Beinah auf den ersten Blick: Roman (German Edition)
wünschte mir so sehr ein Kind!«
»Und jetzt hast du eines! Sie ist doch bei euch aufgetaucht. Aber kaum ist sie bei euch eingezogen, bist du ausgezogen! Hör zu, es tut mir leid, wenn ich dir damals deine Pläne vermasselt habe, aber du kannst mir nicht die Schuld für das Chaos geben, das du aus deinem Leben gemacht hast.« Pattys Augen funkelten, als sie ihre Meinung kundtat. »Ich habe gehört, dass du es mit deinem Chef getrieben hast, also tu nicht so, als wärst du ein kleines Unschuldslamm.«
Abbie konzentrierte sich auf ihren Atem. Patty Summers lebte jetzt in ihrem Haus mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter. Sie trug sogar ihren besten Satinmorgenmantel. Trauer, roh und heftig, brandete in ihrer Brust auf. Wie lange würde es dauern, bis Patty mit Tom das Bett teilte? Oder war das bereits passiert? O Gott, nicht daran denken, nicht daran denken .
»Und was suchst du jetzt hier? Willst du die Küche aufräumen? Ich kann dir versichern«, meinte Patty ungeniert, »die Küche müsste dringend mal geputzt werden.«
Offenbar aber nicht dringend genug, um sich vom Sofa zu erheben und es selbst zu tun.
»Ich wollte ein paar Dinge holen.« Abbie ging quer durch den Raum, zog den Stecker der Straußenfederlampe und stellte fest, dass einige der Porzellanzweige im Lampenfuß fehlten und der Schirm eingerissen worden war.
»Ist mir auch aufgefallen«, sagte Patty. »Das war Georgia, sie hat die Lampe vom Tisch gestoßen.«
Abbie stellte ihre Lieblingslampe wieder ab. So viel zu hochgeschätzten Besitztümern.
Zehn Minuten später hatte sie alles eingesammelt, weswegen sie gekommen war.
»Ich sage Tom, dass du vorbeigeschaut hast«, sagte Patty.
»Gut.«
»Die beiden sind ein tolles Team, nicht wahr? Tom und Georgia?«
»O ja.« Abbie wollte nur noch weg.
»Ich freue mich so, dass sie ihn gefunden hat. Und er sagt, dass sie sein Leben verändert hat.« Nach kurzer Pause zeigte Patty auf den Hausschlüssel, der in Abbies Blusentasche deutlich zu sehen war. »Brauchst du den Schlüssel noch? Tom hat nämlich keinen Ersatzschlüssel, und mir würde er echt das Leben erleichtern.«
Was bildete sich diese Frau ein? Andererseits wäre es kindisch, ihr den Schlüssel zu verweigern. Warum sollte Abbie nach dem heutigen Tag noch mal herkommen wollen? Sie nahm den Haustürschlüssel aus der Blusentasche und legte ihn – klick – auf die Glasplatte des Wohnzimmertisches.
Patty sagte: »Danke.«
Baby. Ehemann. Haus. Morgenmantel. Schlüssel. War sie auch noch an einem Herzen interessiert, ganz frisch aus der Brust der Rivalin gerissen, damit sie darauf herumtrampeln konnte?
Mit einem Kloß so groß wie ein Ei im Hals sagte Abbie: »Gern geschehen.«
Es würde ein guter Tag werden, aber im Moment war er noch nicht so wahnsinnig gut. Cleo war – mit schlechtem Gewissen – erleichtert gewesen, Abbie entfliehen zu können. Als sie am Sonntagmittag ins Hollybush ging, spürte sie förmlich, wie sich ihre Laune besserte. Ihr Gesicht war so gut wie abgeheilt, und sie ging zum ersten Mal ohne ihre Halskrause aus. Fast sah sie wieder normal aus. Außerdem schien die Sonne, und die Temperatur war weit in den Zwanzigern, weshalb sie sich noch besser fühlte. Nun ja, abgesehen von Abbie, die gerade die Abstellkammer schrubbte und sich damit beschäftigte, sie so porentief sauber zu bekommen, dass man darin Operationen durchführen könnte.
Aber Cleos gute Stimmung hatte einen Dämpfer erhalten. Honor Donaldson war zweifellos fröhlich und eine angenehme Gesellschaft und wirklich ein netter Mensch, aber dass sie ihr jetzt gerade zuhören musste, wie unglaublich glücklich sie und Johnny miteinander waren, stand eigentlich nicht ganz oben auf Cleos Das-möchte-ich-unbedingt-erfahren-Liste.
»Es war ohnehin alles meine Schuld. Wenn ich heute zurückschaue, kann ich nicht glauben, wie dumm ich war. Aber so sind wir eben, nicht wahr? Es passiert etwas, und wir lassen uns mitreißen. Dieser andere Mann trat in mein Leben, und ich dachte, meine Güte, das ist phantastisch, weil ich diese ganze Aufmerksamkeit von ihm bekam, und er war so präsent. Außerdem war er auch noch Filmproduzent, was natürlich geholfen hat. Er kennt alle, alle Hollywoodgrößen. Das macht mich zu einem furchtbaren Menschen, nicht wahr? Ich bin nicht stolz auf mich, aber ich dachte damals wirklich, ich sei in ihn verliebt. Also habe ich Johnny einfach verlassen. Hat ihm das Herz gebrochen. Er war am Boden zerstört.« Honor schüttelte angesichts
Weitere Kostenlose Bücher