Beinah auf den ersten Blick: Roman (German Edition)
Eltern Hochzeitstag. Darum wollte ich sie ja auch erreichen.« Er hielt sein Handy hoch. »Tja, was soll’s.«
»Sie haben einfach ein wenig Heimweh. Das ist normal.«
»Nur weil es normal ist, macht es das nicht leichter.« Casey schaltete das Innenlicht ein und drehte sich um, so dass er ihr den Rücken zukehrte. Er legte den Kopf schräg und sagte: »Schau es dir an. Kannst du die kahle Stelle sehen? Fällt sie sehr auf?«
»Nein, tut sie nicht. Und ich würde es Ihnen sagen, wenn doch«, erklärte Cleo. »Ich bin sehr ehrlich.«
»Ah, du bist die Beste.« Sichtlich erleichtert gelang ihm ein Lächeln. »Ich nehme nicht an, dass du auf einen Drink mit hineinkommen willst?«
Cleo zögerte. Wie sollte sie ihre Ablehnung am besten formulieren?
»Nur zu, ich verspreche auch, kein Jammerlappen mehr zu sein.«
»Es ist fast elf. Ist die Bar nicht schon geschlossen?« Nie und nimmer würde sie ihn auf sein Zimmer begleiten.
»Solange jemand was trinken möchte, haben die geöffnet.« Casey zeigte auf den vollen Parkplatz. »Und es sieht so aus, als sei heute Abend jede Menge los.«
»Ich muss noch fahren.«
»Hör mal, wenn du jetzt gehst, dann sitze ich ganz allein in einer Ecke der Bar, habe Heimweh und weine in mein Bier. Aber wenn du nur für einen Drink bleibst, nur um mir zwanzig Minuten lang Gesellschaft zu leisen, dann wird es mir bessergehen.«
Die Scheibenwischer sausten vor und zurück. Aus der Schwärze der Nacht fiel Regen und trommelte auf das Wagendach.
»Bitte«, bettelte Casey.
Gleich neben dem Hoteleingang war zufällig eine Parkbucht frei, unter einem mit Geißblatt zugewachsenen Vordach, das sie auf dem Weg ins Hotel vor dem Regen schützen würde.
»Ist gut.« Cleo wendete rasch in drei Zügen und parkte rückwärts ein. »Aber nur einen Drink.«
Es kam aber nie so, wie man dachte, oder? Ein Drink war nie genug. Ganz sicher nicht für Casey, der schon bei seiner fünften Flasche Bier und seinem dritten Whisky war. Um mit ihm mitzuhalten, hatte Cleo einen Orangensaft, ein Glas Tafelwasser mit Kohlensäure und eines ohne sowie ein Apfelsaftschorle getrunken. Es machte durstig, einem ehemaligen Superstar, der jetzt nur noch eine durchschnittliche, stinknormale Berühmtheit war, zuhören zu müssen, wenn er sich darüber beklagte, wie furchtbar sein Leben war.
Andererseits war es auch irgendwie faszinierend. Dieser ungewohnte Blick hinter die Kulisse des dreisten, megaselbstsicheren Äußeren. Je länger sie in der Ecke der Hotelbar saßen, desto mehr wurden Caseys Unsicherheiten ersichtlich.
»… weißt du, ich hätte schon längst häuslich werden sollen, hätte heiraten und drei Kinder kriegen sollen, der ganze Kram eben. Ich bin 34 …«
»36«, rief Cleo ihm in Erinnerung.
»Meine Güte, sprich es nicht laut aus, das macht es nur schlimmer. Und ich will ja heiraten, das will ich wirklich.« Er schüttelte traurig den Kopf. »Aber ich kann einfach nicht die Richtige finden. Ich weiß nicht, was ich falsch mache. Alle Frauen, auf die ich mich einlasse, erzählen am Ende Geschichten über mich in den Zeitungen. Es ist so verdammt … vorhersehbar.«
Das stimmte. Andererseits hatte Casey auch kein glückliches Händchen, wenn es um die Auswahl seiner Freundinnen ging. Er fuhr unweigerlich auf dauergebräunte, schmolllippige Blondchen in Mikro-Miniröcken ab. Und wenn man einen Haufen identischer, schmolllippiger Blondinen in einer Reihe nebeneinander aufstellen würde, würde Casey unweigerlich diejenige auswählen, die ein Schild mit der Aufschrift Ich verkaufe meine Geschichte an die Zeitungen! hochhielt.
»Sie müssen sich eine nette Frau suchen.« Cleo ließ die Eiswürfel in ihrem Glas rotieren.
»Ich weiß.«
»Eine, die stickt und Blumen arrangiert und weiß, wie man kocht.«
»Und einen heißen Körper hat.«
»Sehen Sie? Womöglich ist es das, was Sie falsch machen.«
Casey schien getroffen. »He, ich habe einen gewissen Standard. Ich will keine schäbige, alte Schachtel mit fetten Knöcheln und Hängebrüsten.«
»Gibt es nur zwei Sorten Frauen in Ihrer Welt? Statusweibchen mit operierten Brüsten und schäbige, alte Schachteln?«
Er runzelte die Stirn. »Das ist jetzt ein wenig hart. Es gibt einfach Frauen, die mir gefallen, und Frauen, die das nicht tun.« Er lächelte schief. »Klingt das sehr schrecklich?«
»Nur aus reiner Neugier: Bin ich ein Statusweibchen oder eine Schachtel?«
Er schaute verwirrt. »Äh …«
»Also gut, würden Sie mit jemand wie
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