurde ihr mit einer Nadel aus dem Beckenkamm entnommen.«
    Â»War es wieder ein Nadelstich wie bei den anderen Prozeduren?«
    Â»Nein«, sagt Sara leise. »Es waren rund fünfzehn.«
    Â»In den Knochen?«
    Â»Ja.«
    Â»Was hatte Anna diesmal für Nebenwirkungen?«
    Â»Sie hatte starke Schmerzen und mußte Analgetika nehmen.«
    Â»Diesmal mußte Anna also über Nacht im Krankenhaus bleiben … und sie brauchte selbst Medikamente?«
    Sara ringt einen Augenblick um Fassung. »Mir wurde gesagt, daß eine Knochenmarkspende für den Spender nicht besonders belastend ist. Vielleicht wollte ich das ja nur hören, vielleicht mußte ich es damals hören. Und vielleicht habe ich nicht so sehr an Anna gedacht, wie ich es hätte tun sollen, weil ich so auf Kate fixiert war. Aber ich bin mir ganz sicher, daß Anna – wie jeder andere auch in unserer Familie – sich nichts sehnlicher

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