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Beinssen, Jan

Titel: Beinssen, Jan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Goldfrauen
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verfügten. Ein ausladender Balkon mit Tischen und Stühlen diente gleichzeitig als Überdachung einer Sitzecke im Parterre. Dominiert wurde das Gasthaus, dessen Baujahr Gabriele grob in die frühen 50er-Jahre einstufte, von einem rondellartigen Vorbau mit flach abfallendem Dach und großen, hohen Fenstern, der offenbar als Restaurant oder Tagungsraum diente. Die Sicht ins Innere wurde vom Pritschen-Lkw einer Baufirma versperrt, auf dem sich neben Schaufeln und anderen Werkzeugen ein ganzer Schwung Backsteine stapelte.
    Gabriele hatte noch nie von einem Hotel dieses Namens gehört, doch Fahrer Vladi half ihr auf die Sprünge: »In der ›Waldlust‹ werden keine Gäste mehr beherbergt. Das Haus ist Sitz der Nürnberger Hotelakademie, der NHA«, wusste er. »War früher mal ein ganz normales Gästehaus. Aber inzwischen finden da nur noch Fortbildungen statt. Ich habe öfter mal eine Fuhre zur NHA.«
    Gabriele öffnete staunend den Mund. Auch Sina machte große Augen. Schon wieder diese drei Buchstaben! Beide fragten sich angestrengt, was die Akademie mit ihrer Sache zu tun haben könnte.
    »Oje«, unterbrach Vladi ihre Gedanken. »Ich glaube, jetzt haben Sie seinen Abgang verpasst.« Gabi und Sina sahen ihn fragend an. »Der Kerl, dem Sie auf den Versen sind – er ist eben durch den Haupteingang gegangen«, meinte Vladi.
    Gabriele zog hektisch ihre Geldbörse hervor und gab dem hilfsbereiten Taxifahrer – trotz ihrer jüngsten Vorsätze – ein üppiges Trinkgeld. Beide Frauen beeilten sich, den Haupteingang schnell zu erreichen. Es handelte sich um eine für ein ehemaliges Hotel sehr schlichte Doppeltür direkt neben einem mit milchweißen Glasbausteinen verkleideten Treppenhaus. Sie traten ein, doch von Schmidbauer war weit und breit keine Spur.
    Das Foyer war dezent eingerichtet und verband den Stil der 50er geschmackvoll mit zeitgemäßen Elementen. An der Anmeldung stand eine Frau von etwa
    40. Sie trug ein dunkelblaues Kostüm und nackenlanges, brünettes Haar. Als Gabriele und Sina vor ihr standen, fragte sie mit unverbindlichem Lächeln: »Sie möchten sich für ein Seminar anmelden? Welches Haus schickt Sie denn, wenn ich fragen darf?«
    Sina hob ratlos die Schultern, während Gabriele ebenso unverbindlich erklärte: »Wir wollen uns erst einmal nur informieren.« Sie entdeckte einen Ständer mit Faltprospekten und fischte sich einen heraus. »Wie unterscheiden sich die Kurse der NHA eigentlich von denen des Hotel-und Gaststättenverbandes?«
    Die Empfangsdame zeigte ein winziges, wenn auch überhebliches Lächeln. »Wir haben uns auf unsere Fahnen geschrieben, mehr als den Durchschnitt zu bieten. Wer durch die Schule der NHA geht, versteht anschließend sein Handwerk.«
    »Was machen Sie denn anders als die normalen
    Ausbilder oder die Lehrer in den Berufsschulen?«, blieb Gabriele beharrlich.
    Die Augen der Dame am Schalter verengten sich. »Sagen wir mal so: Wenn unsere Lehrlinge eine Krawatte zu binden lernen, dann sitzt sie anschließend wie bei einem englischen Butler. Wenn unsere Lehrmädchen ein Bett beziehen, liegen die Bügelkanten so exakt wie die Hemden der Rekruten bei der Bundeswehr.«
    »Alte Schule, was?«, fragte Sina.
    »Neue Schule«, korrigierte sie die Empfangsdame streng. »Wir wissen, was von den Servicekräften der Zukunft verlangt wird.«
    »Gut, dann vielen Dank fürs Erste«, trat Gabriele den Rückzug an und steckte das Faltblatt ein. »Wir werden es uns überlegen.«
    »Einen Augenblick«, hielt die Frau sie auf und winkte mit einem schmalen weißen Zettel. »Das ist unsere Preisliste. Wir sind nicht billig – aber nachhaltig.«
    »Nachhaltig«, äffte Gabriele die Empfangsfrau nach, während sie die Akademie verließen. »Wenn ich dieses scheinheilige Unwort nur höre! Eine billige Rechtfertigung für teure Kursgebühren, nichts weiter!«
    »Was regst du dich denn so auf?«, fragte Sina. »Du musst einen solchen Kurs ja nicht belegen.« Spitzbübisch fügte sie hinzu: »Oder willst du auf deine alten Tage auf Kellnerin oder Zimmermädchen umschulen?«
    »Nein«, sagte Gabriele ernst. Sie blieb stehen und hielt Sina am Ellenbogen fest. »Aber du wirst das tun.«
    »Bitte? Was?«
    »Du wirst dich für so einen Kurs anmelden.« Gabrieles tückisches Siegerlächeln breitete sich in ihrem Gesicht aus. »Denn du wirst unsere Spionin bei der NHA werden. Eine bessere Tarnung als die einer Seminarteilnehmerin gibt es nicht.«
    Sina war nicht besonders angetan. »Ich habe zwei linke

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